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0204 - Herr der Grünen Hölle

0204 - Herr der Grünen Hölle

Titel: 0204 - Herr der Grünen Hölle
Autoren: Rolf Michael
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der Aufprall erfolgen.
    ***
    Das donnerartige Gedröhne raubte Lomac fast die Besinnung. Ein Luftstrom fegte über ihn hinweg. Der Indio kreischte in Todesangst.
    Dann war es vorbei. Mit erstaunten Augen sah Lomac den Vogel des Sonnengottes steil zum Himmel anstürmen. Er konnte nicht ahnen, daß ihn eben der Hauch des Todes im wahrsten Sinne des Wortes gestreift hatte. Denn eine Nanosekunde, bevor die Schnauze des Flugzeuges mit dem Indio zusammenprallte, um ihn mit in’s Verderben zu reißen, hatte Michael Ullich im Cockpit den Steuerknüppel erreicht und bis zum Anschlag nach hinten gerissen. Fast senkrecht stieg die Maschine der Sonne entgegen.
    Für den unzivilisierten Wilden war dies alles Zauberei. Nie waren sie mit der trügerischen Zivilisation in Berührung gekommen; Missionare, die sich Lomacs Stamm näherten, hatten keine Zeit, hier die Botschaft der Liebe zu predigen.
    Denn diese Menschen hatten ihren eigenen Götzen.
    Und dieser Götze lebte!
    ***
    »Wir müssen sehen, daß wir die Maschine manuell landen können!« sagte Professor Zamorra. »Es ist gewiß nicht leicht, aber es ist unsere einzige Chance.«
    »Ein Himmelfahrtskommando«, murmelte Michael Ullich.
    »Sicher!« stimmte der Franzose zu, »aber sollen wir hier Däumchen drehen, bis der Vogel aus Mangel an Benzin abstürzt? Wenn ich mich in jeder Situation, in der es keine Hoffnung gab, hätte aufgegeben, dann spielten die Dämonen heute schon mit meiner Seele. Auf, dem Tüchtigen hilft Gott!«
    »Dein Wort in dessen Ohr«, sagte der Deutsche. Die beiden duzten sich vom ersten Moment an.
    »Dann los, Micha!« munterte Zamorra seinen ›Co-Piloten‹ auf. »Bringen wir den Vogel nach unten! Übernimm gegebenenfalls das Fahrwerk, ich steuere. Nicole, du schnappst die beiden Stewardessen. Ihr müßt innerhalb der nächsten zehn Minuten die Passagiere beruhigen. Die schreien ja wie die verlorenen Seelen!«
    »Kann ich gut verstehen, Chef«, sagte seine Lebensgefährtin und bemühte sich, der Stimme Festigkeit zu geben. »Was soll ich denen denn erzählen?«
    »Erzähl ihnen irgend was vom Pferd!« brummte Michael Ullich und wandte seinen Blick von der komplizierten Technik in ihre Richtung. »Erzähl ihnen meinetwegen, hier vorne wären jetzt zwei Amis, die schon in Vietnam geflogen wären; ja, das ist gut, das schlucken sie. Zwei Männer, die in jeder Lebenslage klar kommen und dem Teufel in’s Gesicht spucken!«
    Nicole mußte lächeln. »Du sagst das mit einer Überzeugung, als könntest du wirklich uns aus dieser Patsche retten!«
    »Es gibt nichts, was ein deutscher Soldat nicht kann!« sagte Ullich sehr selbstbewußt, »und nun, ihr Hübschen, setzt euer schönstes Cheese-Lächeln auf und beschwatzt die Leute. Sie sollen sich anschnallen und das Rauchen einstellen. In zehn Minuten will ich Klarmeldung!«
    »Ay, ay, Käpt’n!« konnte sich Nicole nicht verkneifen. Dann schob sie die zwei Stewardessen vor sich her in den Passagierraum.
    ***
    Langsam, immer wieder Kreise ziehend, ging die Maschine tiefer. Immer aufs neue probierte Professor Zamorra die Steuerung, übte sich darin, vorsichtig mit den Steuerknüppeln zu arbeiten. Das Flugzeug reagierte wie ein gutes Pferd auf den leisen Schenkeldruck des Reiters. Neben ihm bediente der Versicherungsagent die anderen Instrumente, die bei der Landung unbedingt eingesetzt werden mußten.
    Der Parapsychologe atmete tief durch. »Ich glaube, wir sind soweit, Micha!« sagte er dann. Ullich nickte nur. Hinten aus dem Passierraum war kein Laut zu hören. Offenbar hatte Nicole ein kleines Wunder vollbracht. Vor wenigen Minuten hatte sie durchgegeben, daß sich jeder der Flugzeuginsassen angeschnallt hätte.
    »Na, dann wollen wir mal«, sagte der Professor und drückte langsam den Steuerknüppel nach vorn. Die Nase der großen Maschine senkte sich zur Erde.
    Die gefährlichste Phase des Unternehmens hatte begonnen.
    ***
    Awama-Loas Vogel kreiste am Horizont. Der Indio mußte seine ganze Sehkraft anstrengen, um ihn noch auszumachen. Und er sandte ein heißes Gebet zu Huitzilopochtli, dem Götzen, den er angerufen und der geholfen hatte.
    Huitzilopochtli, der Gott, dem schon in den Tagen ihrer Vorfahren auf der höchsten Pyramide seinen Altar hatte. Der Blutgötze, dem die Azteken tausende von Kriegsgefangenen opferten. Der gnadenlose Herr des Krieges. Und der Fresser der Seelen.
    In Lomacs Dorf wurde er bis zum heutigen Tage noch verehrt. Und alle Dorfbewohner wußten, daß es ihn gab. Denn er war ihnen
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