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0127 - Der grüne Spuk

0127 - Der grüne Spuk

Titel: 0127 - Der grüne Spuk
Autoren: A.F. Morland
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das Gerät zu packen und in eine Ecke zu pfeffern. Er tat es nur deshalb nicht, weil er sich keinen neuen Apparat leisten konnte.
    Dean Chaplin war Junggeselle.
    Nicht deshalb, weil er keine Frau bekommen konnte. Im Gegenteil. Wenn er gewollt hätte, hätte er sogar zwischen drei Witwen wählen können.
    Aber er war kein geselliger Typ. Er war lieber allein. Deshalb verzichtete er darauf, sich zu verehelichen und Gefahr zu laufen, das Hörgerät wegen eines schnatternden Weibes ständig abschalten zu müssen.
    Chaplin hatte wulstige Lider, kleine Augen und mit kleinen Äderchen durchzogene Wangen.
    Er las den Sportteil seiner Zeitung, als er plötzlich vermeinte, den Schrei eines Menschen gehört zu haben.
    Verwundert legte er die Zeitung beiseite. Wenn sogar er, der Schwerhörige, den Schrei vernommen hatte, dann mußte das schon ein ziemlich lauter Schrei gewesen sein.
    Beunruhigt griff Dean Chaplin nach seinem Hörgerät. Er schob es in die Brusttasche seines Hemdes.
    Den dazugehörigen Stöpsel steckte er sich ins Ohr. Dann drehte er am Lautstärkeregler.
    Tick-tack-tick-tack…
    Das war die Pendeluhr. Sonst vernahm Dean Chaplin kein weiteres Geräusch. Er erhob sich trotzdem.
    Mit schlurfenden Schritten begab er sich zum Fenster. Er wohnte im ersten Stock und blickte mit gespannten Gesichtszügen auf die Straße hinunter.
    Alles war friedlich.
    Kein Mensch schrie mehr, und Dean Chaplin, der sich ohnedies nie auf seine Ohren verlassen konnte, mußte wohl ober übel annehmen, daß er sich den verzweifelten Schrei lediglich eingebildet hatte.
    Mit zusammengezogenen Brauen schüttelte er den Kopf. »Eigenartig«, murmelte er. Er wandte sich vom Fenster ab und kehrte zu seinem Lesesessel zurück. »Höchst eigenartig.«
    Er nahm wieder Platz, schaltete den Hörapparat ab, nahm die Zeitung wieder zur Hand und vertiefte sich in den Bericht, den er gerade gelesen hatte, als er vermeinte, jemanden schreien gehört zu haben.
    Er konnte nicht ahnen, daß gleich um die Ecke ein verzweifelter Mensch um sein Leben kämpfte…
    ***
    »Weg!« krächzte Yul Sturges entsetzt. »Geh weg, du verdammtes Scheusal! Laß mich in Ruhe!«
    Der Schweiß rann ihm in breiten, salzigen Bächen über das Gesicht. Er schlug mit dem Telefonhörer nach dem Monster.
    Der grüne Spuk wich keinen Zentimeter zurück. Wie von Sinnen drosch Yul Sturges auf die grauenerregende Erscheinung ein.
    »Verschwinde!« stieß Sturges bebend vor Angst hervor.
    Was war nur aus diesem Abend, er so vielversprechend begonnen hatte, geworden!
    Was war das für ein schreckliches Ungeheuer? Sturges setzte alles daran, den Geschuppten aus der Zelle zu bringen.
    Er trat nach dem Scheusal. Er warf sich gegen den Unheimlichen, um ihn aus der Box zu rammen.
    Wenn ihm das gelungen wäre, hätte er die Glastür zugeworfen und sie so lange zugehalten, bis Hilfe gekommen wäre.
    »Hallo!« quakte eine Stimme im Telefonhörer. »Hallo, bitte melden Sie sich…«
    Aber Yul Sturges hatte keine Zeit, sich zu melden, und so legte der Desk Sergeant, der den Anruf entgegengenommen hatte, wieder auf.
    »Scher dich weg, du Teufel!« keuchte Sturges. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er bekam nicht genügend Luft.
    Die Kräfte drohten ihn allmählich zu verlassen. Und die Bestie war keinen Millimeter vom Fleck zu bewegen.
    Sturges’ Schläge wurden schwächer.
    Der Spuk lachte gemein. »Es hat keinen Zweck! Es muß sein! Ich brauche deine Seele!«
    »Warum?« schluchzte Yul Sturges verzweifelt. »Wozu?«
    Die grünen Krallenhände des Geschuppten näherten sich dem Hals des verstörten Opfers.
    Yul Sturges entfiel der Telefonhörer. Der Mann preßte sich mit furchtgeweiteten Augen gegen die gläserne Wand.
    »Ich will nicht sterben!«
    »Du mußt.«
    »Ich will nicht…«
    »Dein Mädchen wollte auch nicht -und nun ist es doch tot.«
    »Du hast Tatum um-ge-br…?«
    Yul Sturges’ Hände sanken langsam nach unten. Er hatte begriffen, daß es keinen Zweck mehr hatte, sich zu wehren.
    Bleischwer waren seine Glieder. Er konnte nichts mehr tun. Er konnte nur noch zulassen, was ihm diese Bestie antun wollte.
    Er hatte seit vielen Jahren nicht mehr geweint. Doch nun, angesichts des Todes, quollen große, glitzernde Tränen aus seinen Augen. Yul Sturges spürte, wie ihn die Kräfte verließen.
    Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Er rutschte langsam an der Glaswand nach unten.
    Er merkte, wie ihm die Sinne zu schwinden drohten, und er sah die klauenartigen Hände unaufhaltsam näher
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