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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen
Autoren: Franc Helgath
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ihm bei dieser Gelegenheit mitgeteilt wurde, veranlaßte ihn zum sofortigen Kofferpacken.
    Der Pilot stellte sich als Edgar Degas vor, erwähnte, daß er deshalb trotzdem nicht malen könne, und wartete darauf, daß seine Kunden über den vermutlich oft strapazierten Witz lachten. Weder Zamorra noch Bill taten ihm den Gefallen. Nur Nicole lächelte etwas pflichtschuldig und bekam daher auch den Platz neben dem Piloten.
    Die Moran machte einen recht ordentlichen Eindruck, wenngleich man ihr ansah, daß sie allmählich ins Schrottalter kam. Aber ein Flug nach Bou-Izakarn sei ohne alle Probleme, versicherte Edgar Degas, der Nicht-Impressionist, und ließ sich vom Tower die Starterlaubnis geben.
    Der Vogel flog, und der Motor brummte satt und zufrieden. Sie folgten der P 8 nach Marrakesch, wo Edgar Degas unaufgefordert zwei Schleifen drehte und auf Baudenkmäler hinwies, die zumindest Bill und Zamorra schon längst kannten.
    Die Hälfte der Strecke hatten sie hinter sich.
    Von jetzt an wurde das Land unter ihnen gebirgiger und fremdartiger. Unfruchtbar und tot.
    Eine Landschaft, die der Phantasie von Zyklopen entsprungen zu sein schien: Tausend Meter hohe Granitkolosse, zusammengesetzt aus steinernen Kugeln, Eiern, Quadern und Rhomben. Über Jahrmillionen hinweg hatte das Sandstrahlgebläse der Wüstenwinde die Felsblöcke geschliffen.
    Der Anti-Atlas zählt zu den ältesten Bergmassiven dieser Erde. Es verwittert und versinkt allmählich in den eigenen Verwitterungsprodukten. Nur abgeschliffene Kuppen schauten noch daraus hervor. Das Land unter der Moran war eine gigantische, steinerne Leiche. Auf dem Djebel Toubkal glitzerte es weiß. Ewiger Schnee unter tropischer Sonne.
    Schnurrend zog die Maschine nach Süden. Edgar Degas ging in Steigflug über und brachte sie auf eine Höhe von 6000 Fuß. Links wurde das Gebirge wieder niedriger, kippte unter den Tragflächen weg. Die Nase der Moran bohrte sich in einen azurblauen, wolkenlosen Himmel. Nichts deutete daraufhin, daß es Schwierigkeiten geben könnte.
    Aber sie kamen.
    Unerwartet und im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem Himmel.
    »Verdammter Mist!« fluchte Edgar Degas laut vernehmlich. Professor Zamorra beugte sich gleichzeitig mit Bill nach vorne. Nicole war eingeschlummert.
    »Was ist los?« fragte Zamorra.
    »Ist was?« fragte Bill.
    »Ich weiß noch nicht«, versuchte der Pilot, das Brummen des Motors zu übertönen. »Aber irgend etwas läuft mir hier gegen den Strich. Das Seitenruder spinnt.«
    Die Moran hatte sich in eine leichte Linkskurve gelegt, segelte gravitätisch dahin wie ein überdimensionierter, bunt angestrichener Adler.
    Zamorra verstand einiges vom Fliegen. Er sah, wie Degas den Steuerknüppel zu sich heranzog und ihn nach rechts legte. Doch die Moran flog unbeirrt ihre Linksschleife weiter.
    Das war auch der Augenblick, in dem der Parapsychologe ein leises Prickeln im Nacken verspürte. Hier ging etwas nicht mehr mit rechten Dingen zu.
    »Ziehen Sie die Maschine hoch!« schrie er knapp neben Degas’ Ohr. »Und geben Sie Saft!«
    Der Vierzylindermotor röhrte lauter, als der Pilot Zamorras Anweisung befolgte. Auch bohrte sich Degas den Steuerknüppel beinahe in den Nabel. Er zog ihn bis zum Anschlag zurück.
    Normalerweise hätte die Maschine jetzt hochjubeln und bald danach abschmieren müssen. Sie tat nichts dergleichen. Sie hielt ihren Kurs. Einen Kurs, den niemand haben wollte.
    Zamorra schaute hinaus zu den Tragflächen und nach hinten zu den Höhenrudern. Sie waren steil nach oben gestellt. Allen flugphysikalischen Gesetzen nach hätte die Moran genau das tun müssen, was Zamorra verlangte: Die Nase gegen die Sonne strecken, den Kulminationspunkt erreichen und dann abschmieren.
    Die Moran tat das nicht. Edgar Degas nahm die Hände vom Steuerknüppel und schaute sich nach Zamorra um. Er hatte die Arme von sich gebreitet, soweit die Enge des Innenraums das zuließ. Ein Eingeständnis seiner Hilflosigkeit.
    »Sie fliegt von selbst, Monsieur! Verstehen Sie das?«
    Zamorras Lippen schlossen sich zu einem schmalen Strich. Seine Wangenknochen traten hart hervor. Das Prickeln im Nacken hatte sich noch wesentlich verstärkt. Dazu kam jetzt noch ein Brennen auf seiner Brust. Genau an der Stelle, an der sein silbernes Wunderamulett die Haut berührte. Ein flüchtiger Geruch nach verbranntem Horn. Das Medaillon hatte ihm einige Haare auf der Brust versengt.
    Der Dämonenjäger griff sich in den Ausschnitt seines Hemdes und holte das Amulett
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