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0177 - Melinas Mordgespenster

0177 - Melinas Mordgespenster

Titel: 0177 - Melinas Mordgespenster
Autoren: Jason Dark
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wie erstarrt dastehenden jungen Mann, der nicht wußte, ob er wachte oder träumte. Dazu war alles zu sehr verschwommen, dieser Friedhof, die Dunkelheit, der Nebel, mit einem Wort Gefahr!
    Und er konnte nicht weglaufen, der Anblick des Mädchens bannte ihn auf der Stelle. Der Boden unter ihm schien aus gierigen Händen zu bestehen, die ihn festhielten.
    Wieder strich ein Vogel dicht über seinem Kopf hinweg. Es war ein großes Tier, ein Kauz. Er flog auf einen Baum zu, suchte sich dort einen starken Ast aus, flatterte noch einmal mit den Flügel und begann sein klagendes Lied.
    Das Totenlied…
    Wenn das Käuzchen schreit, stirbt jemand. Den Satz hatten die Alten oft genug gesagt. Bisher hatte der Vic darüber gelacht, nun sah er die Sache anders.
    Er sollte das Opfer sein.
    Zwei Schritte noch. »Nun, willst du nicht?« flüsterte Melina und kam noch näher. Fast berührte sie den jungen Mann.
    »Nein!« schrie dieser, »du bist ja verrückt.« Auf einmal konnte er sich wieder bewegen, hob seine Arme und legte beide Hände auf die Schultern des Mädchens. »Du bist wahnsinnig, verschwinde, geh weg. Ich will dich nicht mehr sehen.«
    »Dann muß ich dich zwingen«, sagte Melina hart. Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sie ihre Hände hinter dem Rücken hervor nahm. Der Blick des jungen Mannes fiel nach unten und auf die lange, schmale Messerklinge, die bläulich schimmerte.
    »Neiinnnn!« schrie er und wollte weg.
    Minna stach zu.
    Vic McGovern krümmte sich. Er fiel nicht zu Boden, sondern blieb in gebückter Haltung stehen und preßte beide Hände auf die getroffene Stelle, wobei Blut zwischen seinen Fingern hervorsickerte. Aus seinem geöffneten Mund drang ein abgehacktes Stöhnen, und er sah das blutige Messer in der Hand des Mädchens.
    Langsam fiel er nach vorn. Während er aufschlug, dachte er noch: Sie hat das Messer aus dem Sarg geholt, es war alles vorbereitet, sie…
    Er konnte nicht mehr weiterdenken, weil der Schmerz zu groß wurde.
    Laß mich sterben, dachte er. Ich will sterben, ich will nicht mehr leben.
    Mein Gott, ich…
    Melina bückte sich und packte den jungen Mann. Sie schleifte ihn auf den Sarg zu. Während die ersten Schatten des Todes bereits herannahten, hörte Vic das leise Singen.
    »My Bonny is over the Ocean…«
    Das Lied. Verdammt, wo hatte er es denn gehört? Da gab es einen Zusammenhang.
    »My Bonny is over the Sea…«
    Die Schmerzen wurden stärker. Er merkte kaum, daß Melina ihn hochzerrte. Den Sarg hatte sie inzwischen erreicht. Nach wie vor war er offen.
    Sie kippte den Körper.
    Dumpf schlug Vic McGovern in die Totenkiste. Melina nahm den Deckel hoch und setzte ihn auf das Unterteil. Für einen Moment war Vic wieder klar. Er lag auf dem Rücken, konnte nach oben schauen und sah das blasse Gesicht des. Mädchens. Es war nicht mehr rot, sondern seltsam bleich.
    Bleich wie die Hände, die den Sargdeckel umklammert hielten. Ein dumpfer Schlag, der Deckel saß fest.
    »Ab in die Hölle!« lachte Melina und schraubte ihn zu.
    Dann ging sie.
    Die Mörderin verschmolz mit den Nebelschwaden, und zum letzten Mal wehte die Melodie über den alten Friedhof.
    »My Bonny is over the Ocean…«
    ***
    Der Kaffee schmeckt nicht, das Essen noch weniger, zudem herrschte Durchzug, und die Musik aus den Lautsprechern machte mich auch nicht eben an.
    Trotzdem mußte ich eine Pause einlegen und etwas essen sowie trinken. Schließlich war ich von London aus quer durch England gefahren und hatte bereits die Grenze zum benachbarten Schottland überschritten.
    Dicht dahinter befand sich dieser Schnellimbiß oder das Schnellrestaurant. Ich hatte mir einen gefüllten Pfannkuchen bestellt, der schon fast kalt war. Bei mir trieb es nur der Hunger rein, auch den Kaffee.
    Allein saß ich an einem Tisch, und der stand in der Nähe des Fensters. Eigentlich hatte ich ja damit gerechnet, nach dem Wien-Abenteuer zwei Tage Pause zu haben, dem war nicht so. Ein Brief hatte Mich aufgeschreckt.
    Er war geschrieben worden von einem gewissen Horace F. Sinclair, meinem Vater.
    Jawohl, Freunde, Sie haben richtig gelesen. Mein Vater hatte mir einen Brief geschrieben. Bisher hatte er sich aus meinem Job völlig herausgehalten. Nachdem er, der Rechtsanwalt, London den Rücken zugekehrt hatten, waren meine Eltern wieder nach Schottland gezogen.
    In ihre alte Heimat, wo sie sich in einem Ort namens Lauder niedergelassen hatten.
    Dort kannte man die Sinclairs, denn mein Vater war in Lauder geboren. Jetzt hatte er sich
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