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0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll

0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll

Titel: 0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
Autoren: Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
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Der Arzt hatte alle Hände voll zu tun. Die Männer standen mit verstörten Gesichtern in kleinen Gruppen herum.
    Durch den Vorhang hörte man das Brausen von tausend Stimmen, das von kleinen, spitzen Schreien unterbrochen wurde. Endlich raffte sich der Inspizient auf und bemühte sich, das Publikum zu beruhigen. Er stammelte, es sei der Hauptdarstellerin ein schwerer Unfall zugestoßen, die Vorstellung müsse abgebrochen werden und er bitte die verehrten Zuschauer noch kurze Zeit auf ihren Plätzen zu bleiben. Diese Mahnung war natürlich umsonst. Jeder hatte nur den Gedanken, sich möglichst schnell abzusetzen. In ein paar Minuten würde eine Panik einsetzen.
    »Wer befehligt die uniformierte Polizei?«, rief ich einem Cop zu, der wie ein Fels in der Brandung auf der Bühne stand.
    »Captain O’Mella. Er hat soeben zehn Bereitschaftswagen angefordert. Wir werden mit der Bande«, er deutete mit dem Daumen ins Parkett, »nicht fertig.«
    »Sagen Sie dem Captain, er soll die Zuschauer entlassen, sowie ihre Adressen festgestellt worden sind. Nur Typen, die zu Misstrauen Anlass geben, sind zurückzuhalten. Kennen Sie mich?«
    »Gewiss, Mister Cotton.«
    Er salutierte und setzte sich in Trab.
    Es war kaum anzunehmen, dass der Mann, der dafür gesorgt hatte, dass die alte Duellpistole scharf geladen war, sich im Zuschauerraum aufhielt. Mit den Darstellern und Bühnenarbeitern war das etwas anderes. Die mussten unter die Lupe genommen werden.
    Ich sah mich nach der Pistole um, fasste sie vorsichtig mit meinem Taschentuch, wickelte sie ein und steckte sie in die Tasche.
    Die Mordkommission kam.
    Die ewig gleiche und so makabere Routine begann.
    Die Pistole hatte Fingerabdrücke, aber, wie das nicht anders zu erwarten war, nur die des Partners der Ermordeten, der die Waffe ja ganz offiziell angefasst und abgefeuert hatte.
    »Wie wäre die Handlung denn normalerweise verlaufen?«, fragte ich den Inspizienten.
    »Wie? Was? Die Handlung?« Der Mann war vollkommen durcheinander.
    »Reißen Sie sich zusammen!«, fuhr ich ihn an. »Ich will wissen, was geschehen wäre, wenn kein scharfer Schuss in der Pistole gewesen wäre.«
    »Es hätte geknallt, eine Platzpatrone natürlich, aber der Schuss wäre laut Handlung fehlgegangen. Gabor, der Reitknecht, wäre erschienen und…«
    »Das genügt. Wer lud die Pistole mit der Platzpatrone?«
    »Ich selbst. Ich tat das, wie immer, nachmittags zwischen fünf und sechs Uhr, als ich die herausgelegten Requisiten kontrollierte.«
    »Und Sie sind ganz sicher, dass es auch heute eine Platzpatrone war?«
    »Ich werde die doch von einer scharfen unterscheiden können. Sie werden speziell für uns angefertigt, damit sie auch wirklich gefahrlos sind.«
    Auf mein Ersuchen nahm er mich mit in sein Büro, und zeigte mir die Schachtel, die noch genau 37 Patronen enthielt. Diese waren unbedingt harmlos.
    »Es muss also jemand die Pistole ausgewechselt haben und das muss geschehen sein, während die Waffe hinter der Bühne auf dem Tisch lag«, meinte ich.
    »Ja, anders kann es nicht gewesen sein.«
    »Und zwar zwischen fünf und halb elf Uhr, der Zeit, in der der verhängnisvolle Schuss abgefeuert wurde.«
    »Es war heute bestimmt schon halb sechs, als ich die Pistole lud, und ab acht Uhr konnte sich niemand mehr daran zu schaffen machen. Danach laufen zu viele Leute hinter der Bühne herum. Es wäre aufgefallen, wenn jemand an der Waffe herumhantiert hätte.«
    »Vielleicht ist es aufgefallen. Es wäre eine Frage wert.«
    Draußen waren die Vernehmungen in vollem Gang. Es gab fünfunddreißig Bühnenarbeiter, vierzig Ballettmädchen, sechs Feuerwehrleute, sieben Garderobieren, drei Bürokräfte und neun Schauspieler und Schauspielerinnen, die alle durchleuchtet werden mussten, denn nur unter diesen Leuten konnte sich der Verbrecher befinden.
    Im Gang zu den Garderoben prallte ich gegen den Theaterarzt, der, die Tasche in der Hand und mit schweißbedeckter Stirn, herumrannte.
    »Hallo, Doc! Immer noch beschäftigt?«, fragte ich.
    »Ja, es ist zum Verrücktwerden. Jetzt hat auch noch Mrs. Brindisi einen hysterischen Anfall bekommen.«
    »Wer ist denn das?«
    »Die Garderobiere der Lona. Sie tobt wie eine Irre.«
    Dann lief er weiter. Ich folgte ihm. Im Umkleideraum der Diva roch es nach Parfüm, Schminke und Puder. Auf dem großen Toilettentisch standen unzählige Tiegel, Fläschchen und Dosen. An den Wänden hingen Kostürme aller Art. An der schmalen Wand stand eine breite Couch, und auf diese hatte
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