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0066 - Todesgeister der Sahara

0066 - Todesgeister der Sahara

Titel: 0066 - Todesgeister der Sahara
Autoren: Richard Wunderer
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vertrat sich die Beine. Sie lief um die Wagen herum und lächelte verkrampft, als ich zu ihr hinsah. Alia lehnte bleich an unserem Landrover. Die Angst schimmerte in ihren Augen. Suko blickte sich ständig nach allen Seiten um, als erwarte er jederzeit einen Angriff. Und die Polizisten machten den Eindruck, als würden sie am liebsten davonlaufen.
    Ich blickte prüfend zum Himmel empor. Er war wolkenlos, hatte aber trotzdem keine blaue, sondern eine bleigraue Färbung. Die ganze Gegend machte einen unheimlichen Eindruck, obwohl sie sich in nichts von der Wüste unterschied, durch die wir bisher gekommen waren.
    »Ich werde froh sein, wenn wir diesen teuflischen Einsatz hinter uns haben«, murmelte Suko und wandte sich an mich. »Komm, John, fahren wir weiter! Je schneller wir es hinter uns bringen, desto besser.«
    Ich nickte zustimmend. »Ich möchte noch vor Einbruch der Dunkelheit das Gebirge erreichen. Morgen früh gehen wir dann zum Angriff über. Vorher aber müssen wir die Nacht überstehen, und das werden uns die Todesgeister der Sahara bestimmt nicht einfach machen.«
    Wir gingen zu den Wagen. Nur Jane blieb auf einer Düne neben der Piste stehen. Ich hupte kurz. Sie drehte sich zu mir um und winkte, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Also stieg ich noch einmal aus und ging zu ihr hinüber.
    Sie sah mir entgegen. An ihrem Gesicht merkte ich sofort, daß sie etwas beunruhigte. Ich trat neben sie und legte meinen Arm um ihre Schultern.
    Jane deutete auf die ›Zähne des Scheitans‹, die nur undeutlich zu sehen waren. Ich folgte der Richtung ihrer Finger und entdeckte mehrere dunkle Punkte am Himmel.
    »Vögel«, sagte ich und verstand nicht, warum Jane so nervös war. »Was ist damit?«
    »Abwarten«, antwortete meine Freundin einsilbig.
    Ich beobachtete die Punkte. Es mußten große Vögel sein, daß wir sie auf diese Entfernung überhaupt sahen.
    Sie kreisten weit links von uns über einer Stelle, die wir nicht erreichen konnten, wenn wir in gerader Linie der Piste folgten. Plötzlich setzte sich der Schwarm in Bewegung. Zielsicher flogen die Vögel einen Punkt an, der genau auf unserer Straße lag.
    Es sah fast so auf, als würden sie zum Angriff ansetzen!
    Als sie jedoch die Stelle erreichten, schwenkten sie scharf ab.
    »Wie bei einem Formationsflug«, murmelte ich. Ich drehte mich um und winkte unseren Begleitern zu. Daraufhin verließen sie die Wagen und kamen zu uns.
    »Geier«, stellte Kommissar Mahmud fest, kaum daß er einen Blick auf die Vögel gerichtet hatte. Er hob sein Fernglas an die Augen und nickte. »Richtig, es sind Geier. Auf der Piste muß ein Aas liegen. Die Geier setzen zum Anflug an, drehen aber ab. Vermutlich werden sie durch etwas verscheucht. Raubtiere vielleicht.«
    Als die Geier erneut in Wartestellung zurückkehrten, gingen wir zu den Landrovern. Ich übernahm die Führung und legte ein scharfes Tempo vor.
    Jetzt hatte ich zwei Gründe, mich zu beeilen. Ich wollte nicht nur das Tageslicht zur Erforschung der ›Zähne des Scheitans‹ ausnutzen, sondern auch möglichst schnell herausfinden, wovon die Geier angelockt wurden. Und wovon sie abgestoßen wurden!
    Ich kannte die Gier dieser Vögel nach Aas. Manchmal fochten sie regelrechte Kämpfe gegen andere Aasfresser aus, die ihnen die Beute streitig machen wollten. Es mußte schon eine schwere Bedrohung für die Vögel existieren, daß sie bei jedem Anflug panikartig abdrehten.
    Eine Stunde verging, eine zweite. Die Entfernungen in der Wüste täuschen. Man glaubt, daß man nur wenige Minuten zu fahren hat, und dann verrinnt die Zeit, ohne daß das Ziel näher kommt.
    Ich hätte gern Jane an meiner Seite gehabt, um mir die Zeit zu vertreiben, aber ich hatte wieder Alia in meinen Wagen genommen, dazu noch zwei Polizisten auf den Rücksitzen. Ein Gespräch kam unter diesen Umständen nicht auf. Alia schien nicht nur unter der Todesahnung zu leiden, sondern auch unter der Nähe der Berge, in denen ihr Mann ermordet worden war. Ich begann mich zu fragen, warum sie uns überhaupt begleitet hatte.
    »Es wäre besser gewesen, Sie wären in Tunis geblieben«, sagte ich nach einiger Zeit. »Sie reißen nur alte Wunden auf.«
    Sie sah mich nicht an, als sie antwortete. »Kommt es darauf überhaupt noch an?« fragte sie tonlos. »Die Sorgen eines einzelnen Menschen treten völlig in den Hintergrund, wenn es um Ereignisse dieser Dimensionen geht.«
    Sprach so eine Frau, die mit bösen Geistern im Bund stand? Fast konnte ich es nicht
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