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0160 - Zuletzt wimmern sie alle

0160 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0160 - Zuletzt wimmern sie alle
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (1 of 2)
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fiel in den Flur hinter der mit Milchglas ausgefüllten Wohnungstür. Es wurde dunkel, als die Tür wieder geschlossen wurde. Aber gleich darauf flammte die Flurbeleuchtung auf.
    Die Wohnungstür wurde geöffnet. Ein Junge stand in der Tür, der eine rote Lederjacke trug. Er hatte einen blutverschmierten Kratzer auf der linken Wange. Frech und herausfordernd sah er mich an.
    »Was wollen Sie?«
    Ich sah ihn an. Er verzog das Gesicht und lehnte sich gegen die Tür, die Daumen in seinen Gürtel gehakt.
    Ich trat einen Schritt vor und fegte ihn mit der rechten Hand beiseite. Er stolperte und ging rückwärts. Ängstlich hatte er beide Arme über den Kopf geworfen - als ob ich ihn schlagen würde, solange er mich nicht angriff.
    Ich klopfte an die erste Tür rechts im Flur. Eine Männerstimme rief: »Come in!«
    Ich griff mir mit der linken Hand den jungen Burschen, öffnete mit der rechten die Tür und schob ihn vor mir her in das Zimmer. Es war eine Art Wohnküche, und ein vierzigjähriger Mann mit einer etwas jüngeren Frau saß darin. In einem abgetrennten Geviert spielte ein kleines Mädchen von vielleicht zwei Jahren.
    Der Mann fuhr auf, als er seinen Sprößling erblickte, wie ich ihn ins Zimmer schob.
    »Lassen Sie meinen Jungen los!« fauchte er mich an.
    »Ruhig, ruhig«, sagte ich.
    Der Mann lief rot an. Die Frau legte die Nadel und das Kinderkleid beiseite, mit dem sie bei meinem Eintreten beschäftigt gewesen war. Der Mann machte zwei Schritte in meine Richtung und raunzte mich an: »Lassen Sie den Jungen los, oder ich schlage Sie zusammen, Sie Lümmel!«
    Ich gab dem Jungen einen leichten Stoß, der ihn ein bißchen tiefer in das Zimmer hineinbeförderte.
    »Daher hat er es also«, nickte ich.
    »Wer? Was?« raunzte der Mann.
    »Der Junge«, sagte ich. »Das schlechte Benehmen. Von Ihnen, was?«
    Der Mann holte Luft. Er riß die Arme hoch und kam auf mich zu.
    Ich sah ihn an. Ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Ralt!« rief die Frau. »Mach dich nicht unglücklich!« Der Mann starrte mir in die Augen. Seine Stirn hatte sich in wütende Falten gelegt. Nach einem Herzschlag ließ er seine Fäuste langsam sinken. Ich zog meinen Dienstausweis.
    »FBI«, sagte ich. »Wenn Sie sich über mich beschweren wollen - bitte! Mein Name ist Cotton, Jerry Cotton. Sie können es auf dem Dienstausweis lesen.«
    Verdutzt blickte der Mann auf meinen Ausweis. Die Frau stieß einen unterdrückten Ruf aus. Der Junge maulte: »Warum läßt du so einen verdammten Schnüffler überhaupt in die Wohnung, Dad? Frag ihn doch, ob er einen Durchsuchungsbefehl hat! Wenn nicht, kannst du ihn glatt an die Luft setzen und ihn obendrein wegen Hausfriedensbruchs verklagen!«
    »Du hältst den Mund«, sagte die Frau scharf.
    »Das würde ich ihm auch empfehlen«, sagte ich ruhig. »Sonst gebe ich ihm eine Auswahl. Und zwar zwischen der Tracht Prügel, die er längst hätte von seinem Vater kriegen müssen, oder meiner Anzeige wegen Beteiligung am Bandenverbrechen, Landfriedensbruchs, Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit und wegen Beteiligung am Mordversuch. Ich denke, das genügt.«
    Meine Worte schlugen ein wie eine Bombe. Der Vater klappte den Unterkiefer auf und wieder zu und wieder auf, ohne aber mehr als ein heiseres Krächzen über die Lippen zu bekommen.
    Die Frau hatte erschrocken die Hand auf den Mund gepreßt. Dann stand sie plötzlich auf, warf mir noch einen zögernden Blick zu und sagte dann: »Bitte nehmen Sie Platz, Mister Cotton! Ich bin die Mutter, und ich möchte gern mit Ihnen über all das Schreckliche sprechen, was Sie gesagt haben. Ich habe ein Recht darauf, nicht wahr? Schließlich bin ich doch die Mutter.«
    Sie war nicht nur die Mutter, sie schien auch die vernünftigste Person in dieser Familie zu sein. Ich setzte mich auf den angebotenen Küchenstuhl und legte mir den Hut aufs Knie.
    »Sag mal, Dad«, knurrte der Junge, »läßt du dir so was gefallen?«
    Der Mann sah unentschlossen von mir zu seinem Sprößling.
    »Setzen Sie sich, Mister Stetson«, sagte ich. »Ich bin nicht zum Spaß hier, wenn Sie das vielleicht glauben. Und ich bin auch nicht hier, weil mich irgend etwas zur Nachsicht verpflichtet. Ganz im Gegenteil! Innerhalb der letzten halben Stunde sind in dieser Straße folgende Dinge geschehen: Erstens: Raila Sheers, die junge Studentin, ist mit einem Messer umgebracht worden!«
    »Nein…!« schrie die Frau entsetzt.
    Alles Blut war aus ihrem Gesicht gewichen.
    Der Junge wandte sich ab und
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