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0090 - Satans Doppelgänger

0090 - Satans Doppelgänger

Titel: 0090 - Satans Doppelgänger
Autoren: Hans Wolf Sommer
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stand.
    »Spürst du irgend etwas, Nicole?« fragte er flüsternd. »Hast du irgendein komisches Gefühl?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nicht anders als draußen auf der Straße. Ist etwas mit diesem Spiegel, Chef? Das Glas sieht doch so… alltäglich aus.«
    Aber dann auf einmal sah das Glas nicht mehr alltäglich aus, ganz und gar nicht.
    Chris Stigwood, der die ganze Zeit wie unbeteiligt neben Zamorra ausgeharrt hatte, ließ plötzlich seinen rechten Fuß nach vorne fliegen. Sein Schuh krachte voll in die Glasfüllung des Spiegels, die in tausend Stücke zersprang.
    Darunter kam eine zweite Spiegelfläche zum Vorschein. Und diese war nicht matt, zerkratzt und mit blinden Flecken übersät.
    Strahlender Silberglanz brach aus dem Spiegel hervor.
    ***
    Unwillkürlich schlossen Professor Zamorra und Nicole Duval die Augen.
    Zamorra hatte die Empfindung, von Sekundenbruchteil zu Sekundenbruchteil aus dunkler Nacht in gleißendes Sonnenlicht versetzt worden zu sein. Selbst durch die geschlossenen Lider drang die Lichtorgie auf ihn ein. Gleichzeitig war ihm, als befände er sich nicht mehr in einem Geschäftslokal in Greenwich Village, sondern am Fuße eines Eisgletschers am Nordpol. Eine brutale Kältewelle schlug über ihm zusammen.
    Aber er war nicht der Mann, der die Augen vor dem Unheimlichen verschloß. Sofort schlug er sie wieder auf.
    Das strahlende Inferno hatte seinen Höhepunkt überschritten. Das Licht verlor an Glanz, wurde blasser. Wolken huschten über die Oberfläche des Spiegels, neblige Schemen. Zamorra fühlte sich an einen Rorschach-Test erinnert, bei dem es galt, aus einem Gewirr von Farben und Formen etwas Bildhaftes herauszufinden. Ein paarmal glaubte er, Figuren erkennen zu können, Menschen oder Tiere. Aber es schien nur so. Die Konturen blieben zu verschwommen, um einen konkreten Eindruck zu hinterlassen.
    Dann, ganz plötzlich, als sei ein Film gerissen, hörte alles auf. Das Wolkenkonglomerat strebte einem gemeinsamen Mittelpunkt zu, verschwand. Normales Spiegelglas blieb zurück. Auch die eisige Kälte machte wieder der gewohnten Zimmertemperatur Platz.
    Zamorra machte eine weitere Feststellung, eine Feststellung, die ihn zutiefst entsetzte.
    Sein Amulett hatte seine Kraft verloren!
    Da war kein Brennen mehr in seiner Hand, kein Leuchten. Als er die Hand öffnete, hatte er nichts anderes vor Augen als einen stumpfaussehenden, toten Gegenstand.
    Die unheilige Lichtkraft, die in dem Spiegel wirksam geworden war, schien die Kraft seines Amuletts vernichtet zu haben. Das war ein ungeheuerlicher Vorgang, denn bisher hatte sich so etwas noch nie ereignet.
    Aber noch nicht genug der Überraschungen. Die größte stand ihm noch bevor.
    Auf einmal sah er in dem Spiegel eine Männergestalt, im Hintergrund des Geschäfts. Nein, es waren sogar zwei Gestalten. Da schob sich noch eine Frau ins Blickfeld.
    Zamorra wirbelte herum.
    Und erstarrte.
    Er sah sich selbst!
    Der Mann, der dort stand, war ein exaktes Ebenbild seiner selbst. Professor Zamorra, wie er leibte und lebte. Jede Nuance stimmte. Jedes kleine Fältchen im Gesicht saß genau an der richtigen Stelle. Jeder kleine Blutstropfen, der durch die Binde an seiner verletzten Hand gedrungen war, war auch durch die Handbinde des Mannes dort drüben gedrungen. Die Kette seines Amuletts war mit der Amulettkette des anderen identisch.
    Und die Frau neben dem Unheimlichen?
    Ein exaktes Ebenbild von Nicole, der Nicole die mit angstverzerrtem Gesicht und riesig geweiteten Augen hinüberstarrte und sich jetzt hilfesuchend an ihn klammerte.
    »Chef!«
    Nicoles erstickter Ausruf weckte ihn aus seiner Erstarrung auf.
    Doppelgänger!
    Der Spiegel hatte Doppelgänger von ihm und Nicole erschaffen.
    Und natürlich nicht nur von ihm und seiner Freundin. Auch von Bill Fleming und… Chris Stigwood.
    Der Bill, der den Mordanschlag auf ihn unternommen hatte, war doch nicht der richtige Bill gewesen, sondern sein Doppelgänger.
    Und der Chris Stigwood, der dort seitlich von ihm stand, mit einem zynischen Grinsen auf dem Gesicht, war ebenfalls nur ein Doppelgänger.
    »Hallo Bruder«, sagte der falsche Zamorra.
    Der Professor sah ihn lächeln, lächeln, wie er selbst zu lächeln pflegte. Nein, doch nicht. In dem Lächeln des anderen lag etwas Böses, etwas Gemeines, das ihm selbst fremd war.
    Sofort wurde ihm klar, wo der grundlegende Unterschied zwischen ihm und seinem Doppelgänger lag. Die Lebenskraft, die in dem anderen steckte, wurde von
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