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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers
Autoren: Walter Appel
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Vernunft.
    »Also gut«, knurrte er. »Aber deine Begleiterin muß es auch tun. Und die alte Hexe wird totgeknüppelt.«
    »Nein. Sie ist unschuldig. Sic wird sich der Probe unterziehen, und dann ist sie ein für allemal von dem Verdacht rehabilitiert, eine Hexe zu sein oder es mit dem Teufel zu haben. Ich bin ein Magister und Professor von der Universität in Paris, Jean Roux, und ich habe schon mehr böse Geister ausgetrieben und Dämonen vernichtet, als du dir träumen läßt. Nehmt endlich Vernunft an, Leute. Ohne meine Hilfe werdet ihr mit Romain Rollands bösem Geist nie fertig.«
    Der rote Jean senkte den Säbel. Dann kehrte er zu seinen Männern zurück, und sie berieten. Sie hatten Angst, die Geschehnisse auf dem Marktplatz waren ihnen in die Glieder gefahren. Die anderen Menschen in der Stadt wollten sie nicht ernst nehmen oder betäubten ihre dumpfen Ängste in den Schenken mit Feiern und Wein.
    Doch Romain Rollands Worte waren nicht ungehört verhallt.
    Die Männer näherten sich der Hütte, geführt vom roten Jean. Nicole war aus der Hütte getreten und stellte sich an Zamorras Seite.
    Die Tür stand halb offen, eine Lichtbahn fiel nach draußen.
    Zamorra umklammerte den Revolver. Wenn diese Fanatiker ihn totschlagen wollten, würde es ein Blutbad geben. Und der rote Jean mußte als erster sterben.
    Aber eigentlich konnte das nicht sein, denn der rote Jean führte später beim Angriff auf die schwarze Kapelle das Kommando. Zamorra und Nicole Duval hatten es bereits erlebt.
    Zamorra entspannte sich ein wenig. Es mußte alles gutgehen.
    Oder versagte vielleicht der Revolver, wenn er abdrückte?
    Da reckte ihm einer der Männer ein silbernes Kreuz entgegen.
    »Hier, küsse es, dann sprich das Vaterunser. Es soll uns als Beweis genügen, auch wenn es keine hochnotpeinliche Untersuchung ist.«
    Zamorra nahm das Kreuz mit der Linken, führte es an die Lippen und gab es an Nicole Duval weiter. Er sprach die Worte des alten Gebets mit fester, klarer Stimme. Die bucklige Antoinette humpelte aus der Hütte, auf den Krückstock gestützt, und auch sie küßte das Kreuz. Nicole und die alte Frau sagten das Gebet auf.
    Jean Roux trug Zamorra nun die Prügel nicht mehr nach, die er von ihm bezogen hatte. Er schüttelte ihm die Hand, kaum daß Zamorra den Revolver weggesteckt hatte, und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Es freut mich, daß du uns helfen willst, Professor«, sagte er. »Alle Wetter, du hast vielleicht einen Schlag am Leib! So schnell hat mich noch keiner von den Beinen geholt. Ich war lange Jahre bei der Armee des Königs, mußt du wissen, und habe viele Schlachten und Kämpfe mitgemacht.«
    »Dann solltest du jetzt nicht gegen harmlose alte Frauen kämpfen. Du siehst, daß Antoinette die Probe bestanden hat.«
    Jean Roux senkte verlegen den Blick.
    »Nun ja, es hatte eben den Anschein. Sie sieht nun einmal aus wie eine Hexe. Aber jetzt, da ich weiß, daß sie keine ist, steht sie unter meinem Schutz. Wer noch einmal die Hand gegen die alte Antoinette erhebt oder ein böses Wort gegen sie sagt, bekommt es mit dem roten Jean zu tun!«
    »Wir müssen zur Kapelle, Jean«, sagte einer von den anderen Männern. »Unsere Freunde sind schon dorthin unterwegs. Aus Angers kommen weitere Leute, in den Schenken wird jetzt schon publik gemacht, daß die Satanskapelle um Mitternacht brennen soll. Fuhren mit Reisigbündeln werden bereitgestellt und in den Wald gebracht.«
    »Du mußt uns begleiten, Professor«, sagte Jean Roux. »Ihr müßt alle drei mitkommen. Die schwarze Kapelle muß brennen.«
    Zamorra überlegte, bevor er antwortete. Wenn er den Männern jetzt zuredete, die Kapelle nicht niederzubrennen? Er würde sie nicht überzeugen können, sagte er sich, denn der Lauf der Ereignisse war vorgezeichnet. Außerdem machte es auch gar keinen Unterschied, ob Romain Rollands Geist nun in ein halbzerstörtes oder in ein ganzes Gebäude fuhr.
    Es lohnte sich auch nicht, irgendwelche Tricks zu versuchen. Was geschehen sollte, das geschah.
    »Verbrennt die schwarze Kapelle«, sagte Zamorra. »Sie wird spurlos verschwinden. Aber gebt acht, wenn ihr in der Nähe der Kapelle seid. Ein oder zwei mutige Männer sollen vorschleichen und zuerst einmal lauschen. Vielleicht treiben sich Teufelsanbeter dort herum, Anhänger von Romain Rolland.«
    »Aber die sitzen doch alle im Gefängnis oder sind auf die Galeeren geschickt worden. Außer den Schwestern Lesanque, die des Landes verwiesen wurden.«
    »Seid ihr da ganz sicher?«
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