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011 - Die Amazonen von Berlin

011 - Die Amazonen von Berlin

Titel: 011 - Die Amazonen von Berlin
Autoren: Claudia Kern
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waren.
    In Sorbans Stamm hatten Männer und Frauen friedlich zusammengelebt. Natürlich gab es Reibereien, aber die entzündeten sich an Meinungsverschiedenheiten, nicht an der Geschlechterfrage. Allerdings musste Aruula zugeben, dass sie als Lauscherin eine Sonderstellung in der Horde eingenommen hatte und sich mehr erlauben konnte als die anderen Frauen. Das war auch der Grund, weshalb der Häuptling sie nicht gedrängt hatte, einen Mann zu wählen, obwohl sie das gebärfähige Alter schon längst erreicht hatte.
    Die meisten Frauen, die mit den Nomaden durch die Wildnis zogen, waren fast durchgehend schwanger - bis sie starben oder zu alt wurden.
    Aruula hatte sich stets vor diesem Schicksal gefürchtet, aber sie akzeptierte, dass das Überleben des Stammes wichtiger als das eigene Wohlergehen war. Trotzdem war sie froh, der Vermählung mit dem Häuptlingssohn durch die Ankunft Maddrax' entgangen zu sein.
    »Es ist nicht natürlich«, sagte sie schließlich, »dass Männer und Frauen voneinander getrennt leben. Was für eine Göttin ist Qadra, dass sie das von euch verlangt?«
    Sie hatte damit gerechnet, dass ihre Bemerkung die Kriegerinnen provozieren würde, aber die Beiden lächelten nur.
    »Qadra hat uns befreit«, sagte Barah. »Als wir schon jede Hoffnung verloren hatten, schickte sie uns ein Zeichen.«
    Es war Aruula recht, dass die Frawe ihre Frage zum Anlass nahm, die Geschichte ihres Stammes zu erzählen.
    Das lenkte sie von ihrer Gefangenen und deren Bemühungen ab, die Fesseln zu lösen.
    Von Barah erfuhr Aruula, dass die Frawen und die Menen einst der gleiche Stamm waren.
    Die Männer hielten ihre Frauen wie Tiere. Eine seltsame Krankheit grassierte unter ihnen und sorgte dafür, dass mehr und mehr Kinder mit körperlichen oder geistigen Schäden zur Welt kamen. Niemand wusste, woran das lag, aber man vermutete, es sei eine Strafe der Götter - nur für was der Stamm bestraft wurde, konnten auch die Heiligen Männer nicht sagen.
    Der Häuptling hingegen verkündete, die Frauen seien schuld; sie würden absichtlich kranke Kinder austragen, um ihre Männer zu verhöhnen. Und so beschloss er, von nun an jede Frau zu töten, die ein solches Kind zur Welt brachte.
    Aruula schauderte bei dem Gedanken, in welcher Angst die Frauen des Stammes gelebt haben mussten. Aber es schien, als habe der Häuptling schon bald die göttliche Quittung für seine Taten bekommen. Der Stamm hatte sein Sommerlager unter einem riesigen steinernen Tor aufgeschlagen, über das die Heiligen Männer sagten, es markiere den Weg der Götter und sei daher ein guter Ort zum Leben. Matt hätte ihnen sagen können, dass es sich um das Brandenburger Tor handelte, dessen Ursprung alles andere als göttlich war.
    In der Nacht wurde der Stamm von einem entsetzlichen Geräusch geweckt. Im Feuerschein sahen sie, dass der Häuptling von der goldenen Statue, die auf dem Tor thronte, erschlagen worden war. Einer der Pferdeköpfe hatte seinen eigenen Kopf zermalmt. Wie durch ein Wunder blieb seine unter ihm liegende Hauptfrau unverletzt und gebar bald darauf ein gesundes Mädchen.
    Die Frauen werteten dies als Zeichen, dass eine neue Göttin erschienen war, um sie zu schützen und ihnen zu helfen. Heimlich beteten sie zu der goldenen Statue. In der nächsten Nacht hatte eine von ihnen eine Vision. Sie träumte, die Frau auf dem Flügelwagen würde sich aus ihrer Starre lösen und davon reiten.
    Die Botschaft war klar. Noch am selben Abend machten sie die Männer mit gegorenen Trauben betrunken und flohen in die Wälder. Wochenlang zogen sie umher, verfolgt von der Furcht, die Männer könnten sie finden. Ihr Schicksal wendete sich, als sie die Riesenkatzen entdeckten. Da sie glaubten, die Tiere wären von der Göttin geschickt worden, traten sie ihnen ohne Furcht entgegen - und das Wunder geschah: Die wilden Tiere verschonten die Frauen und ließen sie neben sich leben und jagen.
    Das kleine Mädchen wuchs schneller heran als die anderen Kinder. Auch seine Auffassungsgabe war höher. Schon nach einem halben Jahr begann es zu sprechen, und seiner großen Weisheit wegen nannten die Frawen es
    »Mutter«.
    »Dann kehrten wir zurück«, beendete Barah ihre Geschichte. »Wir kamen über die Menen wie der Sturm. Sie flohen und verbargen sich in den Trümmern. Wir brachten die Statue Qadras in unser Lager, wo wir ihr noch heute Dank erweisen. Du siehst also, was für eine mächtige Göttin Qadra ist. Es wäre nicht gut, sich ihr zu widersetzen.«
    Die
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