Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0177 - Todeskuß der Schwarzen Lady

0177 - Todeskuß der Schwarzen Lady

Titel: 0177 - Todeskuß der Schwarzen Lady
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
eingebaut wurden, um die Geräuschkulisse zu dämpfen.
    Daß der riesige Wagen fuhr, war überhaupt nur an der Tachonadel zu erkennen - und an der Umgebung.
    Sir Bryont fuhr selbst. Ein Vergnügen dieser Art überließ er keinem Chauffeur. Denn nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Menschheit besitzt das Privileg, einen wahrhaftigen Rolls-Royce Phantom lenken zu dürfen.
    Der Lord, der seine Todesstunde genau kannte und wußte, daß dies in nicht mehr ganz zwölf Jahren der Fall sein würde, lenkte den schweren Wagen durch Londons Straßen. Allein des Fahrvergnügens wegen hatte er darauf verzichtet, per Flugzeug aus Schottland zu dieser Sitzung anzureisen und hatte den Wagen genommen.
    Er sah das Leuchtschild STARLIGHT, aber den Wagen, der wieder in die Straße einscherte, sah er zu spät. Fast zu spät. Instinktiv trat er auf die Bremse. Die gewaltige Karosserie des Rolls stand fast augenblicklich. Dabei wippte sie nicht einmal durch, aber Sir Bryont hatte die Reifen dabei kurz kreisen gehört. Indigniert verzog er das Gesicht. Kurz tippte er die Hupe an.
    Der Fahrer des ausscherenden Wagens trat ebenso ruckartig wie schreckhaft auf die Bremse. Sir Bryont pflegte seine Fahrzeuge individuell auszustatten. Eine normale Hupe wäre zu profan gewesen. Was da erklang, war am ehesten mit dem Sirenenton eines Atomalarms zu vergleichen und geeignet, selbst Tote aus ihrem ewigen Schlaf zu wecken. Anschließend griff die Rechte des Lords zum Mikrofon der Außensprechanlage, schaltete es mit dem Daumen ein und ließ über den Verstärker seine Stimme selbst für den Fahrer des anderen Wagens trotz geschlossener Fenster noch laut und deutlich erklingen.
    »War das nötig, du Troll?«
    Die Tür des anderen Wagens flog auf, und ein Mann in Chauffeursuniform kroch förmlich heraus. Auch das noch, dachte Sir Bryont lächelnd, ein Subalterner, und der will jetzt bestimmt eine Grundsatzdiskussion über den Gebrauch von Hupen und Sprechanlagen beginnen.
    Er ließ die Scheibe der Fahrertür per Knopfdruck lautlos niedergleiten.
    Der andere starrte zuerst den Abstand zwischen den beiden Wagen an. Er betrug vielleicht zwei oder drei Millimeter. Der Chauffeur wurde blaß. Sir Bryont stellte fest, daß es sich bei dem Wagen um einen schwarzen Bentley handelte, und wenn auch ein Bentley lediglich die Arme-Leute-Version eines Rolls war und sich einerseits im Preis und andererseits im Kühlergrill und diversen Ausstattungsdetails sowie in der Geräuschkulisse nicht erheblich, aber immerhin von einem echten Rolls unterschied, so wäre auch bei einem Bentley eine Karosseriereparatur nicht gerade preisgünstig geworden.
    »Denken Sie an mein schwaches Herz«, log der Lord, ehe der Chauffeur etwas sagen konnte, »und daran, daß Ihr Wagen zweifelsohne über einen äußeren und hoffentlich korrekt eingestellten Rückspiegel verfügt. Bei Gelegenheit könnten Sie übrigens weiterfahren und dadurch die Straße freigeben.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich war mit meinen Gedanken nicht bei der Sache«, preßte der Chauffeur hervor.
    Saris lächelte herablassend.
    Gleichzeitig schlug etwas in ihm Alarm. Auf seinen sechsten Sinn konnte er sich verlassen, und dieser sechste Sinn verriet ihm, daß mit dem untersetzten Mann, der einem Gnom nicht unähnlich war, eine ganze Menge nicht stimmte. Dennoch behielt er sein Lächeln.
    »Da nichts weiter geschehen ist, als daß sich unsere Fahrzeuge bis auf eine unbeträchliche Spanne genähert haben und Sie ebenfalls Ihre Schrecksekunde erlitten haben, verzichte ich darauf, mich bei Ihrer Herrschaft über Ihren rüden Fahrstil zu beschweren«, erklärte Bryont.
    »Denn im Zuge der Weltwirtschaftskrise ist es die heilige Pflicht eines jeden Bürgers und Adligen - God save the Queen - Arbeitsplätze zu erhalten.«
    Der Chauffeur, der ursprünglich eine ganze Flut von Entgegnungen auf der Zunge gehalten hatte, wurde womöglich noch blasser, obwohl er schon von Natur aus mit ungesunder Bleichheit gesegnet war. Überraschend glitt die Fensterscheibe wieder empor, und noch überraschender setzte der Phantom zurück, schwenkte aus und glitt an dem schwarzen Bentley vorbei davon.
    In den Augen des Chauffeurs glomm es verhalten, aber es war kein gutes Glühen. Der Untersetzte sah dem Rolls nach und registrierte die Nummer.
    BS 1 L… eine überraschend kurze Nummer, und mit ziemlicher Sicherheit waren die Buchstaben die Initialen des Besitzers.
    Also ein ganz Vornehmer…
    Der Chauffeur schwang sich wieder in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher