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0089 - Die Werwolf-Insel

0089 - Die Werwolf-Insel

Titel: 0089 - Die Werwolf-Insel
Autoren: Jason Dark
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eisgraue Schnurrbart unter der gebogenen Nase zitterte, die Unterlippe stand um eine Winzigkeit vor, und die Augen erinnerten an farblose Kieselsteine.
    Die Uniform saß exakt. Einige Orden blinkten an der schmalen Brust wie Spiegel. Die Haltung war straff und kerzengerade. Nur der fast kahle Schädel wollte nicht so recht zu der äußeren Erscheinung passen.
    Sonst wäre Commander Bruce Stafford ein Offizier aus dem Bilderbuch gewesen.
    »Schließen Sie die Tür«, sagte er zur Begrüßung, als Bill Conolly über die Schwelle trat.
    »Gern, Mr. Stafford!«
    Bill sagte bewußt Mister und nicht Commander oder Sir. Er wollte die Fronten direkt abstecken.
    Der Commander räusperte sich. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie mich mit meinem Dienstgrad oder Sir anredeten?«
    Bill hob die Schultern. »Ich bin nicht Ihr Untergebener.«
    »Aber Sie unterstehen meinem Dienstbereich und somit meiner Befehlsgewalt, Mr. Conolly. Außerdem habe ich Sie nicht herbestellt. Sie werden von mir nur geduldet.«
    »Ist das wahr?« Bill stöhnte. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen, obwohl ihm Stafford keinen Platz angeboten hatte. »Ihre vorgesetzte Dienststelle redete da ganz anders. Man sagte mir, daß Sie mir bei meinen Recherchen sehr behilflich sein würden.«
    »Sofern Sie sich an die Spielregeln halten, stimme ich Ihnen zu, Mr. Conolly.«
    »Und diese Spielregeln wären?« fragte Bill. Er holte seine Zigaretten hervor und klopfte ein Stäbchen aus der Packung.
    »Ich bin Nichtraucher!« knurrte Stafford.
    »Sorry.« Bill steckte die Packung wieder weg.
    »Die Spielregeln sind folgende«, erklärte der Commander, beugte sich dabei vor und stützte beide Hände auf die Platte seines Schreibtisches. »Sie können sich hier frei bewegen, Mr. Conolly, dürfen aber nichts unternehmen, bevor ich Ihnen nicht meine Zustimmung erteilt habe. Das bezieht sich besonders auf Ihre Fotografiererei.« Er deutete auf Bills Kameras.
    »Das heißt, ich darf keine Bilder schießen?« erkundigte sich Bill lauernd.
    »Ich werde die Motive vorher genehmigen.«
    Bill nickte. Dann fragte er: »Wissen Sie, zu welchem Land diese Insel hier gehört?«
    »Zu Großbritannien selbstverständlich.«
    »Richtig, Commander. Dann ist Ihnen sicherlich bekannt, daß wir stolz auf unsere Demokratie sind. Uns ist die Pressefreiheit heilig. Was Sie hier versuchen, ist eine Beschneidung dieser Grundfreiheit, ein regelrechter Einschnitt in unser demokratisches System.«
    Commander Stafford war rot angelaufen. So hatte in den letzten Jahren noch niemand mit ihm geredet. »Sie brauchen mich nicht zu belehren. Sie nicht!«
    »Dann handeln Sie den demokratischen Gesetzen entsprechend!« erwiderte Bill hart. »Und das möchte ich gleich hier ausprobieren. Ist es gestattet, von Ihnen eine Aufnahme zu schießen, Commander?«
    Stafford nickte. Doch zuvor setzte er sich seine Mütze auf.
    Bill mußte grinsen, als er das sah. Er schaute durch den Sucher, hatte Stafford gut im Bild und drückte auf den Auslöser. »Danke, Sir, das war ausgezeichnet. Ich weiß gar nicht, weshalb Sie sich so aufgeregt haben. Läuft doch alles bestens.«
    Der Commander setzte sich endlich. Er nahm seine Mütze wieder ab und fixierte Bill aus kalten Augen. »Was haben Sie vor, Mr. Conolly?«
    »Nun, ich schreibe einen Bericht für eine große Illustrierte, und ich möchte diese Geschichte so lebensecht wie möglich an unsere Leser bringen.«
    »Erklären Sie das!«
    »Ich bin dabei, Commander. Unter lebensecht verstehe ich Action. Ich will den Alltag der Soldaten aufnehmen. Sie beim Kampf fotografieren, aber auch draußen im Gelände, während der Härteausbildung. Ich möchte sie schießen sehen und ihre Meinungen hören. Ich will auch in der Kantine dabei sein, wenn es die großen Saufabende gibt. Das ist alles, Commander.«
    »Bei uns in der Kantine gibt es keine Saufabende!« erwiderte Bruce Stafford scharf.
    »Dann wäre dies hier die einzige Armee der Welt, in der so etwas nicht geschieht.«
    »Hier wird gearbeitet, Mr. Conolly!«
    Bill lächelte. »Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen. Deshalb brauche ich Ihre Erlaubnis, um mich innerhalb des Lagers frei bewegen und umsehen zu können.«
    »Ich werde dabei sein!«
    Bill Conolly lachte. »Sie wollen auf mich aufpassen?«
    »Die Vorschriften wollen es so.«
    »Natürlich, die Ausrede ist immer gut.« Bill sah, wie der Commander rot anlief und schwenkte blitzschnell um zu einem anderen Thema. »Da ist mir etwas aufgefallen,
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