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0095 - Yama, der Totengott

0095 - Yama, der Totengott

Titel: 0095 - Yama, der Totengott
Autoren: Hans Wolf Sommer
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vergebliche Reise.«
    Zamorra hob die Augenbrauen. »Vergebliche Reise?«, echote er. »Man hat uns gesagt, dass die Frau, die wir suchen, sich hier im Lande befindet. In der Gewalt des Bon-po.«
    »Das entspricht den Tatsachen. Wir haben das Orakel befragt. Unser Meister und die Frau werden im Großen Kloster der Dämonenpriester gefangengehalten.«
    »Sie leben noch?«
    »Ja, sie leben noch.«
    Erleichtert atmete der Professor auf. Auch Bill stieß hörbar die Luft aus. Nicole lebte, das war erst einmal die Hauptsache. Und was alles weitere anging…
    »Wir werden zu diesem Großen Kloster des Bon-po gehen und sie herausholen«, sagte Zamorra entschlossen.
    Der Geshe schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich«, antwortete er. »Das Große Kloster der Bon-po wird von mächtigen Dämonen geschützt. Nur ein Meister, der den zwölften Tschöd-Grad erworben hat, ist in der Lage, in die Festung der blutigen Mönche einzudringen.«
    Zamorra überlegte nur kurz. »Dann werde ich den zwölften Tschöd-Grad erwerben!«, sagte er mit fester Stimme.
    Diese Ankündigung veranlasste den Geshe beinahe von seiner Bank hochzufahren. Auch Blo, der Dolmetscher, stand wie vom Donner gerührt.
    »Du weißt nicht, was du sagst, Fremder!«, stieß, der Geshe hervor. »Du würdest nicht einmal, die erste Tschad-Prüfung bestehen.«
    »Ich glaube doch«, entgegnete der Professor einfach.
    »So beweise es!«
    Der Geshe verfiel für Sekunden in einen tranceähnlichen Zustand. Seine Augen wurden glasig, wie in eine weite, weite Ferne gerichtet.
    Im Rücken Zamorras, ertönte auf einmal ein Rascheln. Blitzartig fuhr er herum.
    Er sah zwei Ratten, große, hässliche Tiere mit pfeilspitzen Schneidezähnen. Das schmutziggraue Fell der widerwärtigen Nager sträubte sich, als sie gleichzeitig auf ihn losstürmten.
    Der Professor sprang von der Bank hoch. Instinktiv trat er nach den Ratten, die jetzt nach seinen Beinen schnappten. Diese Abwehrmaßnahme erwies sich als vergeblich. Zwar traf er eine der kleinen Bestien voll, aber diese ließ sich dadurch in keiner Weise beeindrucken. Beide Ratten schlugen ihre bösartigen Zähne in seinen Unterschenkel.
    Ein höllischer Schmerz durchzuckte den Professor. Glühende Nadeln schienen in sein Fleisch einzudringen.
    Er begriff sofort. Dies waren keine normalen Ratten, sondern Dämonen der untersten Stufe, die der Geshe mit Hilfe seiner magischen Fähigkeiten auf ihn angesetzt hatte.
    Zamorra wusste, was er zu tun hatte. Den grausamen Schmerz ignorierend, fuhr er mit der Hand zum Hals und griff nach dem Amulett. Dann beugte er sich nieder und drückte den Talisman gegen die Körper der dämonischen Ratten, die sich fest in seinem Bein verbissen hatten.
    Ein Blitz, ein Knall… Die Ratten verschwanden so spurlos wie die Schlange, die Blo im Hotel Gotham auf ihn und Bill losgelassen hatte, Gelassen legte sich der Professor das Goldkettchen mit dem Amulett wieder um den Hals. Dann blickte er den hohen Lama ganz ruhig an.
    »Habe ich damit die erste Tschöd-Prüfung bestanden?«, fragte er mit einem leichten Lächeln.
    »Ja«, sagte der Geshe, »du hast die erste Prüfung bestanden. Aber dazu gehört nicht viel. Jeder Bruder hier im Kloster hat mindestens zwei Tschöd-Grade erworben.«
    »Ich werde auch den zwölften Grad erwerben«, wiederholte Zamorra sein Versprechen von vorhin.
    Der hohe Lama glaubte es ihm nicht. »Seit Hunderten von Jahren ist dies außer dem Meister niemandem gelungen. Auch dir wird es nicht gelingen. Du wirst scheitern wie alle anderen vor dir. Ich werde dir einen Bruder zeigen, der vergeblich versucht hat, die zwölfte Prüfung abzulegen.«
    Nach diesen Worten schlug der Geshe gegen einen Gong. Sofort erschien im Eingang der Meditationszelle ein Lama, der sich diensteifrig verbeugte.
    »Bring Blo-lugs-pa zu mir«, befahl der Geshe. Zamorra verstand ihn, auch ohne dass der Dolmetscher übersetzte.
    Wenig später kam der weggeschickte Lama in Begleitung eines zweiten Mönchs zurück. Beide stützten einen fast nackten Mann, der erschreckend aussah.
    Er war schon alt, dieser Mann, ein Greis fast. Wahnsinn flackerte in seinen Augen. Unentwegt wurde sein Gesicht von wilden Zuckungen entstellt. Speichel floss ihm aus dem Mund, ohne dass er es zu merken schien. Sein ganzer Körper war über und über mit blutigen Kratzwunden übersät. Die ebenfalls blutigen Fingernägel verrieten, dass er sich die grausamen Verletzungen selbst beigebracht zu haben schien.
    »Das ist Blo-lugs-pa, Träger
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