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0125 - Wir stutzten ihm die Krallen

0125 - Wir stutzten ihm die Krallen

Titel: 0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
Autoren: Wir stutzten ihm die Krallen
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Pistole bei jedem verbarg oder gar mehrere, stiernackige Hälse und ein verschlagener Gesichtsausdruck - für einen Maler war das ungefähr so, als trügen die beiden ihre Steckbriefe gleich umgehängt.
    »Ha-Hallo!«, lallte er. »Ihr habt euch in der Hausnummer geirrt. Bei mir ist 20 nichts zu holen, aber auch gar nichts. Doch, ja, ich wi-will nicht lügen: vier oder fünf Dollar habe ich noch. Die sind mir grad noch beim Einkäufen übrig geblieben. Aber ich glaube nicht, da-dass euch so lächerliche Beträge genügen. Wenn ihr euch aber ein bi-bisschen setzen wollt, dann tut es ruhig. Gastfreundschaft ist die oberste aller Tugenden. Heiliger Raffael, aber meinen Schnaps braucht ihr nicht zu verkonsumieren. Stellen Sie die Flasche schnell wieder hin, Sie Lümmel!«
    Mit taumelnden Schritten steuerte Johnny auf einen der beiden Gangster zu, der sich an seinem Whisky gütlich tat.
    »Fass mich lieber nicht an, Kleiner«, grunzte dieser. »Ich müsste dir sonst eins auf die schlanken Fingerchen geben, dass du acht Wochen lang keinen Pinsel mehr halten könntest, alter Farbkleckser.«
    Johnny hielt mitten im Schritt inne. Er zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass man mit der Drohung Ernst machen würde, wenn er sich nicht zurückhielt. Zunächst hatte er tatsächlich an einen Irrtum, an eine Verwechslung geglaubt, jetzt war er sich nicht mehr so sehr darüber klar, ob der Besuch nicht wirklich ihm galt.
    »Wa-was wollt ihr eigentlich von mir, he?«, lallte er. »Ich bin ein Habenichts, wie er im Buche steht.«
    »Okay, okay, Mann«, knurrte der zweite Gangster. »Das sehen wir selber. Halten Sie endlich Ihren Mund!«
    Sie sahen sich rasch im Zimmer um und nickten zufrieden, als sie festgestellt hatten, dass außer Johnny und ihnen selbst niemand weiter im Raum war.
    »Hör mal zu«, sagte darauf der erste der Männer, der immerhin noch einiges in der Whiskyflasche gelassen hatte. »Der Boss hat uns den Auftrag gegeben, dich zu ihm zu bringen. Wir können dies ganz gemütlich tun, wenn du vernünftig bist, wir können dir aber auch erst den Hinterkopf mit einem Pistolenkolben massieren, wenn du keine Lust zu einer Ortsveränderung haben solltest. Also wähle!«
    Johnny ließ sich wieder auf seine Couch fallen und grinste.
    »Für zehn Dollar hätte ich auch so eine schöne Skizze von eurem Boss angefertigt«, sagte er. »Da hätte er euch gar nicht zu bemühen brauchen. Oder soll ich ihn gar nicht malen?«
    Die beiden Gangster zuckten die Achseln.
    »Keine Ahnung, was du sollst! Jedenfalls sollst du mitkommen, also sei vernünftig! Okay?«
    »Okay«, nickte Johnny und stand unsicher auf. »Ich fahre gern Auto. Oder muss ich etwa zu Fuß gehen?«
    »No, Kleckser, du kannst fahren. Wir haben einen piekfeinen Schlitten vor der Tür stehen. Gehört zur Berufsausrüstung.«
    Johnny zog sich seinen dünnen Mantel an.
    »Bei mir gehört leider nur ein Pinsel zur Berufsausrüstung«, klagte er traurig. »Anscheinend habe ich doch den verkehrten Beruf erwischt.«
    Zusammen mit den beiden Schlägerfiguren verließ er seine Atelierwohnung. Vor der Tür stiegen sie in einen blauen Ford Lincoln und brausten davon. Johnny hatte es sich auf dem Rücksitz bequem gemacht und sah interessiert zum Fenster hinaus. Er hatte sehr bald entdeckt, dass die Fahrt in südliche Richtung ging, also zu den vornehmeren Gegenden Manhattans oder zum Hafen.
    »Wo geht’s denn hin?«, fragte er gleichmütig.
    »Halt’s Maul!«, war die grobe Antwort.
    »Höflich seid ihr nicht gerade«, brummte Johnny.
    Die beiden Gangster erwiderten nichts. Aber nach einer Weile musste sich Johnny ein schwarzes Tuch vor die Augen binden lassen, sodass er überhaupt nichts mehr sehen konnte. An den Schwankungen seines Körpers merkte er, dass man einige Abbiegungen nach rechts und links machte. Zu guter Letzt wusste er nicht einmal mehr andeutungsweise, in welcher Gegend Manhattans man sein könnte.
    ***
    Als man ihm endlich die Binde wieder abnahm, befanden sie sich in einem dunklen Hof. Auf einer Seite ragte die Rückwand eines Wolkenkratzers empor. Nur in den oberen Stockwerken brannte noch Licht. Sie lagen freilich zu hoch, als dass ihr Schein bis herab in den Hof fallen konnte.
    Die Gangster mussten gut Bescheid wissen, denn sie führten Johnny ins Haus, ohne die Flurbeleuchtung oder eine Taschenlampe zu benutzen. Erst als er über die Schwelle eines kleinen Zimmers getreten war, wurde Licht eingeschaltet. Es war ein kleiner Raum von ungefähr vier mal fünf
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