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0110 - Die Geistergrotte

0110 - Die Geistergrotte

Titel: 0110 - Die Geistergrotte
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Ein Ruck ging durch seine kräftige Gestalt.
    »Tula Livana?«
    Lächelnd ging Nicole auf ihn zu.
    »Unta Gha Fhulan«, sagte sie, was so viel wie »Guten Morgen« bedeutete.
    Der Posten antwortete etwas, was Nicole nicht verstand. An seinem Mienenspiel erkannte Nicole jedoch, daß er wahrscheinlich seine Verwunderung ausgedrückt hatte, sie hier wie ein Nachtgespenst herumgeistern zu sehen.
    Sie stand jetzt unmittelbar vor ihm, immer noch lächelnd. Und wieder wollte sie sich das Überraschungsmoment zunutze machen. Blitzschnell ließ sie ihre rechte Hand hochfliegen, zielte mit dem Klöppel nach dem Kopf des Wächters.
    Dieser Mann reagierte jedoch schneller als seine beiden Kollegen, die sie bereits ausgeschaltet hatte. Er nahm den Kopf zurück, so daß Nicoles Schlag ins Leere ging. Während sie um ihr Gleichgewicht rang, packte der Mann ihren Arm. Sein Griff war so hart, daß Nicole den Klöppel nicht länger halten konnte. Er entglitt ihren Fingern und fiel zu Boden. Dann ließ der Posten sie wieder los.
    »Tula Livana!« Eine Stimme voller Empörung. Wahrscheinlich hinderte den Wächter nur die Scheu vor Fürst Riglandels Tochter daran, seinem Zorn freien Lauf zu lassen.
    Die Zurückhaltung des Mannes rächte sich. Plötzlich sah Nicole ihre Chance. Der Wächter stand unmittelbar vor dem Treppenabgang. Hinter ihm ging es ziemlich steil in die Tiefe.
    Ansatzlos trat Nicole zu, traf den Wächter voll am Schienbein. Der Getroffene stieß einen unterdrückten Schmerzenslaut aus und fing an zu hüpfen. Da kam Nicoles nächste Attacke. Sie hatte in Paris einige Karatestunden genommen und die gelernten Lektionen nicht vergessen. Mit einer gekonnten Fußsichel zog sie dem Gegner das Standbein weg. Verzweifelt versuchte der Mann, sich zu halten. Aber so wild er auch mit den Armen ruderte, er schaffte es nicht. Rücklings kippte er weg, schlug auf den Treppenstufen auf und rutschte die Treppe mehrere Meter weit hinunter. In verkrümmter Haltung blieb er schließlich liegen, ohne sich zu bewegen.
    Sofort war Nicole bei ihm. Sie registrierte eine blutende Kopfwunde und tiefe Bewußtlosigkeit. Es sah ganz so aus, als ob sie ein weiteres Hindernis auf ihrem Weg zu Zamorra erfolgreich aus dem Weg geräumt hatte.
    Ein paar Augenblicke blieb sie angespannt lauschend stehen. Niemand kam. Anscheinend war das Intermezzo ungehört über die Bühne gegangen.
    Aufatmend stieg Nicole die steile Wendeltreppe hinab, erreichte die Kellersohle. Hier konnte von Luxus keine Rede mehr sein. Kalte, nackte Steinwände, aus wuchtigen Quadern zusammengesetzt und weitgehend unverputzt, umgaben sie. Die Luft war kühl und roch auch etwas modrig, öllampen gab es nicht. Nur einige Fackeln an den Wänden sorgten für eine schwache, flackernde Beleuchtung.
    Nicole orientierte sich. Dort entlang ging es zur Folterkammer. Folglich mußten die Verliese der Gefangenen in der entgegengesetzten Richtung liegen.
    Sie marschierte los. Ihre Sandalen klapperten leicht auf dem Steinboden. Deshalb blieb sie stehen, zog das Schuhwerk aus und ließ es liegen. Dann ging sie weiter.
    Auf einmal hörte sie Stimmen. Ein Mann fluchte, ein anderer lachte heiser. Ein Stück von ihr entfernt fiel Lichtschein aus einem Raum.
    Nicole verhielt ihren Schritt, zögerte, bewegte sich dann auf Zehenspitzen weiter vorwärts. Jetzt gleich hatte sie die offene Tür, durch die das Licht in den Gang drang, erreicht. Wieder blieb sie stehen und lauschte. In diesem Raum befanden sich mindestens drei Männer, Gefangenenwärter vermutlich, die sich irgendwie die Zeit vertrieben.
    Zu ihrer Betrübnis stellte sie fest, daß sie den Klöppel auf der Treppe liegengelassen hatte. Ärgerlich biß sie sich auf die Lippen, griff dann nach einem der beiden Dolche. Als sie ihn aus dem Gürtel zog, stieß sie mit der Klinge gegen eine vergoldete Schnalle. Es gab ein leises klirrendes Geräusch.
    So schwach dieses Klirren auch gewesen war, die Männer schienen es doch gehört zu haben. Schlagartig wurde es still in dem Raum. Dann hörte Nicole, wie ein Stuhl zurückgestoßen wurde. Polternde Schritte näherten sich dem Gang. Und schon trat ein Mann nach draußen.
    »Tula Livana!«
    Dies alles hatte sie vor ein paar Minuten schon einmal erlebt. Ein völlig überraschter Wächter, der unentschlossen dastand und sie anstarrte.
    Nicole hatte den Dolch beim Auftauchen des Mannes instinktiv auf dem Rücken verborgen. Und genauso instinktiv ließ sie ihn jetzt wieder nach vorne zucken.
    Erschrocken sprang
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