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0169 - Flucht vor dem Teufel

0169 - Flucht vor dem Teufel

Titel: 0169 - Flucht vor dem Teufel
Autoren: Andreas Brandhorst
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Verhaltensweisen.
    Wieder kamen die spitzen Eckzähne näher an ihren Hals heran, waren nur noch Zentimeter davon entfernt. Nicole schrie, sah aus den Augenwinkeln einen huschenden Schatten, der dicht an ihr vorbeijagte, gegen den Vampir prallte, ihn zu Boden riß. Der Griff lockerte sich nicht, so daß die junge Frau mit hinunterstürzte. Der Aufprall trieb ihr die Tränen in die Augen. Ihre rechte Hand kam frei, und sie hieb sie in das Gesicht des Untoten hinein. Wieder krachte es, aber der Vampir konnte keinen Schmerz spüren, auch durch solche Kleinigkeiten nicht ernsthaft verletzt werden. Der Kampf war aussichtslos.
    Erst jetzt sah sie, wer ihr da zu Hilfe gekommen war. Es war Jean Somac, der aus seiner Bewußtlosigkeit wieder erwacht war und die junge Frau in höchster Gefahr gesehen hatte. Der Fünfundzwanzigjährige hieb immer wieder auf den Dämonen ein, der sich überhaupt nicht darum kümmerte.
    Und dann plötzlich zuckte der Vampir zurück und stieß einen entsetzlichen Schrei aus. Nicole wußte nicht, wie ihr geschah, kam mühsam wieder auf die Beine.
    »Treten Sie zur Seite, Mademoiselle«, sagte Raffael, der alte Diener, in einem vornehmen Tonfall. »Ich werde das erledigen.«
    Nicole hob die Augenbrauen, folgte aber den Worten Raffaels. Und dann sah sie erst, daß er ein silbernes Kruzifix in Händen hielt, sich damit langsam dem wimmernden Vampir näherte, der auf dem Boden kauerte, unfähig, sich zu bewegen, die Arme schützend vor das Gesicht gelegt. Die nichtlebende Haut seines Gesichtes zuckte, als Raffael immer näher an ihn herantrat.
    »Nein!« brüllte der Untote. »Nicht!«
    Aber er konnte mit seinem Flehen den alten Diener nicht zurückhalten. Immer näher kam er, dann berührte er mit dem Kreuz den Vampir auf der Brust.
    Stinkender Qualm wallte hoch, vermischte sich mit dem Todesschrei des Vampirs. Wenige Sekunden nur, und von dem Untoten war nur ein Haufen verwehender Asche übriggeblieben.
    »Schnell!« rief Nicole. »Zurück ins Archiv.«
    Jean Somac setzte sich nur zögernd in Bewegung. Seine Blicke klebten an der Asche des Vampirs, die wie von Geisterhand bewegt davonrieselte. Staub der Ewigkeit. Er schluckte.
    »Achtung!« rief Raffael.
    Nicole wirbelte in vollem Lauf herum, sah entsetzt, wie aus der geöffneten Tür einige Meter hinter ihnen die schrecklichen Gestalten zweier Dämonen jagten, sich kurz orientierten und dann auf sie zustürmten.
    »Ins Archiv!« wiederholte sie, drehte sich erneut um und jagte davon, gefolgt von Raffael und Jean, der sich nun ebenfalls aus seiner Starre gelöst hatte. Hinter sich hörten sie die Schreie der beiden Dämonischen, die hinter ihren Opfern herhetzten.
    Die beiden Teuflischen waren schnell, ungeheuer schnell, viel schneller, als die Menschen, die vor ihnen flohen. Nicole glaubte schon fast, ihren stinkenden Atem auf der Haut zu spüren, als sich in die düsteren Laute ein intensives Knistern mischte. Rasch sah sie sich um.
    Die beiden Dämonen waren gegen eine unsichtbare Barriere geprallt, eine Mauer aus Weißer Magie, die erst durch den Kontakt mit dem Bösen sichtbar geworden war.
    Funkenfäden liefen an dieser Mauer entlang, hüllten die beiden Dämonischen ein. Die Barriere war machtvoll und hielt die Geschöpfe der Finsternis fest.
    »Mein Gott«, brachte Jean erschüttert hervor.
    Die Dämonen schrien, aber kein Laut drang an ihre Ohren. Alles spielte sich völlig lautlos ab - abgesehen von dem Knistern, das noch immer an Intensität zu gewinnen schien. Sie sahen, wie die grünschuppigen Leiber zu rauchen begannen, wie sie verkohlten, unfähig, sich aus der tödlichen Zone zu befreien. Ein paar Atemzüge, und alles war vorbei. Die beiden Dämonen existierten nicht mehr, würden nie mehr ihr Unwesen treiben.
    »Jetzt wissen wir, daß wir im Archiv gut geschützt sind«, sagte Raffael nur und öffnete die Tür. Rasch traten sie in den dahinter liegenden Raum, lehnten sich gegen die Wand, nachdem die Tür wieder verriegelt worden war und schöpften Atem.
    »Wenn Zamorra sich nicht beeilt, können wir bald unser Testament machen«, keuchte Jean und sah Nicole blaß an.
    Die junge Französin nickte ernst, wandte dann ihren Blick von ihm ab.
    »Was… was ist das?« fragte Raffael in diesem Moment unsicher.
    »Was meinen Sie?«
    Der alte Diener deutete zwischen den Regalen hindurch in einen Winkel des Raumes. Nicole kniff die Augen zusammen, und dann sah sie es auch. Ein Leuchten, das ihr irgendwie bekannt vorkam, ein Glanz, der vertraut
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