Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0071 - Panik in der Geisterhöhle

0071 - Panik in der Geisterhöhle

Titel: 0071 - Panik in der Geisterhöhle
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
Landschaft, die er erkennen konnte, war eine Art Garten Eden.
    Grünende Flächen mit Bäumen und Blumen, sanft geschwungene Hänge, Wasserläufe, die sich durch die Ebene schlängelten. Hier und dort blinkten Lichter, waren die Konturen von antiken Bauwerken auszumachen.
    So überraschend diese Landschaft aufgetaucht war, so sicher war sich der Professor, wo er sich zu suchen hatte. Dieser Talkessel mußte im Inneren des Bergmassivs liegen, an dessen äußeren Grenzen sie am Tag vorbeigestolpert waren.
    Die Harpyien ließen sich jetzt niedersinken, beabsichtigten ganz einwandfrei, in dem Kessel zu landen.
    Grundsätzlich hätte Zamorra nichts dagegen gehabt. Wahrscheinlich war dieser Garten die Heimstatt all der Wesen aus der Zwischenwelt, die Tilos bevölkerten. Nur hier würde er ein Mittel finden können, mit dessen Hilfe sich Bill Flemings Versteinerung rückgängig machen ließ. Und wenn sich die Söhne und Töchter der Fischer aus Ierapetra auf der Insel befanden, dann vermutlich ebenfalls hier.
    Dennoch wollte er in dem Talkessel jetzt nicht landen. Nicht wegen der Gefahren, die ihn mit Sicherheit erwarteten. Diesen mußte er, wenn er etwas erreichen wollte, so oder so ins Auge sehen. Sein Grund war ein ganz anderer. Die Berge, die den Kessel umschlossen, waren hoch und steil. Es würde eine halbe Ewigkeit dauern, wieder herauszukommen. Und eine halbe Ewigkeit konnte er Nicole nicht im Dorf der Einheimischen warten lassen.
    Diesen Überlegungen folgend behielt er seinen ursprünglichen Plan bei.
    Erneut streckte er die Hand mit dem Amulett nach dem Ungeheuer zu seiner Rechten aus.
    »Jetzt kommt es darauf an«, rief er dem Mann aus Kreta zu. »Halten Sie sich eisern fest. Lassen Sie um Gottes willen nicht los.«
    Alexis Emwalomas nickte.
    Zamorra berührte mit dem Amulett das Stempelbein der Harpyie.
    ***
    Lange brauchte Nicole nicht zu warten, bis das Schicksal sie ereilte.
    Keine fünf Minuten nachdem sie sich wieder in das Zimmer geflüchtet hatte.
    Die von ihr errichtete Blockade erwies sich als völlig nutzlos und überflüssig.
    Sie kamen nicht durch die Tür. Und sie kamen auch nicht durch das Fenster, wie sie im Stillen schon befürchtet hatte.
    Es gab einen viel einfacheren Weg.
    Einen Weg, den Nirakis wohl nur deshalb nicht sofort beschritten hatte, weil ihm der direkte Weg wohl noch einfacher erschienen war.
    Nicole saß in nervöser Spannung auf dem Bett. Sie hielt noch immer den Ventilator umklammert, eine lächerliche Waffe der Selbstverteidigung, die ihre fatale Situation so richtig symbolisierte. Dennoch war sie fest entschlossen, sich damit bis zum letzten zu verteidigen, falls es erforderlich wurde.
    Es wurde erforderlich.
    Ganz plötzlich waren sie da. Nirakis selbst und zwei andere Dorfbewohner.
    Ihr Erscheinen hatte nichts Geheimnisvolles an sich. Ein Stück der Wand hatte sich ganz einfach nach innen geklappt und einen dahinterliegenden schmalen Korridor freigegeben, durch den die Männer völlig mühelos ins Zimmer treten konnten.
    Ein Geheimgang! fuhr es Nicole durch den Kopf. Wie simpel, wie normal… Beinahe selbstverständlich in einem Haus wie diesem.
    Wieviele ahnunglose Opfer mochten schon auf diese Weise im Schlaf überrascht und anschließend verschleppt worden sein?
    Nicole sprang hoch, umklammerte den Fuß des Ventilators fester.
    Sie hatte Angst, natürlich. Aber diese Angst lähmte sie nicht. Im Gegenteil, sie setzte ihren ganzen Körper unter Hochspannung, die Entladung suchte. Drohend stand sie da, jederzeit bereit, sich mit dem Ventilator zur Wehr zu setzen, wie sie es schon einmal mit Erfolg gegen den Wirt getan hatte.
    Nirakis sprach sie an. In Englisch, wie ein paar Minuten zuvor.
    »Lassen Sie das, Miß«, forderte er sie auf. »Es hat doch keinen Zweck. Warum wollen Sie es sich so schwer machen?«
    »Was wollen Sie von mir?« fragte Nicole beherzt zurück.
    »Wir wollen gar nichts, Miß. Wir tun nur, was wir tun müssen. Nur das, was man von uns verlangt.«
    »Wer verlangt was von Ihnen?«
    »Sie werden es selbst sehen, Miß«, entgegnete Nirakis. »Es tut mir leid, aber wir haben keine andere Wahl.«
    Vielleicht tut es ihm wirklich leid, dachte Nicole. Da war ein Ausdruck in seinem Gesicht, der keine Freude widerspiegelte. Vorhin hatte er sie haßerfüllt eine kleine Schlange genannt, der er es heimzahlen würde. Von Haß- und Rachegedanken war jetzt jedoch nichts zu spüren. Beides schien verschwunden zu sein, wie das Blut, das sich vorhin auf seiner Stirn gezeigt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher