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0199 - Phantom der Lüfte

0199 - Phantom der Lüfte

Titel: 0199 - Phantom der Lüfte
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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angerichtet hatte.
    Borg war bis an die Felskante gelaufen und dann stehengeblieben. Sein Körper wirkte verkrampft. Die Muskeln auf seinem Rücken traten deutlich hervor. Seine Fäuste waren wie in hilflosem Zorn geballt, und seine Lippen flüsterten leise Worte in einer fremden, exotisch klingenden Sprache.
    Sandy trat zögernd neben ihn und berührte seinen Arm. Er zuckte unter der Berührung zurück, trat einen Schritt beiseite und sah sie entschuldigend an. Seine Augen schimmerten feucht.
    »Borg, bitte… es tut mir leid, wenn ich etwas Falsches gesagt habe, aber…« Sandys Stimme versagte.
    Plötzlich war ihr unbeschreiblich elend zumute.
    »Du hast nichts Falsches gesagt, Sandy«, sagte Borg leise. Er legte den Arm um ihre Schulter, drückte sie kurz und heftig an sich und trat dann abrupt zurück.
    »Habe ich dir weh getan?«
    »Das ist nicht wichtig. Ich…«
    »Ich habe dir schon einmal gesagt -du kannst nichts dafür«, sagte Borg ernst. »Es ist meine Schuld.«
    »Aber warum?«
    Er antwortete nicht. Für Sekunden, die Sandy wie Ewigkeiten vorkamen, starrte er sie durchdringend an.
    »Ich muß fort«, sagte er schließlich, ohne auf ihre Frage zu antworten.
    »Du mußt… was?«
    »Weg. Es… es tut mir leid, Sandy. Es war schön mit dir, aber ich muß weg. Je eher, desto besser.«
    Sandy spürte, wie sich in ihrer Kehle langsam ein harter, bitterer Kloß bildete. Sie wollte etwas sagen, aber ihre Stimme versagte. Heiße, salzige Tränen liefen über ihr Gesicht.
    »Sag mir wenigstens, warum«, flehte sie.
    Borg lächelte traurig.
    »Das kann ich nicht, aber ich habe keine Wahl. Ich hätte es längst merken müssen, aber ich war blind. Verzeih mir.«
    »Verdammt nochmal, hör endlich auf, in Rätseln zu sprechen!« schrie Sandy. »Du… du hast kein Recht dazu. Es ist nicht fair, einfach zu sagen, ich gehe. Es ist einfach nicht fair.«
    »Ich weiß«, murmelte Borg. »Aber ich muß es tun. Ich hoffe nur, daß es noch nicht zu spät ist.«
    Seine Fingerspitzen berührten sanft ihre Wange und wischten eine Träne fort. Dann drehte er sich abrupt um und ging zum Zelt zurück.
    ***
    Zamorra brauchte nicht einmal eine halbe Sekunde, um die Überraschung zu verdauen. Er riß die Tür auf, sprang aus dem Wagen und lief mit schnellen Schritten auf den reglos daliegenden Mann zu. Bill hetzte direkt hinter ihm her, während Nicole ihnen in wenigen Metern Abstand folgte.
    Der Mann mußte schon lange tot sein. Seine Haut war da, wo sie nicht von verrotteten Lumpen und fleckigem Leder verdeckt wurde, grau und brüchig. Die Augenhöhlen waren eingesunken und leer, und der schmale, haarlose Schädel erinnerte eher an einen Totenkopf als an das Gesicht eines Menschen.
    Und er war keines natürlichen Todes gestorben. Aus seiner Brust ragte die rostige Klinge eines Schwertes, und quer über den Hals zog sich eine klaffende, tiefe Wunde.
    Zamorra kniete zögernd neben dem Leichnam nieder, streckte die Hand aus und hielt dann mitten in der Bewegung inne.
    Der Körper des Mannes begann vor seinen Augen zu zerfallen. Die Haut wurde hell, riß auf und gab den Blick auf schmale, gebleichte Knochen frei. Seine Kleider zerfielen in Sekundenschnelle zu Staub. Das Schwert löste sich aus den bloßliegenden Rippen, fiel klappernd zur Seite und begann ebenfalls zu zerfallen. Wenige Augenblicke, nachdem Zamorra und Bill neben der Leiche angelangt waren, zeugte nur noch der blasse, kaum erkennbare Umriß eines menschlichen Körpers von ihrer Existenz. Und auch dieser schwache Abdruck verblaßte schließlich.
    Nicole war die erste, die das bedrückende Schweigen brach.
    »Was… was war das?« fragte sie stockend. Ihre Augen waren angstvoll aufgerissen, und ihre Stimme hörte sich an, als würde sie jeden Moment überkippen.
    »Eine Halluzination?«
    Zamorra schüttelte langsam den Kopf. »Kaum. Jedenfalls nicht das, was man normalerweise darunter versteht.« Er stand auf, sah Bill an und starrte dann wieder auf die Stelle im Sand, an der der Mann gelegen hatte.
    »Seine Kleider«, murmelte er.
    »Was war mit seinen Kleidern?«
    Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Es ging alles so schnell. Aber sie kamen mir… seltsam vor.«
    »Er trug Seemannskleidung«, sagte Bill bestimmt.
    Zamorra sah auf. »Hm?«
    »Diese Art von Kleidung haben die Seeleute früher getragen«, wiederholte Bill. »Nicht genau, aber ähnlich. Sandalen, eine Art T-Shirt, Kniehosen.«
    »Ein Seemann? Mitten in der Wüste?« fragte Nicole
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