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0160 - Zuletzt wimmern sie alle

0160 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0160 - Zuletzt wimmern sie alle
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (1 of 2)
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unsichtbarer Gesprächspartner.
    »Danke!« rief ich.
    Ich wandte mich der Tür zu, die einen kleinen Spalt offenstand. Mit dem Knöchel klopfte ich dagegen, rief ihren Namen und lauschte.
    Keine Antwort.
    Der Junge sah mich fragend an. Ich spürte, wie er unruhig wurde. Auch mich packte eine gewisse nervöse Spannung.
    Ich zog mein Taschentuch, breitete es über die Fingerspitzen der rechten Hand und berührte dann erst die Tür. Ich zog sie weit auf und rief noch einmal: »Hallo, Miß Sheers!«
    Nichts unterbrach die lastende Stille. Nur die schnellen Atemzüge des Jungen waren zu hören. Oder waren es meine eigenen?
    Ich kramte in der Hosentasche und fand die kleine Taschenlampe, die ich eigentlich meistens bei mir habe. Ich knipste sie an und leuchtete in den Raum hinein.
    Ein altmodischer Tisch mit gebogenen Beinen wurde aus der Finsternis gerissen. Ich ließ den Lichtschein wandern. An der linken Wand standen ein Küchenherd und daneben zwei Eimer.
    Der Lichtschein wanderte nach rechts.
    Eine Couch, mit einer roten Plüschdecke bedeckt.
    Der Junge stieß einen heiseren Ruf aus.
    Das Mädchen lag auf der Couch. Ihr linker Arm hing leblos herab. Er wies ein paar dicke Blutspuren auf. Von den leicht gekrümmten Fingern tropfte sehr langsam, aber regelmäßig ein Tropfen Blut und klatschte mit monotonem Geräusch in die Lache, die sich vor der Couch ausgebreitet hatte.
    ***
    »Na also«, sagte ich, aber meine Stimme klang mir selbst fremd. »Na also. Ein Herr Senator erzwingt die Vorfahrt - und wir kommen drei Minuten zu spät.«
    Ich leuchtete die Türschwelle ab. Erst wollte ich in den Raum hineingehen, dann überlegte ich es mir noch einmal. Ich ließ den Strahl der Taschenlampe noch einmal zu der Couch gleiten. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und versuchte, die Augen des Mädchen zu sehen.
    Sie waren glanzlos. Das Mädchen mußte tot sein.
    Ich knipste die Lampe aus.
    »Komm«, sagte ich.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Die Mordkommission anrufen. Hier darf ich nichts tun. Ich würde nur Spuren zertrampeln. Wir haben da unsere Experten.«
    Ich drehte mich noch einmal um und ging zurück zur Tür. Innen steckte ein Schlüssel im Schloß. Noch einmal legte ich mir das Taschentuch über die Fingerspitzen, holte den Schlüssel heraus, schob ihn von außen wieder ins Schloß. Es ging ein wenig mühsam, weil ich den Schlüssel nicht richtig anfassen konnte, aber beim zweiten Versuch glückte es mir, die Tür abzuschließen.
    Wir gingen die Treppen wieder hinab, aber wir taten es sehr viel schneller, als wir gekommen waren.
    In dem Augenblick, als wir auf die Straße traten, ertönte irgendwo in der Dunkelheit auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein schriller Pfiff. Ich zog instinktiv den Kopf ein.
    Etwas Schwarzes flog durch die Nacht. Ich gab dem Jungen einen Tritt, so daß er fast auf die Straße flog. Krachend polterte ein faustgroßer Stein gegen die Haustür und fiel auf die Stufen davor.
    Ich lief quer über die Straße. Dunkle Schatten verschwanden aus der Nähe meines Wagens.
    Ich knipste die Taschenlampe wieder an.
    Wie ich es mir gedacht hatte! Sämtliche Reifen waren mit Messern zerfetzt. Ich stieg in den Wagen, nahm den Hörer des Sprechfunkgerätes und drückte die Ruftaste.
    »Leitstelle«, sagte eine ruhige, sachliche Stimme.
    »Cotton«, sagte ich. »Ich befinde mich in der 52sten West, ziemlich am Ende der Straße, also dicht am Hudson. Ich habe soeben einen Mord entdeckt. Man soll sofort die Mordkommission schicken. Die Stelle ist leicht zu finden, mein Jaguar steht genau gegenüber der Haustür. Im obersten Stockwerk ist es. Ich werde vor der Tür sein.«
    Der Kollege in der Leitstelle wiederholte knapp meinen Text, ich bestätigte ihn und legte den Hörer auf.
    Dann stieg ich wieder aus.
    Ich ging quer über die Straße. Ein etwa achtzehnjähriger Bengel stellte sich mir plötzlich in den Weg.
    Er hatte die Daumen hinter sein Gürtelschloß gehakt.
    »Suchen Sie hier was, Mister?«
    Ich sagte nichts. Ich trat nur einen Schritt nach links, um an ihm vorbeizugehen. Zweifellos gehörte er zu den Burschen, die mir die Reifen zerfetzt hatten, aber das hätte ich erst einmal beweisen müssen. Ich bin G-man, kein Schläger.
    Er trat den gleichen Schritt zur Seite, den ich getan hatte, so daß er jetzt wieder genau vor mir stand.
    Im gleichen Augenblick hörte ich von der Haustür her den halblauten Ruf: »Los, nehmt ihn mit!«
    Und dazwischen waren Geräusche, die ich nur zu gut kannte. Geräusche
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