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0167 - Ich stand im anderen Lager

0167 - Ich stand im anderen Lager

Titel: 0167 - Ich stand im anderen Lager
Autoren: Ich stand im anderen Lager
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herumliefen, zogen Südamerika einem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten vor. Aber selbst dann, wenn sie sich nach New York gewagt hätten, Waren unsere Differenzen so groß, dass diese Männer sich nicht mit ein paar Faustschlägen begnügt hätten; sie hätten zur Kanone oder gar zur Maschinenpistole gegriffen. Echte Gangster hassen G-men zu gründlich, um es bei einer Abreibung bewenden zu lassen.
    Ferner kam hinzu, dass ich augenblicklich in keiner großen Sache steckte. Unser Einsatzchef hatte Urlaub. Ich saß als sein Stellvertreter im Büro und führte Papierkrieg. New York erlebte mal wieder eine Hitzeperiode solchen Ausmaßes, dass selbst die Gangster jede Aktivität verloren hatten.
    Im Grunde genommen war es höchst überflüssig, dass ich so intensiv darüber nachdachte, ob ich gemeint war. Die Fallensteller hatten es ja deutlich genug gesagt: »Das ist er gar nicht! Das ist ein anderer Bursche!«
    Ich kramte in meiner Erinnerung. Es war doch noch ein anderer Satzfetzen in meine Dreiviertel-Ohnmacht gedrungen: »… zerkratze ihm die hübsche Visage, Hel!«
    Ich würde mir den Burschen kaufen, falls ich herausbekommen konnte, wer mir da einen so merkwürdigen Empfang bereitet hatte. Ich würde dann auch feststellen, ob der Mann mit der Pferdehuf-Faust auch unter ehrlichen Bedingungen fähig war, mich auf den Boden zu legen.
    Aber jetzt musste ich erst einmal losfahren, um Dorothy Kent zu versöhnen. Eigentlich war sie an allem schuld, denn sie hatte darauf bestanden, mit ihrem lächerlichen, weißen Thunderbird zu Glass zu fahren. Wahrscheinlich passte ihr mein Jaguar nicht, weil sein Rot nicht auffallend genug mit ihrem Cocktailkleid kontrastierte.
    Ich stieg aus dem Smoking, der ohnehin nicht mehr gentlemanlike aussah, und kletterte in einen dunklen Anzug. Dann ging ich hinunter zu meinem Jaguar. Ich gab Gas und fuhr zum Riverside Drive, wo Bernard Glass, Schiffsreeder und Millionär, in seiner Villa einen Empfang gab, zu dem er auch Miss Dorothy Kent und Mr. Jerry Cotton erwartete, wobei ziemlich feststand, dass der ehrenwerte Mr. Glass nicht die geringste Ahnung hatte, wer denn Jerry Cotton überhaupt war.
    ***
    Die Villa strahlte im Glanz vieler Lichter. Neben den Cadillacs, Packards und Continentals, die auf dem Parkplatz standen, nahm sich mein Jaguar recht gleichwertig aus, denn schließlich war ihm nicht anzusehen, dass ich ihn mühsam abgestottert hatte. Dorothys weißen Thunderbird entdeckte ich zwischen einem Rolls-Royce und einem Mercedes, eine Marke, die augenblicklich unter den reichen Snobs letzter Schrei ist.
    Ich konnte mir deutlich vorstellen, wie Dorothy, nach zehnminütigem Warten, wütend abgezischt war. Sie ließ sich nicht versetzen, und ich war nicht einmal sicher, ob sie es als ausreichende Entschuldigung betrachten würde, dass ich mich lediglich verspätet hatte, weil ich als Sandsack benutzt worden war.
    Ein echter amerikanischer Millionär kommt nicht ohne echten englischen Butler aus. Mr. Glass’ Butler stand neben der weit geöffneten Eingangstür. Von einem Lord des Oberhauses war er nur sehr schwer zu unterscheiden. Die Party war in vollem Gang. Aus der großen Halle drangen Tanzmusik und das Lachen von Leuten, die sich prächtig zu amüsieren schienen.
    Bei meinem Anblick schloss der Butler entsetzt die Augen, vertrat mir aber im nächsten Augenblick den Weg. Er war fest entschlossen, einem Mann meines Aussehens, der dazu noch in einem gewöhnlichen dunklen Anzug steckte, den Zutritt nur über seine Leiche zu gestatten.
    »Ich bin eingeladen«, knurrte ich.
    »Darf ich Ihre Einladungskarte sehen?«
    »Meine Einladungskarte hat Miss Kent. Vielleicht hat sie sie Ihnen gegeben. Meine Name ist Cotton.«
    Er sah einige Einladungskarten durch, die er in der Hand hielt. »Mr. Jerry Cotton?«, fragte er endlich.
    Ich nickte.
    Er räusperte sich. »In der Tat«, lispelte er. »Ihre Karte wurde von Miss Kent hinterlegt, allerdings mit dem Auftrag, Ihnen, falls Sie noch kämen, zu sagen, Sie…« Er räusperte sich noch einmal. Offensichtlich fiel es ihm schwer, Dorothys fromme Wünsche in sein gepflegtes Englisch zu übersetzen.
    »Ich soll mich wohl zum Teufel scheren?«, half ich ihm.
    »So ungefähr äußerte sie sich«, bestätigte er.
    »Okay. Gehen Sie hinein und sagen Sie Miss Kent, dass ich sie vorher noch einmal sprechen möchte.«
    Er verschwand, und zwei Minuten später kam Dorothy herausgefegt. Wie ein Komet zog sie einen Schwarm junger Männer hinter sich
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