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0110 - Die Geistergrotte

0110 - Die Geistergrotte

Titel: 0110 - Die Geistergrotte
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Talisman. Jetzt aber hatte er ihn so achtlos in die Schublade geworfen wie einen ausgekauten Kaugummi.
    Warum? Bill kannte die Wirkungsweise des Amuletts. Keine Frage, daß die Kräfte des Lichts, die in dem Amulett schlummerten, dem vom bösen Mächten Besessenen zu schaffen gemacht hatten und ihm deshalb daran gelegen gewesen war, sich des Talismans zu entledigen.
    Ein Gedanke kam dem Amerikaner. Als Freund hatte er die Verpflichtung, Zamorra von dem Bann des Bösen zu befreien. Und wie konnte er das besser tun als mit Hilfe des Amuletts?
    Er streckte die Hand danach aus, zögerte jedoch, es hochzunehmen. Erst mußte er eine gewisse Scheu überwinden. Die Inbesitznahme kam ihm vor wie ein Diebstahl. Schließlich aber schüttelte er die nach Lage der Dinge unsinnigen Skrupel ab und griff nach dem Amulett.
    Kühl lag es in seiner Hand, scheinbar ein antikes Schmuckstück, tatsächlich jedoch eine Quelle unfaßbarer Kräfte.
    Wo mochte Zamorra jetzt sein? Noch in der Nähe oder schon weit fort?
    Unvermutetes geschah auf einmal. Das Amulett erwärmte sich, schien seine Form zu verändern. Bill hatte den Eindruck, in einen kleinen Spiegel zu blicken. Nein, nicht in einen Spiegel. Eher auf einen winzigen Fernsehschirm. Auf dem Schirm waren Bilder zu sehen, Bilder die sich bewegten. Bill konnte einen Mann erkennen.
    Zamorra!
    Der Professor befand sich in einem geschlossenen Raum. Der Raum war primitiv eingerichtet. Es gab einen Tisch, zwei Stühle, ein Wandregal, eine verschlissene Couch. An einer Wand, die aus zusammengenagelten Brettern zu bestehen schien, hing eine überdimensionale Meerschaumpfeife. Auf dem Tisch standen eine Flasche und zwei Gläser.
    Bills Herz schlug schneller, als ihm klar wurde, was er hier sah. In diesem Raum, wo auch immer dieser war, befand sich Zamorra jetzt in diesem Augenblick. Der Amerikaner erkannte das an der braunen Samtjacke, die der Professor trug. Dieselbe Jacke hatte er auch Stunden zuvor bei seinem hinterhältigem Angriff mit dem Briefbeschwerer angehabt.
    Fasziniert blickte Bill weiter auf das Amulett, das zu einer Mattscheibe geworden war. Zamorra bückte sich gerade, hob etwas vom Boden hoch. Entsetzt begriff Fleming, daß dieses Etwas ein Mensch war, ein älterer Mann mit einer Knollennase. Und dieser Mann lebte ohne jeden Zweifel nicht mehr. Sein Kopf sah irgendwie deformiert aus, so als habe man ihm den Schädel eingeschlagen.
    Tief stöhnte der Amerikaner auf. Es bestand kaum ein Zweifel daran, daß Zamorra den Mann getötet hatte. Sein bester Freund war unter dem Einfluß des Bösen zu einem verabscheuungswürdigen, brutalen Mörder geworden.
    Das Bild verblaßte jetzt, löste sich auf, verschwand ganz. Bill hielt wieder das Amulett in der Hand, so wie er es kannte. Es hatte ihm eine Botschaft übermittelt, und nun lag alles weitere bei ihm selbst.
    »Raffael!« rief Fleming aus vollster Lunge.
    Er verließ Zamorras Arbeitszimmer und lief die breite Treppe hinunter, die in die Halle führte. Der Butler kam ihm auf halbem Weg entgegen.
    »Sie haben gerufen, Monsieur Fleming? Wenn Sie sich nach der Polizei erkundigen wollten - ich habe den Gendarmerieposten im Dorf alarmiert.«
    »Nein, nein, darum geht es mir jetzt nicht«, antwortete der Amerikaner. Und dann berichtete er, was er beobachtet hatte.
    Raffael war die Betroffenheit selbst. »Der Professor soll einen Menschen umgebracht haben? Monsieur Fleming, sind Sie ganz sicher, daß er es war?«
    »Ich fürchte, ja. Raffael, vielleicht kennen Sie diesen Mann sogar.« Fleming beschrieb dem Butler den Toten und lieferte ihm auch einen Eindruck vom Inneren des Raums, in dem sich der Mord abgespielt haben mußte.
    »Tut mir leid«, erwiderte Raffael, »dies alles sagt mir nicht viel.«
    »Diese Meerschaumpfeife an der Wand - so etwas ist nicht alltäglich. Haben Sie wirklich keine Ahnung…«
    Der Diener schüttelte den Kopf. »Ich verlasse das Château kaum, Monsieur Fleming. Aber Mademoiselle Duval, vielleicht kann sie sich erinnern!«
    Das glaubte Bill kaum. Nicole war geistig irgendwie weggetreten. Es war nicht möglich, mit ihr ein vernünftiges Wort zu sprechen. Oder sollte sich das jetzt, nachdem Zamorra nicht mehr in ihrer Nähe war, geändert haben? Vielleicht war es doch angebracht, einen neuerlichen Versuch zu unternehmen, mit ihr ins Gespräch zu kommen.
    »Okay«, sagte Fleming, »gehen wir zu Nicole.«
    Die beiden Männer machten sich auf den Weg zu dem Zimmer, in dem Zamorras Sekretärin und Freundin apathisch
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