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0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan
Autoren: Heinz Werner Höber
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fahren könnte, aber er wollte nichts davon hören. Eine Stunde später klebte er mit seiner Mühle an einer Hauswand, und die Cops mußten ihn aus der Ziehharmonika, zu der sein Schlitten geworden war, mühsam herausholen. Jeff lachte sie an, so einen Spaß hätte er noch nicht erlebt. Na, die Cops fanden das alles auch sehr spaßig. Sie rochen den Whisky bei Jeff, der ihm aus allen Poren kam, und nahmen ihn einfach mit. Er kam vor den Schnellrichter. Führerscheinentzug auf fünf Jahre und zweihundert Bucks Geldstrafe. Da war's vorbei mit Jeffs Laufbahn als Taxifahrer.«
    Renaldo hatte noch irgend etwas hinzusetzen wollen, aber in diesem Augenblick ging die Tür unserer Bude auf und zwei Hünen in der dunkelblauen Uniform der Stadtpolizei kamen herein.
    »Hallo, Jungens!« sagten sie und tippten an ihren Mützenschirm. »Hört mal alle her!«
    In unserer Bude kehrte Ruhe ein. Wir versammelten uns rund um die Cops und lauschten gespannt.
    »Nicht weit von hier, in der 11. Straße, hat es vor ungefähr zwanzig Minuten eine Schießerei gegeben. Wir kennen die Hintergründe noch nicht, aber wir waren so schnell an Ort und Stelle, daß wir noch einiges mitbekamen. Ein Mann hat eine dreißigjährige Frau erschossen. Die Gründe kennen wir nicht. Aber der Mann ist wahrscheinlich von uns verwundet worden, als er nicht stehenbleiben wollte. Er wird vielleicht bluten. Wir haben das ganze Viertel einigermaßen abgeriegelt.«
    »Und der Kerl steckt noch drin?« fragte einer.
    »Wir nehmen es an. Er muß ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt sein. Größe um die sechs Fuß. Gewicht bei hundertsechzig. Sein Gesicht haben wir leider nicht gesehen. Aber wie gesagt: Er dürfte verwundet sein.«
    »Okay«, erklärte Renaldo gönnerisch, als hätte er hier darüber zu entscheiden, ob wir die Augen offenhalten wollten oder nicht. »Wir werden aufpassen. Und was machen wir, wenn der Bursche mit einem Schießeisen in unserem Genick herumfuchtelt?«
    »Wir haben uns schon mit unserer Zentrale in Verbindung gesetzt«, entgegnete der Sprecher der beiden Cops. »Die setzt sich wieder mit eurer Zentrale in Verbindung. Wenn ihr einen Mann zu fahren habt, der unser Mann sein könnte, dann gebt irgendwann mitten in der Fahrt über euer Sprechfunkgerät an eure Zentrale den Satz durch:
    »Hier Wagen soundsoviel. Befinde mich auf der Fahrt nach da und da. Ist besetzte Rückfahrt möglich?«
    Das war nicht schlecht vereinbart. Es klang so, als wäre es bei uns üblich, von jeder Fahrt die Zentrale zu verständigen und sich danach zu erkundigen, ob man für die Rückfahrt von der Zentrale her einen Fahrgast auf Lager habe. Aber es war keineswegs gesagt, daß der gesuchte Mann nicht so mißtrauisch war, daß er uns an jedem Gespräch mit der Zentrale hinderte.
    »Wenn er aber seinen Fahrer nicht sprechen läßt?« warf ich deshalb ein. Die Cops zuckten die Schultern.
    »Dann riskiert nichts. Fahrt ihn dahin, wohin er will, und versucht nur, sein Gesicht ein bißchen zu studieren, damit ihr uns eine Beschreibung von ihm geben könnt. Sobald er ausgestiegen ist, müßt ihr natürlich eure Zentrale verständigen. Die gibt eure Meldung dann schon an uns weiter. Okay?«
    Wir nickten. Die beiden Cops tippten wieder mit zwei Fingern an ihre Mütze und verschwanden.
    Phil, Renaldo und ich setzten uns wieder auf die Bank. Einige nahmen ihre Karten wieder auf. Andere diskutierten den Vorfall, aber ohne spürbare Erregung. Derartige Ersuchen um Mithilfe bei einer Fahndung sind bei Taxifahrern keine Seltenheit, und so reagieren sie weniger aufgeregt, als es ein gewöhnlicher Mensch tun würde.
    »Solange die Cops ab und zu noch ‘ne Botschaft wie die von eben für uns haben, so lange bleibt unser Job wenigstens ein bißchen interessant«, meinte Renaldo, während er sich gähnend eine Zigarette aus der Hosentasche fischte.
    Ich sah, wie sich der vorletzte Kollege erhob, dessen Wagen vor meinem in unserer Reihe stand. Wenn wir untätig in unserer Bude herumsitzen, gibt es eine strenge Reihenfolge der Fahrten. Die Wagen fahren der Reihe nach von rechts weg und stellen sich von links wieder in die Reihe, wenn sie zurückkommen, Nur wer auf einem bestimmten Fahrer besteht, wird ihn bekommen. Sonst geht es aus Gründen der Gerechtigkeit immer der Reihe nach.
    Da der vorletzte Fahrer vor mir die Bude verließ, weil er draußen einen Mann mit Koffer auf unsere Taxireihe zusteuern sah, konnte ich mir ausrechnen, daß ich in wenigen Minuten mit einer neuen Fuhre an der
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