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0118 - Der Drachengott von Bali

0118 - Der Drachengott von Bali

Titel: 0118 - Der Drachengott von Bali
Autoren: Franc Helgath
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sämtliche Schriftstücke vom Schreibtisch.
    Kien LinYang hatte panische Angst. Dann ein Gefühl, als würde man einen Knoten in sein Rückgrat machen. Zu seinem Entsetzen bemerkte er, daß sein Rumpfende; zu wachsen begann. Schuppenbedecktes Fleisch bildete einen Schweif von enormen Ausmaßen.
    Der Chinese, der schon keiner mehr war, wollte aufstehen und sah, daß er keine Beine mehr hatte. Keine richtigen Beine zumindest. An ihrer Stelle saßen jetzt vierzehige Stummel. Er plumpste auf den Boden. Es kostete ihn Mühe, sich aufzurichten.
    Doch seltsamerweise schwand jetzt die Angst. Auch sah er seine Umgebung anders. Sein Blickfeld hatte sich erweitert, und er konnte seine Augen unabhängig voneinander bewegen wie ein Chamäleon.
    Der Nebenraum war sein Schlafzimmer. Unbeholfen stakste er auf seinen dünnen Krallenbeinen hinüber. In der Tür mußte er die Flügel dicht an den Körper legen, um hindurchzukommen. Mit den Klauen, die einmal seine Fingernägel gewesen waren, kratzte er sich die restliche Kleidung vom neuen Körper.
    Dann stand er vor dem Spiegel.
    Eine Flugechse mit spitz zulaufendem Schnabel starrte ihm daraus mit kalten Reptilienaugen entgegen. Die Schmerzen waren vorüber.
    Der Schnabel klaffte auf. Er sah Reihen spitzer Zähnchen. Ganz ähnlich denen, die sein nächtlicher Besucher gehabt hatte.
    Das Wesen, das noch vor wenigen Minuten Kien LinYang gewesen war, musterte sich von allen Seiten. Mit jeder Sekunde gewöhnte er sich besser an seine derzeitige Gestalt, ja sie bereitete ihm sogar ein perverses Vergnügen.
    Er breitete die Schwingen aus.
    Der Vergleich mit einer Fledermaus war nicht übel gewesen.
    »Ich bin ein Vampir«, sagte Kien LinYang und verstand sogar seine eigene Stimme noch. Sie klang nur etwas heiserer, als er sie gewohnt war. Nicht mehr so weich und geschmeidig.
    »Dann kann ich auch fliegen«, meinte das Wesen und hatte keine Bedenken, es auch auszuprobieren. Auch machte er sich keine Sorgen darüber, wie er wieder seine normale Gestalt zurückgewinnen könnte.
    Bestimmt fand er in den Mantras auch die entsprechenden Formeln für den Gegenzauber.
    Dann, wenn er Aurika Batak getötet hatte.
    Er fand, daß er keine Waffe dazu brauchte. Sein Maul war spitz, die Kiefer kräftig. Und auch die Krallen konnte er gebrauchen.
    Am Boden bewegte er sich ziemlich unbeholfen.
    Der Drachenmensch hüpfte zurück in den Arbeitsraum, von wo aus eine Tür auf einen Balkon mit einer breiten Balustrade führte. Von dort aus würde er zu seinem ersten Flug starten.
    Als er draußen stand und mit seinen Schwingen flatterte, stob der Wind ins Arbeitszimmer, brachte noch mehr Unordnung in die herumliegenden Schriftstücke.
    Ein Kandelaber mit brennenden Kerzen fiel um, doch das sah der Drachenmensch schon nicht mehr. Er war mit einem Satz auf die Balustrade gehüpft.
    Er sah auch nicht, wie die Flammen nach der Schriftrolle leckten und sie verzehrten, denn da breitete er schon weit seine Vampirflügel aus und peitschte die Luft mit ihnen.
    Dann hob er ab und fühlte sich so frei wie noch nie.
    Wie ein Segelflugzeug, das die Thermik ausnützt, schraubte er sich höher und höher. Das Stadtviertel unter ihm wurde kleiner und kleiner.
    Irgendwo ein Feuer. Vielleicht ein Brand.
    Doch das bedeutete nichts in dieser Acht-Millionen-Metropole. Irgendwo brannte es immer.
    Dreitausend Fuß über Djakarta zog er seine Kreise, betrachtete die Lichterketten und die winzigen Augen der Autos, die sich über die verstopften Straßen quälten.
    Der Drachenmensch drehte eine Runde über dem Hafen, wo mindestens zwanzig seiner Schiffe lagen, doch dann wandte er sich in östlicher Richtung wieder ein Stück landeinwärts.
    Dorthin wo die Apartmenthäuser von Sunter lagen.
    ***
    Sokor konnte sich draußen in der Welt sehr selbstsicher bewegen. Dann und wann traf man verstädterte Orang Abungs auf den Straßen, und niemand kümmerte sich mehr um sie. Sie waren als freie Staatsbürger anerkannt, solange sie nicht in Lendenschurzen über die Plätze und Straßen liefen und keine Knochen in den Ohrläppchen oder in der Nasenscheidewand trugen.
    So konnte der »Diener der Geister« vergangene Nacht auch ungehindert ein Flugzeug besteigen, das ihn zurück nach Bali brachte. Als er den Busch erreichte, verwandelte er sich wieder in den Medizinmann der Noabiben zurück, der er eigentlich war.
    Leichtfüßig huschte er durch den Dschungel, fand dort Wege, wo keine mehr waren und erreichte sein Volk mit dem Einbruch der Nacht. Die
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