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0077 - Das Phantom der Insel

0077 - Das Phantom der Insel

Titel: 0077 - Das Phantom der Insel
Autoren: Dieter Saupe
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dabei.
    »Gefährlich? Warum?« fragte er.
    »Was du tust, ist Erregung öffentlichen Ärgernisses, großer Meister. Zumindest für die Leute hier.«
    »Das kümmert mich nicht. Hauptsache, daß es für uns selbst kein Ärgernis ist.«
    »Im Gegenteil«, sagte Nicole, umarmte ihn nochmals, stieg in ihren Wagen und brauste davon.
    ***
    Zamorra sah auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis Mittag.
    Er rechnete schnell. Er wollte zum Ziel kommen. Es war nicht damit zu rechnen, daß Lo Sardo jetzt auftauchen würde. Nicht hier, nicht in einer der Städte, nicht bei dem Griechen Melaos.
    Der Professor entschloß sich sofort.
    Er stieg in den Wagen, nahm sich eines der Bücher vor, die sie in der Höhle des Dämons gefunden hatten.
    Er hatte die Stelle schnell wiedergefunden.
    »Im Schutze der Mittagssonne«, stand da gedruckt. Im Schutze der blendenden Sonnenstrahlen waren sie an Land gegangen. Eine Schar verwegener Griechen. An der Küste vor Bari Sardo. Im achtzehnten Jahrhundert.
    Und einer der Sarden wurde als kühner Draufgänger bezeichnet.
    Mit einem kleinen Häuflein unerschrockener Männer war er dem Gemetzel am Strand entkommen. Hatte ein Dutzend der griechischen Angreifer in Gefangenschaft genommen, sie in den alten Torre gesetzt, den Festungsturm.
    Und er hatte Rache geschworen, Rache für jeden einzelnen seiner Leute, die bei dem Ansturm der Griechen gefallen waren.
    »Rache bis zum Ende aller Zeiten!« hatte er ausgerufen.
    Das war der Urgeist, der heute noch in Lo Sardo schlummerte und jetzt zum Ausbruch kam.
    Zamorra wollte wissen, wer hinter diesem ehemaligen Lo Sardo steckte. Nie war sein richtiger Name in den Büchern erwähnt. Auf der Insel war er der Schutz- und Rachegeist geworden. Der Dämon Lo Sardo, der Sardinien verteidigen konnte. Nur er allein.
    Zamorra gab Gas. Er hatte sich ausgerechnet, daß er zur Mittagszeit in Bari Sardo sein konnte. Er wollte den Mann sehen, den sie seit Jahrhunderten Lo Sardo nannten. Er wollte seinen Namen wissen. Dann würde der heutige Lo Sardo keinem Menschen mehr schaden können.
    Wenn er erkannt war, wenn sein Name bekannt sein würde, konnte Zamorra ihn jagen, bis sein Ende gekommen war.
    Der Professor fuhr los. Und er hatte richtig kalkuliert. Als die Sonne hoch im Zenit stand, hatte er die Ostküste der Insel erreicht. Er hielt zweihundert Meter vor dem Meer, wo die Straße einen weiten Bogen beschrieb und sich zur Küste hinunter senkte.
    Er sah den alten Gefängnisturm. Er sah das hügelige Land, wo die einheimischen Krieger sich versteckt haben mochten.
    Und hier, auf dem felsigen Abhang, waren die Wachtposten geblendet worden. Geblendet von der stechenden Sonne, unter der die Steine erglühten.
    Hier mußten die Wachtposten gestanden haben.
    Und hier stand Zamorra, bereit, das blutige Schauspiel zu erleben, das längst vorbei war.
    Die Gegend war menschenleer. Erbarmungslose Hitze über dem Strand und den bewaldeten Höhenzügen. Flirrende Luft.
    Und dann die ungeheure Konzentration. Zamorra faßte nach seinem zauberkräftigen Amulett. Er schloß die Augen für eine Weile.
    Dann fuhr er zunächst in Gedanken in der Zeit zurück, immer weiter in die Vergangenheit, durch das endlose Buch der Geschichte.
    Er spürte, wie Jahrzehnte, Jahrhunderte an ihm vorbeizogen. Da wurde er plötzlich angefaßt vom Hauch längst vergangener Jahre.
    Immer fester umspannte seine Hand das Amulett.
    Immer tiefer versank Zamorra im Geiste in den Strudeln vergangener Zeiten.
    Und dann kam es heran mit Wellenschlag und dem Klang von Rudern.
    Stimmen wurden laut. Stimmen von Männern, die neben ihm herliefen, die sich tollkühn den Berghang hinunterrollen ließen.
    Als Zamorra die Augen öffnete, war alles Wirklichkeit geworden.
    Er war zurückgefahren in der Zeit. Er sah, was sich Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hier abspielte. Und niemand konnte ihn selbst sehen und beobachten. Denn er, Zamorra, war ein Mensch unserer Zeit, unsichtbar für die Menschen von damals, unvorstellbar, unerahnbar.
    So stand er inmitten einer entfesselten Meute von Männern, die sich ingrimmig der kleinen Rotte ihrer verhaßten Angreifer entgegenwarf.
    An der Küste sammelten sich die Verteidiger der Insel.
    Und draußen auf dem Meer wurden Boote sichtbar, kleine Galeeren und hölzerne Kriegsschiffe. Das war der griechische Überfall auf die Stadt Bari Sardo, das sardinische Bari.
    Zamorra strengte sich an, den Führer der kleinen Verteidigungsschar zu erkennen.
    Und er sah, wie ein grimmig blickender
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