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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe
Autoren: Hugh Walker
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an den ich mich kaum noch erinnere, und eine Schulfreundin.
    Sie hieß Hedi. Hedwig Dahlen.«
    »Das war in Ulm, nicht wahr?« warf er ein.
    Überrascht starrte sie ihn an. »Sie wissen …?«
    »Es stand in den Zeitungen«, erklärte Woiew, »Ein weißer Wolf tauchte plötzlich auf und stürzte sich auf Ihre Freundin und tötete sie.«
    »Ja«, sagte sie leise. »Ich sah es mit an.«
    »Wo standen Sie?« fragte er scharf.
    »Ich …« Hilflos brach sie ab. »Ich weiß, was Sie meinen. Die Zeitungen schrieben, ich wäre plötzlich verschwunden gewesen. Keiner der Zeugen hatte mich gesehen. Ich hatte mich verkrochen, aber ich hörte die Bestie, als wäre sie neben mir, ihr wildes Grollen, das Schnappen der Kiefer, Hedis Aufschrei. Dann lag sie vor mir und war voller Blut.«
    »Und der Wolf war verschwunden«, ergänzte er.
    »Ja, er war verschwunden.«
    »Es gab eine Menge widersprüchlicher Zeugenaussagen.
    Niemand wusste zu sagen, woher der Wolf gekommen war und wohin er verschwand. Er war in einem Augenblick da und im nächsten wieder verschwunden. Alles in allem war die Sache mysteriös.«
    »Ja«, gestand sie zögernd.
    »Sie verließen bald darauf Ulm mit Ihrem Vater?«
    Sie nickte zustimmend. »Wir kamen nach München. Mein Vater starb drei Jahre später, und ich wuchs bei fremden Leuten auf.«
    Er musterte sie nachdenklich. »Seit wann leben Sie in dieser Stadt?«
    »Fast zwei Jahre sind es jetzt.«
    »Zuvor waren Sie in Hagenberg?«
    Mit Mühe verbarg sie ihre Überraschung.
    »Die Sache in Ulm interessierte mich damals sehr. Ich selbst war zu dieser Zeit noch in Prag. Ein Freund, mit dem ich seit Jahren über meine Zuchtversuche korrespondiere, berichtete mir davon. Ich bat ihn, diese mysteriöse Angelegenheit weiterzuverfolgen. Ihr Name, Lemar, blieb mir in deutlicher Erinnerung. Auf die gleiche Art und Weise erfuhr ich von der Hagenbergaffäre. Drei verstümmelte Leichen, dazu die verworrenen Aussagen von Zeugen, die einen weißen Wolf gesehen zu haben glaubten. Sofort kam mir das kleine Mädchen aus Ulm in den Sinn, Thania Lemar, und ich stellte ein paar Nachforschungen an. Und tatsächlich bekam ich bestätigt, woran ich eigentlich auch kaum gezweifelt hatte: Es gab eine Thania Lemar in Hagenberg.«
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. »Dann wissen Sie, was das alles zu bedeuten hat? Können Sie mir helfen?«
    »Vielleicht«, sagte er vorsichtig. »Auf jeden Fall ist Ihr Problem zu interessant für mich, als dass ich Sie gehen lassen könnte, ohne mir völlige Klarheit verschafft zu haben. Wenn Sie dieses Haus verlassen, werden wir beide mehr wissen.« Mit verschränkten Armen ging er auf und ab. »Thania Lemar«, murmelte er. »Wie die Wege sich kreuzen.« Er sah sie plötzlich durchdringend an. »Genau das ist es, was ich bisher vergeblich suchte: einen weißen Wolf für mein Rudel. Und ich bin ziemlich sicher, wenn ich Sie habe, habe ich auch ihn.«
    »Was meinen Sie damit?« fragte sie unsicher.
    Was er sagte, machte ihr Angst.
    »Haben Sie sich nie Gedanken über Ihren Traum gemacht?
    Nie überlegt, ob dieser Wolf nicht bloß in Ihrem Traum, in Ihrer Phantasie existiert?«
    »Doch«, sagte sie rasch. »Aber – ich verstehe den Zusammenhang nicht. Irgendwie ist mein Schicksal an ihn gekettet.«
    Er schüttelte verwundert den Kopf. »Haben Sie noch nie daran gedacht, dass Ihr Traum kein Traum, sondern Erinnerung sein könnte?«
    »Oh, mein Gott«, flüsterte sie. Die Vorstellung erfüllte sie mit eisigem Entsetzen. »Nein, das habe ich nicht.«
    »Fehlen Ihnen keine Erinnerungen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Wissen Sie, was Sie in den Vollmondnächten tun?«
    »Die sind die schlimmsten von allen«, erwiderte sie. »Da ist der Traum am lebhaftesten.«
    Er nickte, als bestätigte das seine Vermutung. »Ich denke, dass wir einige sehr interessante Tage vor uns haben. Aber ich vergesse, dass Sie müde sein müssen. Sicher war es ein anstrengender Tag, und Alexis ist nicht gerade sanft mit Ihnen verfahren. Ich muss für ihn um Entschuldigung bitten. Wir unterhalten uns morgen weiter. Sie können heute in der Bibliothek schlafen. Morgen werden wir ein Zimmer für Sie herrichten.«
    Er öffnete die Tür, rief nach Alexis und gab Anweisung, das Nachtlager für sie zu bereiten. Kurz darauf erschien Alexis mit Bettzeug und machte sich mit unbewegtem Gesicht daran, die breite Couch in ein Bett zu verwandeln.
    Als er verschwand, bemerkte Woiew lächelnd: »Es ist seine Schweigsamkeit,
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