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0121 - Ich suche Jerry Cotton

0121 - Ich suche Jerry Cotton

Titel: 0121 - Ich suche Jerry Cotton
Autoren: Heinz Werner Höber
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durfte. Schließlich sah er aber, daß er zu weit gegangen war. Die Frau würde sterben - so oder so. Um sie wenigtens nicht mehr dazu kommenzulassen, eine Aussage zu machen, stach er blindlings auf sie ein. Er ahnte nicht, daß auch jetzt noch die Möglichkeit bestand, daß Marry Crossway vorübergehend zum Bewußtsein kam. Denn auch seine letzten Stiche hatten sie noch nicht getötet. Er hatte Glück und Pech zugleich. Marry Crossway kam nicht wieder zu Bewußtein - sein Glück. Aber dem Kneipenbesitzer gegenüber war aufgefallen, daß ein Mann mit einer Hasenscharte am Morgen so lange zum Fenster hinausgeblickt hatte, bis Marry Crossway auftauchte - sein Pech.«
    Mister High nickte.
    »Was wollte Joho von der Crossway wissen? Das ist die Kardinalfrage!«
    Sowohl Mister High als auch ich, Phil Decker, hatten keine Ahnung, wie sehr recht der Chef hatte.
    Es war die Kardinalfrage des ganzen verwickelten Falles, der sich erst nach reichlich viel Schwierigkeiten klären ließ.
    An diesem Tage konnte uns die wahre, schwerwiegende Bedeutung dieser Frage noch nicht klar sein.
    »Ja«, wiederholte ich nachdenklich, »was wollte Joho auf dem Umweg über Jackson von der Crossway wissen? Was? Vielleicht verrät es Jackson. Er wird gerade verhört.«
    »Wie sieht es mit den anderen Spuren aus, Phil?«
    »Nichts, was uns voranbrächte, Chef. Ich lasse im Augenblick ungefähr sechzig verschiedenen Einzelspuren nachgehen. Jede dieser einzelnen Spuren kann theoretisch zu Jerry führen - allerdings sieht es im Augenblick so aus, als ob es keine tun würde.«
    »Lassen Sie sich nicht entmutigen, Phil. Es sind schon vermißte Personen nach einem halben Jahr wieder aufgefunden worden.«
    »Sicher«, sagte ich.
    Aber ich dachte: Diese Leute, die man nach einem halben Jahr wieder auffand, waren auch keine G-men.
    Ich unterhielt mich noch eine Weile mit dem Chef über Einzelheiten, dann ging ich zurück in mein Office. Ich setzte mich an den Schreibtisch und notierte:
    1. Unbekannter Toter in Yonkers, von Jerrys Wagen in den Hudson geschleift.
    2. Mary Crossway aus unbekannten Gründen gefoltert.
    3. Bandenchef Johos Aufenthaltsort noch immer unbekannt.
    4. Herkunft der von Rightword zu Joho gebrachten Koffer mit dem Falschgeld noch immer unbekannt.
    5. Herkunft einiger Fingerabdrücke in und an Jerrys Jaguar noch immer unbekannt.
    6. Die Falschmünzerbande, zu der Rightword gehört zu haben scheint, noch immer unbekannt.
    Ich warf den Bleistift zur Seite. Das waren nur die wichtigsten Punkte, die mir auf Anhieb einfielen. Wenn ich noch länger darüber nachdachte, fielen mir unter Garantie noch einmal so viele Dinge ein, die ich in die Rubrik Unbekannt’ schreiben konnte.
    So konnte es nicht weitergehen. Auf der einen Seite zersplitterten wir uns, auf der anderen Seite kamen wir nicht voran. Ich steckte mir eine Zigarette an und rief noch einmal Mister High an.
    »Ja, Phil?«
    »Chef, kann ich Sie noch einmal sprechen?«
    »Sicher, Phil. Kommen Sie rüber.«
    »Danke.«
    Ich nahm den Zettel und ging noch einmal zu ihm. Ich legte ihm den Zettel auf den Schreibtisch.
    »Chef«, sagte ich, »ich bin ein G-man und will jeden Fall versuchen aufzuklären, den Sie mir auf den Schreibtisch legen. Das hier sind drei, vier oder fünf verschiedene Fälle oder noch mehr. Ich bin kein Stratege. Ich bin G-man im Außendienst, kein Organisator am Schreibtisch. Ich gebe zu, daß ich die Übersicht verliere. Kann mir denn diesen organisatorischen Kram nicht jemand abnehmen, der dazu besser befähigt ist als ich?«
    Mister High sah mich ernst an, dann lächelte er plötzlich:
    »Phil, Sie haben mit Jerry zusammen schon viel verwickeltere Fälle gelöst, bei denen man genausoviel oder noch mehr Kleinigkeiten im Kopf haben mußte. Es ist nicht so, als könnten Sie diese Art von Arbeit nicht! Ihnen fehlt in diesem besonderen Falle nur eines, ohne das organisatorische Arbeit nicht zu bewältigen ist: die eiskalte Beherrschung, die gewaltsame Ruhe und Geduld in einem herauf zwingt.«
    Ich holte tief Luft und wollte etwas Ungerechtes sagen, aber im letzten Augenblick besann ich mich noch.
    »Stimmt«, antwortete ich. »Sie haben recht, Chef. Ich habe einfach nicht die innere Ruhe, an meinem Schreibtisch zu sitzen, -zig Berichte über die Verfolgung von winzigen Detailspuren zu studieren, miteinander zu vergleichen, zu durchdenken, neue Spuren darin zu entdecken, deren Verfolgung zu organisieren und so weiter.«
    »Ich verstehe Sie, Phil«, sagte der Chef
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