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0139 - 200 Minuten um Leben und Tod

0139 - 200 Minuten um Leben und Tod

Titel: 0139 - 200 Minuten um Leben und Tod
Autoren: 200 Minuten um Leben und Tod
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ausgemachten Zeit fliegt das Ding in die Luft.‹ Das war es, was die beiden sagten. Mehr konnte ich nicht hören, denn in diesem Augenblick schaltete so ein Depp die Musicbox ein. Na, bei dem Radau konnte man sich selbst nicht mehr hören.«
    »Wo liegt die Kneipe genau?«
    »In dem Block zwischen der Seventh und der Lenor Avenue.«
    »Sie konnten gar nichts von den Männern sehen?«
    »Gar nichts. Der Vorhang vor der Nische war zugezogen. Ich habe schon großes Glück gehabt, dass ich überhaupt die paar Sätze aufschnappen konnte.«
    »Sie haben auch keinen Verdacht, um wen es sich handeln könnte? Sie kennen doch die meisten Leute der New Yorker Unterwelt.«
    »Cotton, wenn ich etwas vermutete, würde ich’s Ihnen auf die Nase binden, das können Sie mir glauben. Schon allein, weil es höchste Zeit wird, dass mir jemand ein Paar Schuhe stiftet.«
    Der Wink war deutlich. Ich zögerte einen Augenblick. Diese Not, in der Ronny sich offenbar befand, entwertete seine Botschaft. Es war durchaus möglich, dass er sich das Ganze aus den Ärmeln gesogen hatte, nur damit ihm das FBI ein paar Dollar für ein Paar neue Schuhe gab.
    Ich deutete so etwas an. Ronny war beleidigt. Es kam mir nun doch so vor, als ob seine Meldung echt sei.
    »Okay«, versprach ich. »Wir werden uns um die Sache kümmern. Wenn etwas dran war, können Sie sich ein Paar nagelneue Winterschuhe bei uns abholen. Sie werden es ja in den Zeitungen lesen, wenn wir dieser Sache auf die Spur kommen sollten. Dann holen Sie sich die Schuhe. Für heute gibt es einen Dollar Vorschuss.«
    Ich spielte ihm die Münze beim Vorbeigehen in die Hand. Während er zurückblieb, marschierte ich zu Phil. Auf meiner Armbanduhr war es 9.40 Uhr vormittags.
    ***
    Daisy Leaven hockte sich in ihrem sehr engen Rock auf den Drehstuhl, der neben dem Schreibtisch des Chefredakteurs der Tageszeitung Morning Standard stand. Ihr hübsches Gesicht war dem glatzköpfigen, nervösen Mann zugewandt, der hinter seinem Schreibtisch saß und unaufhörlich mit seiner dunklen Hornbrille spielte.
    »Also Sie wollen bei uns die ausgeschriebene Stellung als Reporterin für die Gerichtsseite antreten?«, fragte der Mann.
    Daisy nickte mit der ganzen Entschlossenheit ihrer zweiundzwanzig Jahre.
    »Sind Sie sich darüber im Klaren, dass es ein verdammt schwerer Job ist, Gerichtsreporter zu sein?«
    »Absolut«, erwiderte Daisy. »Sonst würde ich Sie gar nicht nach diesem Job fragen.«
    Der Chefredakteur stutzte. »Wieso? Wie soll ich das verstehen?«
    »Wörtlich«, erklärte Daisy Leaven ungerührt. »Mich reizen schwierige Aufgaben. Für einen Allerweltsjob würde ich mich nicht melden.«
    Der Chefredakteur schob die Unterlippe vor und knurrte: »Sieh mal an! Sie sind aber sehr überzeugt von sich, was?«
    »Ich kenne meine Fähigkeiten und meine Grenzen«, sagte Daisy. »Meine Lehrer haben mir immer wieder bescheinigt, dass ich eine schnelle Auffassungsgabe, eine recht ansehnliche Portion Intelligenz und Ausdauer besitze. Warum soll ich meine Vorzüge nicht ebenso gut beim Namen nennen dürfen wie meine Nachteile?«
    »Sicher, sicher. Darf man fragen, was Ihre Nachteile sind?«
    »Ich bin ehrgeizig, ich stelle Ansprüche an das Leben, und ich bin kein Roboter.«
    »Das bedeutet?«
    »Ich gehorche nicht wie eine Maschine auf jeden Knopfdruck, den ein Vorgesetzter glaubt, ausführen zu dürfen. Ich bin ein Mensch und mache mir über alles meine eigenen Gedanken.«
    Der Redakteur lachte.
    »Das habe ich allerdings in den sechs Wochen Probezeit, die Sie nun hinter sich gebracht haben, sehr deutlich gemerkt. Sie sind eine sehr eigenwillige Person. Eigenwillige Reporter sind für keine Redaktion bequem.«.
    »Wollen Sie einen bequemen oder einen guten Reporter?«, lautete Daisys schlagfertige Antwort.
    Der Redakteur legte seine Brille aus der Hand.
    »Also gut«, sagte er. »Dass Sie etwas können, steht außer Zweifel. Dass Ihr Können noch ein bisschen theoretischer Natur ist, dafür können Sie nichts. Das wird sich mit den Jahren der Praxis von allein abschleifen. Also Sie möchten den Job nun für dauernd haben?«
    »Ja.«
    »Okay. Ich bin einverstanden. Sie bekommen von uns achtzig Dollar pro Woche als Grundgehalt. Dazu ein Zeilenhonorar von zwölf Cent. Einverstanden?«
    Ohne eine Miene zu vorziehen, sagte Daisy Leaven: »Vorläufig ja.«
    »Vorläufig?«
    »Sie werden selbst merken, dass in absehbarer Zeit unsere Auflage steigen wird aufgrund meiner Reportagen aus der Unterwelt. Wenn das so
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