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0168 - Wir brachen dem Tod das Genick

0168 - Wir brachen dem Tod das Genick

Titel: 0168 - Wir brachen dem Tod das Genick
Autoren: Wir brachen dem Tod das Genick
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Glastür mit der Aufschrift OFFICE befand sich in der Nähe, aber sie war geschlossen.
    Ich probierte einen Trick. Mit dem linken Arm fuhr ich in den Ärmel eines der Mäntel und verursachte ein paar Bewegungen. Deutlich sah ich es rechts von der Officetür aufblitzen. Die Kugel ratschte in den Kleiderständer und beschädigte ein oder zwei Mäntel.
    Rechts von der Tür gab es ein Fenster, durch das man in das Innere des Büros blicken konnte. Es war ein Fenster, dessen untere Hälfte man hochschieben konnte. Da der Schuß von dort gekommen war, mußte also das Schiebefenster oben sein.
    Ich überlegte gerade, welchen neuen Trick ich anwenden könnte, um den Schützen noch einmal dazu zu kriegen, daß er sich zeigte, als unten eine laute Stimme erscholl. Sie redete so schnell, daß ich nichts verstehen konnte, aber gleich darauf brüllte Sheriff Nords:
    »Harrods! Sind Sie wahnsinnig!! Bleiben Sie hier!!!«
    Offenbar schrie er den Geschäftsinhaber an, und ebenso offenbar war er erfolglos, denn gleich darauf sah ich einen zornroten Kopf über dem Treppengeländer erscheinen.
    Ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf das Schiebefenster. Bewegte sich jetzt nicht etwas in der Ecke? Ich winkelte den linken Arm an, legte den Lauf der Pistole darauf und zielte sorgfältig. Als ich abdrückte, gab es keinen Schrei. Dafür polterte plötzlich etwas im Office. Und nach drei Sekunden war es totenstill.
    Harrods stand mitten auf der Treppe. Sein Kopf ragte gerade über die oberste Stufe hinweg. Erst mein Schuß schien ihm klar gemacht zu haben, daß hier nicht irgendein kurzweiliges Spielchen stattfand.
    Die Stille nach meinem Schuß dauerte nur ein paar Sekunden. Nords Stimme dröhnte wie aus einem Lautsprecher: »Hallo, ihr da oben! Hier spricht Sheriff Nords! Das ganze Haus ist umstellt. Oben auf der Galerie sind drei G-men. Ihr habt ihre Schüsse gehört! Seid vernünftig und gebt auf, bevor euch die G-men einzeln wegputzen!«
    Ich grinste. Nords gebrauchte also die Berühmtheit des FBI als Gangsterschreck. Nun, meinetwegen. Ich bin nicht kleinlich.-Plötzlich ertönte eine zaghafte Stimme. Sie kam hinter einem riesigen Berg von Töpfen und Pfannen hervor, der auf der anderen Seite der Galerie lag.
    »Hay, Sheriff!!!!«
    »Ja?« brüllte Nords von unten. »Werden Sie uns auch nicht erschießen, wenn wir runterkommen?«
    »Wir schießen auf keinen, der seine Pfötchen höher als seinen Kopf hält!« Wieder blieb es ein paar Sekunden still. Dann scharrte etwas hinter dem Berg von Küchengeräten. Wenig später sah ich zwei junge Burschen auf tauchen. Sie streckten die Hände so weit nach oben, wie es nur irgend möglich war. Ich kniff die Augen zusammen.
    Das sollte die ›Geisterbande‹ sein? Zwei Fünfzehnjährige? Hatte ich etwa auch auf solche Halbwüchsige geschossen?
    Ich blieb in meinem Versteck und peilte die Lage. Aus dem Office kam ganz langsam ein dritter heraus. Von ganz hinten näherten sich weitere zwei. Und keiner von ihnen konnte älter als sechzehn Jahre sein.
    Wütend drehte ich mich um und ging zu der Stelle, wo der zerbrochene Spiegel lag. Ein Halbwüchsiger war bis zur nächsten Säule gerutscht, lehnte mit dem Rücken dagegen, streckte die gespreizten Beine von sich — und weinte lautlos in sich hinein. Aus einer Wunde am rechten Oberarm sickerte langsam Blut. Ich schob meine Pistole zurück ins Schulterholfter, zog mein Taschenmesser, bückte mich und schnitt ihm den Ärmel auf. Er beobachtete meine Hantierungen mit weit aufgerissenen Augen. In gespenstischer Lautlosigkeit weinte er noch immer vor sich hin.
    »Okay, Cotton!« brüllte der Sheriff unten. »Ich glaube, hier ist alles vorbei!«
    »Schickt einen Arzt hier rauf!« schrie ich zurück, als ich sah, daß ich bei dieser Wunde nichts tun konnte. Die Kugel hatte den Oberarmknochen zerschmettert. Einzelne Knochensplitter staken spitz im aufgerissenen Fleisch.
    Ich richtete mich auf. Das Gesicht des Jungen war auf einmal so kindlich, als wäre er erst zehn oder elf.
    Ich war wütend. Auf den dummen, keinen Jungen, der mit aller Gewalt hatte Gangster spielen wollen. Und noch mehr auf mich. Ich hatte diese Kugel abgefeuert.
    Nords kam mit einem Kollegen der State Police herauf. Ich zeigte auf den Jungen und wandte mich ab. Mit schleppenden Schritten ging ich hinüber zu der Officetür, die jetzt offenstand.
    Ich trat über die Schwelle. Ein paar Regale mit schwarzen Ordnern. Zwei Schreibtische, ein Telefon. Ein Waschbecken mit zwei Handtüchern
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