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0161 - Medusas Rache

0161 - Medusas Rache

Titel: 0161 - Medusas Rache
Autoren: Jason Dark
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die Briefe ihrer Patenkinder schon gar nicht mehr zählen, die sie inzwischen erreicht hatten. Sie freute sich über jeden einzelnen.
    Dabei zählte sie über 70 Jahre. Aber ungeheuer rüstig schritt sie durch das Leben und ließ sich auch nicht in Angst jagen. Sie hatte den Mitgliedern der Mordliga getrotzt, und der bleigefüllte Griff ihres Regenschirms war eine nicht zu unterschätzende Waffe. Ein anderes Markenzeichen war auch ihr graues Haar, das sie immer hochgesteckt trug und die zahlreichen Perlenketten, die sie sich umhängte. Wenn sie ausging, trug sie immer einen Hut. Diesmal einen dunkelroten mit einem breiten Rand. Über das ebenfalls dunkelrote Kleid hatte sie sich einen dünnen Poncho gehängt, denn unter den Bäumen war es doch kühler.
    Die Horror-Oma kannte Land und Leute. Besonders waren es die kleinen Leute, die zu ihren Freunden gehörten, z. B. der Leichenwäscher. Nicht die großkotzigen Geldmagnaten oder die Adeligen. Die pumpte sie höchstens an, um die Heime in Übersee zu finanzieren.
    Sie war wirklich eine außergewöhnliche Frau, diese Lady Sarah, und das wußte auch der Leichenwäscher.
    Er konnte nur nicht verstehen, daß sie sich so sehr für die makabren Dinge interessierte. Sie berichtete über Vampire, Zombies und Werwölfe und sie erzählte mit allem Ernst, daß sie ihnen schon gegenübergestanden hatte.
    Danach fragte Slim auch. »Na, Lady Sarah, mal wieder einen Vampir gesehen?«
    »Leider nicht, mein Lieber.«
    »Und was machen Sie dann?«
    »Den schicke ich zur Hölle.«
    Slim schluckte. Wie sich das aus ihrem Munde anhörte. »Also, ich kenne die Vampire ja nur aus Filmen, wissen Sie…«
    »Seien Sie froh, mein Junge, seien Sie froh. In Wirklichkeit sind sie noch schlimmer.«
    »Ach, das sagen Sie nur so.«
    »Nein, wirklich nicht.«
    Slim lachte: »Wenn man Ihnen so zuhört, möchte man glauben, daß es diese Vampire tatsächlich gibt. Aber das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Und auch Zombies. Das sind doch lebende Leichen oder nicht?«
    »Ja, es sind welche.«
    »Und die haben Sie auch gesehen?«
    »Leider.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht, Mrs. Goldwyn. Ich arbeite schon sehr lange hier auf dem Friedhof und habe sehr viele Leichen gewaschen, aber eine lebende war nie darunter.«
    »Es ist ja nicht der Normalfall. Doch glauben Sie mir, es gibt sie.«
    »Wenn Sie mal eine sehen, sagen Sie mir dann Bescheid?« fragte der Mann.
    »Gern, aber ich weiß nicht, ob Sie den Anblick so leicht verkraften, Mr. Limmerick.«
    »So förmlich?«
    »Ist mir rausgerutscht.«
    »Well«, sagte der Leichenwäscher, »dann will ich mal weiter. Ich möchte mir noch ein wenig die Beine vertreten.«
    Er wollte aufstehen, doch Lady Sarah legte ihm eine Hand auf den Arm. »Einen Augenblick noch, mein Lieber. Ich habe da eine Frage.«
    »Bitte.« Slim setzte sich wieder zurück.
    Lady Sarah lächelte etwas verlegen. »Es ist schwer, wirklich, aber heute will ich es packen.«
    Slim Limmerick lachte. »Sie wirken auf mich wie jemand, der mir einen Heiratsantrag machen will.«
    »Sie könnten mein Sohn sein. Zudem reichen mir drei Ehen vollkommen. Doch ich komme vom Thema ab. Ich wollte Sie bitten, Slim, mir doch mal Ihre Arbeitsstelle zu zeigen.«
    Limmerick schluckte. Mit allem hatte er gerechnet, nur damit nicht. Das war wirklich allerhand. »Sie sollen… ich meine, Sie wollen wirklich …«
    »Ja, mich interessiert Ihr Arbeitsplatz. Sie wissen doch um meine Faible für Horror. Und Ihr Arbeitsplatz ist irgendwie makaber und gruselig, wie mir scheint.«
    »Das scheint Ihnen wirklich nur. Das ist eine völlig nüchterne Sache.«
    »Aber doch nicht für mich.« Lady Sarah setzte ihre Brille, die an einer Kette hing, auf. Dann schaute sie den Leichenwäscher über den Rand der Gläser an.
    Der Mann rang die Hände. »Sie bringen mich da in Teufels Küche, Lady Sarah.«
    »Wieso?«
    »Das ist verboten.«
    Die Horror-Oma lächelte verschmitzt. »Deshalb interessiert es mich ja so.« Sie atmete tief ein. »Können Sie mich denn nicht verstehen, mein Sohn?«
    »Nein, Mrs. Goldwyn, wirklich nicht. Das kann ich nicht verstehen. Eine Frau wie Sie…«
    »Und wenn ich Sie sehr lieb darum bitte.«
    Jetzt rutschte der Leichenwäscher nervös auf seinem Platz hin und her. »Ich weiß nicht. Wenn uns jemand sieht und verpfeift, bin ich den Job los.«
    »Dann sagen wir einfach, ich wäre eine Verwandte des Toten, den Sie gerade waschen.«
    »Auch Verwandte haben keinen Zutritt. Sie dürfen sich den
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