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0118 - Der Dämonenwolf

0118 - Der Dämonenwolf

Titel: 0118 - Der Dämonenwolf
Autoren: Richard Wunderer
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war die Strecke schon oft gefahren und habe sie auch schon für meine Leser ausführlich beschrieben. Daher sage ich nur, daß wir Edinburgh in Rekordzeit erreichten, obwohl wir uns an alle Verkehrsregeln hielten, und von der schottischen Hauptstadt weiter nach Norden fuhren.
    In den Highlands gab es auffallend wenig Verkehr. Das konnte aber auch mit dem schlechten Wetter zusammenhängen. Seit Edinburgh hatten wir Regen, der die Straßen mit einem spiegelnden Wasserfilm überzog. Die Scheibenwischer flappten über die Windschutzscheibe, ein monotones, einschläferndes Geräusch.
    »Sag etwas«, forderte ich Suko auf, »sonst lege ich unterwegs eine Schlafpause ein.«
    »Untersteh dich!« rief er erschrocken und merkte, daß ich nur einen Scherz gemacht hatte. »Auf meiner Harley Davidson gäbe es jetzt keine Müdigkeit. Wenn dir der Wind um die Nase pfeift…«
    »… und der Regen ins Gesicht peitscht«, ergänzte ich. »Sei froh, daß du im Trockenen sitzt.«
    Vor uns tauchte ein Ortsschild auf. Ich streifte es nur mit einem flüchtigen Blick, ohne mir den schwierigen schottischen Namen zu merken. Bis zu unserem Ziel waren es noch ungefähr 20 Meilen. Ich hatte bereits die Scheinwerfer eingeschaltet. In dem Dorf brannten die Lichter.
    Niedrige, aus schwarzbraunen Natursteinen errichtete Häuser flankierten die Straße. Sie glitten an uns vorbei, ein Dorf unter vielen – dachte ich.
    In der Ortsmitte war unsere Fahrt vorläufig zu Ende. Eine Menschenansammlung versperrte die Straße. Ich trat auf die Bremse.
    »Was ist denn da los?« fragte Suko und richtete sich auf.
    Ich fuhr den Bentley an den Straßenrand und kurbelte die Seitenscheibe herunter. Trotz des Regens drängten sich die Dorfbewohner dicht an dicht. Alle starrten in dieselbe Richtung. Ich konnte nichts sehen. Die Leute versperrten mir die Sicht.
    Ich beugte mich aus dem Fenster. »Verzeihung! Können Sie mir sagen, was los ist?« fragte ich höflich den am nächsten Stehenden, erhielt jedoch keine Antwort. Der Mann war wie gebannt.
    Wir stiegen aus. Nun konnte ich über die Köpfe der Menge hinwegblicken.
    Den Platz zierte eine steinerne Gedenksäule. Auf dem Rand des kleinen Denkmals stand ein junger Mann. In dem Licht der wenigen Lampen auf dem Dorfplatz schimmerte sein Gesicht auffallend bleich. Große Augen brannten in diesem Gesicht. Der junge Mann – er war höchstens 18 – hielt eine flammende Rede.
    »Ihr werdet es alle sehen, neue Zeiten brechen an!« rief er soeben. »Die Zeichen stehen auf Sturm und Umbruch! Ihr müßt nur die Augen offenhalten, dann werdet ihr erkennen!«
    »Ein Laienprediger«, murmelte Suko. »Ich denke, solche Leute ziehen nur durch Amerika. Wußte gar nicht, daß es sie auch bei uns gibt.«
    Ich spitzte die Ohren. Bei uns herrscht Redefreiheit. Hyde Park Corner war ein weltweit bekanntes Beispiel dafür. Doch einen so jungen Redner, noch dazu hier oben in Schottland, das hatte ich noch nicht erlebt. Mir fiel auf, daß er für den kühlen, regnerischen Abend sehr leicht gekleidet war, Hemd und Hose, sonst nichts. Um den Hals trug er ein Tuch, das mich an ein behelfsmäßig geknotetes Taschentuch erinnerte.
    »Gebt acht, daß ihr nicht den richtigen Moment versäumt!« rief der junge Eiferer mit schriller Stimme. »Fenris ist mächtig! Fenris kann euch helfen, aber wenn ihr ihm Steine in den Weg legt, wird er keine Gnade kennen!«
    »Geschwätz!« rief jemand in der Menge. »Was soll der Unsinn?«
    Auch andere stimmten ein. In Sekundenschnelle war der ganze Platz in Aufruhr. Die Menschen schrien durcheinander. Die Menge geriet in Bewegung und rückte gegen das Denkmal vor.
    Ich wurde gegen den Bentley gestoßen. Eine ungeheure Aufregung hatte sich der Menge bemächtigt.
    Rasch stiegen wir in den Wagen und schlossen die Türen. »Außer Rand und Band«, murmelte ich. »Ein merkwürdiger Junge. Was hältst du von ihm?«
    Suko zuckte gleichmütig die breiten Schultern. »Wir haben schon genug am Hals, John! Fahren wir, die Straße ist wieder frei.«
    Ich warf noch einen Blick aus dem Fenster, aber von dem seltsamen Redner war nichts mehr zu sehen. Auch die Leute beruhigten sich und gingen auseinander.
    Ich hätte mich gern näher mit diesem jungen Mann beschäftigt, aber Suko hatte recht. Wir mußten ein wichtigeres Problem lösen und den seltsamen und gefährlichen Wolf aufspüren.
    Zehn Minuten später erreichten wir Rranlin, eine Kleinstadt, die nicht nur einen unaussprechlichen Namen sondern auch ein anständiges
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