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0092 - Das Testament des Detektivs

0092 - Das Testament des Detektivs

Titel: 0092 - Das Testament des Detektivs
Autoren: Das Testament des Detektivs
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mehr oder weniger unbekannten Namen, von denen ich manche vom Hörensagen kannte, war mir einer erst in den letzten Tagen begegnet: Mr. Richard Buckley aus New York. Ich bat sofort, man möge mich bei den Mahlzeiten an seinen Tisch setzen.
    Gewiß, es mußte ein Zufall sein. Bestimmt waren es Geschäfte, weswegen Mr. Buckley aus New York die Stadt auf der »Brasiliana« verließ. Aber während ich etwas blaß im Gesicht auf meiner Koje lag, wuchs in mir die Überzeugung, Mr. Buckley könnte mir Auskünfte über den Henker geben, die er bisher verschwiegen hatte. Ich stand auf und betrachtete die graue Gischt der Meereswogen durch das Bullauge. Er hat uns nichts verschwiegen, dachte ich, denn wir haben ihn nach nichts gefragt. Mit einem Mal stand die Figur des ermordeten Defektives vor mir, der uns den Namen Learchs auf dem Band hatte mitteilen wollen, aber daran gehindert wurde. Da wurde mir auch klar, was sein Testament bedeutete: Es ist zu gefährlich, einen Namen oder auch nur einen Hinweis aufzuschreiben. Deshalb steht in meinem Testament nichts, was verfänglich erscheinen könnte. Aber der Mann, der es aufbewahrt, kann euch Auskünfte geben. Er kann über den Henker berichten. So ungefähr mußten die Gedanken Sattleboocks gewesen sein, als er sein Testament abfaßte und bei Buckley hinterlegte. Aber warum schwieg Buckley?
    Dafür gab es eine ganz einfache Erklärung: Er hatte Angst. Er wußte um die Rache des Henkers. Gerade der Tod Sattleboocks mußte ihn deutlich gewarnt haben.
    Solche und ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf. Ich konnte es kaum erwarten, bis ich das erste gemeinsame Mahl mit Buckley einnehmen und mit ihm ins Gespräch kommen würde. Aber ich wurde enttäuscht. Die ersten zwei Tage war ich der einzige Gast, der den Speisesaal aufsuchte. Alle anderen zogen es bei dieser Witterung vor, in den Kabinen zu speisen, wenn sie überhaupt etwas zu sich nahmen. Nur Mr. Murry alias Candler entdeckte ich, als er half, die Speisen, die doch nicht verzehrt wurden, in den Saal zu tragen.
    Dann besserte sich das Wetter, und mit der Sonne kamen auch die Passagiere aus ihren Kabinen.
    Ich stand, in eine dicke Jacke gehüllt, an der Reling, als sich mir eine Hand auf die Schulter legte. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht Mr. Buckleys.
    »Hallo, Mr. Buckley«, grüßte ich lächelnd, »habe schon gehört, daß Sie unter den Passagieren sind.«
    »Einem G-man bleibt eben nichts verborgen.« Er lachte und drückte mir die Hand.
    »Sagen Sie das nicht«, erwiderte ich. »Es gibt vieles, was ich nicht weiß und brennend gern wissen möchte.«
    »Manchmal ist es besser, nicht zuviel zu wissen«, meinte Buckley. »Denken Sie an den armen Sattleboock und seinen Tod.«
    »Glauben Sie denn wirklich, daß er zu viel wußte?« fragte ich.
    »Sicher«, erwiderte Buckley, »sonst hätte er doch nicht sterben müssen.«
    Es war ziemlich frisch draußen, und so forderte ich Buckley auf, zu einem Glas Whisky mit an die Bar zu kommen. Er folgte gern meiner Einladung. Wir saßen bis spät in die Nacht zusammen und sprachen über Sattleboock, den Henker und was alles damit Zusammenhang. Ich erzählte ihm, daß der Henker, ein Mr. Learch, verbrannt sei, und daß wir nun anderen Gangstern auf der Spur seien. Aber Buckley bezweifelte, daß der Henker wirklich tot sei.
    »So glauben Sie nicht, daß Mr. Learch tot ist?« fragte ich ihn gespannt.
    »Mag sein, daß er tot ist, aber ob mit ihm auch der Henker tot ist, das ist eine andere Frage«, war seine Antwort.
    »Sie glauben also nicht an die Identität des Henkers mit Learch?« fragte ich.
    Buckley lachte.
    »Das klingt ja fast wie ein Verhör«, erwiderte er. Ich entschuldigte mich und sagte, mein Interesse an dem Fall sei so groß, daß ich am liebsten jeden Menschen, der mir über den Weg liefe, verhören würde. Dann breitete ich ihm eine Theorie aus, nach der Candler der Henker war, stellte sie aber sogleich wieder in Frage.
    »Wer ist dieser Candler?« erkundigte er sich.
    »Ein ehemaliger Mitarbeiter des Henkers. Nach einigen Jahren Zuchthaus befreit worden und arbeitet jetzt angeblich für einen Rivalen des Henkers.«
    »Und wer ist dieser Rivale des Henkers?« wollte Buckley wissen, »Darüber wissen wir selbst überhaupt nichts«, mußte ich gestehen.
    »Sie wissen also gar nichts, keinen Namen, kein Kennzeichen, keinen Wohnort, nichts?« forschte Buckley.
    »Nichts, absolut nichts«, gab ich zu. »Der Mann ist bis heute für uns wie Luft. Vielleicht gibt
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