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008 - Im Bann der Hexe

008 - Im Bann der Hexe

Titel: 008 - Im Bann der Hexe
Autoren: Gimone Hall
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ab.
    „Wer sind Sie denn?“ fragte Beth.
    „Manche halten mich für einen Kobold, andere für einen Dämon. Hat Ihnen denn niemand von mir erzählt? Ich wurde in der Wiege vertauscht.“
    „Vertauscht?“
    „Von einer bösen Fee“, krächzte er. „Ich wurde anstelle eines hübschen Kindes zurückgelassen, das die Fee gestohlen hat, während es schlief.“
    „Lächerlich! Das glauben Sie doch wohl selbst nicht.“
    Beth wurde ungeduldig.
    „Meine eigene Mutter sagt es. Als sie zurückkam und sah, dass die Milch auf dem Küchentisch sauer geworden war, wusste sie, dass die böse Fee da gewesen war. Und das Baby in der Wiege war nicht das, das sie geboren hatte.“
    Während Beth noch versuchte, diese Geschichte zu verdauen, fragte er: „Brauchen Sie einen guten Besen? Es gibt nichts Besseres für den Küchenboden.“
    Er war also ein Besenbinder. Deshalb das Reisig, von dem er einen Teil bereits mit Weidenzweigen zusammengebunden hatte.
    Beth öffnete ihre Tasche und gab ihm viel zuviel Geld für eines der struppigen Bündel. Dann schlüpfte sie an ihm vorbei, um aus dem Tempel herauszukommen.
    „Ein guter Besen, Frau“, hörte sie ihn noch hinter sich herrufen. „Solche Besen benutzen Hexen!“
    Sobald sie außer Sichtweite war, warf sie den Reisigbesen fort und fing an zu laufen, bis sie außer Atem war.
    Vor dem Haus sah sie den Hillman stehen. Peter war da. Sie riss die Tür auf und warf sich in seine Arme. Er hielt sie fest umschlungen, während sie heraussprudelte, dass sie ihn in der Ruine gesucht und statt seiner den Besenbinder getroffen hatte.
    Lachend küsste er sie aufs Haar.
    „Ich hatte mit dem blöden Wagen eine Reifenpanne und musste ins Dorf“, berichtete er und küsste sie auf den Mund.
    Dann wurde der Tag wieder schön, und eine Weile war alles so, wie es sein sollte.
    Nach den Flitterwochen brachte Peter sie heim nach Massachusetts, in ein solides viktorianisches Haus mit einem Giebeldach und allen möglichen überflüssigen Verzierungen. Zum Grundstück gehörten mehrere Morgen Land mit Birken, Ahorn- und Kirschbäumen. Das Mobiliar war ein Sammelsurium ziemlich altmodischer Klamotten: eine Couch, ein lackierter Korbstuhl, dunkle dünnbeinige Tischchen und große Teppiche mit verblichenen Rosenmustern. Vor den Fenstern hingen weiße Wolkenstores, richtige Staubfänger, und im Wohnzimmer sahen aus einem schweren Doppelrahmen Peters Eltern finster herab. Die beiden Augenpaare schienen ihr durchs Zimmer zu folgen und sie wegen irgendetwas anzuklagen. Es ärgerte sie, dass die Bilder ihr ein unbestimmtes Schuldgefühl einflößten, obgleich sie doch nichts getan hatte, und sie hätte die Fotografien gern auf den Dachboden verbannt. Aber die Entfernung der Porträts war eine heikle Angelegenheit, und obgleich sie Peter noch mehr zu bedrücken schienen als sie, ließ er sie, wo sie waren. Er zeigte sich auch allen ihren Vorschlägen, das Haus neu einzurichten, unzugänglich.
    Ihre Beziehungen waren merkwürdigen Schwankungen unterlegen. Zeitweise schien er ihr völlig zu vertrauen und war zärtlich und liebevoll, dann zog er sich wieder in sich selbst zurück, und alles war grau in grau.
    Eines Tages hatte sie ihn dazu überredet, einen Weg einzuschlagen, den er noch nie zuvor mit ihr gegangen war. Er wanderte unlustig hinter ihr her, als Beth zu einer Rotbuche mit einem merkwürdig verbogenen Stamm kam.
    „Peter“, rief sie, um ihn etwas anzutreiben, „sieh nur die Buche! Ist sie nicht eigenartig schön?“
    Er trat neben sie. Selbst in dem hellen Sonnenlicht war sein Gesicht sehr blass.
    „Hier ist meine Kusine verunglückt“, sagte er. „Das Pferd ist gegen den Baum gerannt, als es sie abwarf. Der Baum war damals noch sehr jung und hat sich nie wieder aufgerichtet.“
    Ein paar Minuten gingen sie schweigend weiter, dann sagte er, immer noch in Gedanken versunken: „Es war mein Pferd, und ich hätte es ihr nicht leihen sollen.“
    Den Rest des Nachmittags verbrachte er in seiner Dunkelkammer unten im Keller, während Beth oben im Wohnzimmer auf ihn wartete. Er hasste dieses Haus ebenso wie sie. Warum lebten sie hier? Warum blieben sie da? Sie wäre gern nach New York zurückgekehrt, aber sie wagte nicht, ihm dies vorzuschlagen.
    Schließlich ergriff sie hinsichtlich der Porträts die Initiative. Es war während ihrer ersten Schwangerschaft, als sie eines Nachts entschlossen sagte: „Ich werde diese Bilder im Wohnzimmer abnehmen. Sie deprimieren mich. Wahrscheinlich liegt es an
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