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0059 - Hexenverbrennung

0059 - Hexenverbrennung

Titel: 0059 - Hexenverbrennung
Autoren: Richard Wunderer
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sah er wie ein Taucher aus.
    Er hatte Erfolg. Hinter der dritten Tür kauerten mehrere Personen. Ich sah nur flüchtig hin. Männer, Frauen, Kinder. Sieben oder acht. Suko sprang in das Zimmer und zerrte die halb Ohnmächtigen auf den Korridor heraus. Keine Sekunde zu früh!
    Er hatte kaum die letzte Person, einen alten Mann, aus dem Raum geborgen, als der Boden einstürzte. Er fiel in einem Stück in das darunterliegende Stockwerk.
    Flammen schlugen hoch. Funken stieben durch die Luft.
    Suko schlug die Tür zu. Dadurch konnte er das Feuer noch einige Minuten eindämmen.
    Feuerwehrleute erreichten inzwischen auch diese Etage und nahmen die Geretteten in Empfang. Ich hörte in meinem Rücken erstaunte und verblüffte Rufe. Die Helfer hatten entdeckt, auf welche Weise ich diese Flammen bekämpfte, und sie konnten nicht glauben, was sie sahen.
    Ich ging weiter, obwohl der Boden unter meinen Füßen im wahrsten Sinne des Wortes heiß wurde. Mara Lacatte hielt sich bestimmt in der Nähe auf, und die ganze Wut des Hexenfeuers konzentrierte sich auf sie.
    Noch ein Schritt. Der Fußboden knirschte verdächtig. In meinen Schuhen wurde es unangenehm warm.
    Plötzlich öffnete sich vor mir ein breiter Spalt im Boden. Flammen züngelten daraus hervor. Echte Flammen.
    Der Riß zog sich von einer Korridorwand zur anderen. Ich kam nicht mehr voran.
    »Mara!« schrie ich aus Leibeskräften. »Mara Lacatte!«
    Die letzte Tür flog auf. Mara, die Hexe, taumelte auf den Korridor heraus.
    Als sie die Flammen sah, die sie von mir trennten, schrie sie gellend auf und brach vor Schreck in die Knie.
    Auf diesen Moment hatten ihre Schwestern gewartet. Sie schlugen mit ganzer Macht zu!
    ***
    Der Mann ahnte nicht, daß er nur mehr wenige Stunden zu leben hatte. Zufrieden ging er durch die Räume der herrlichen Villa im Londoner Stadtteil Kensington.
    Was für ein Haus, dachte er begeistert. Er hätte sich nicht träumen lassen, daß er eines Tages in einem so prächtigen Gebäude wohnen würde. Alle seine Wünsche waren in Erfüllung gegangen.
    Der Mann trat an eines der Fenster im Obergeschoß und blickte in den rasch dunkler werdenden Himmel. Es begann zu schneien. Eisiger Wind trieb Schneeflocken schräg durch die Luft.
    Der Mann genoß es, bei diesem Wetter in dem schönen Haus geborgen zu sein. Er ahnte nicht, daß er schon lange als Mordopfer feststand. Er ahnte auch nicht, wie nahe ihm der Tod bereits war.
    Mit einem zufriedenen Seufzen ging er an den Kamin, legte frisches Holz nach, setzte sich in den kostbaren Ledersessel und blickte versonnen in die Flammen.
    Ja, er hatte erreicht, was er sich immer gewünscht hatte. Was wollte er noch mehr?
    ***
    Ich sah auf den ersten Blick, was mit Mara los war. Bisher hatte sie sich offenbar mit ihren Fähigkeiten als Hexe gegen die Angriffe verteidigt. Nicht ein einziges ihrer goldblonden Haare war versengt. Die magischen Flammen waren noch nicht bis in ihr Zimmer durchgedrungen.
    Doch nun versuchten ihre Schwestern, sie durch Feuer zu töten, und dagegen war sie nicht gefeit. Da halfen auch ihre magischen Fähigkeiten nichts. Der vorrückende Brand hatte sie aus ihrem Zimmer vertrieben. Doch auf dem Korridor sah es nicht besser aus.
    Der Spalt zwischen ihr und mir verbreiterte sich zusehends. Zwar drängte ich mit Kreuz und Gemme die magischen Flammen zurück, und von Mara ging wieder dieses rötliche Leuchten aus, das ich schon in meinem Büro gesehen hatte, aber gegen die richtigen Flammen hatte keiner von uns ein Mittel.
    Verzweifelt sah ich mich nach Feuerwehrleuten um, aber im Moment waren keine in unserer Nähe.
    Ich streckte Mara die Hand entgegen. »Halten Sie sich dicht an der Wand!« schrie ich ihr zu. »Dort trägt sie der Boden noch am ehesten! Schnell, Sie haben keine Zeit zum Überlegen!«
    Nackte Panik spiegelte sich in ihrem Gesicht. Todesangst jagte sie in die hinterste Ecke des Korridors zurück.
    »Springen Sie, oder Sie verbrennen!«
    Das trieb sie vorwärts. Sie nahm einen kurzen Anlauf und schnellte auf mich zu. Ich bekam ihre Hand zu fassen und zerrte mit aller Kraft. Sie prallte gegen mich.
    Suko griff zu, und was Suko einmal in den Händen hat, läßt er nicht mehr los. Mara flog wie eine federleichte Puppe durch die Luft und landete in Sukos Armen. Er lief mit ihr bis zur Treppe und stellte sie auf sicherem Boden ab.
    Ich machte, daß ich weg kam. Hier konnten wir nichts mehr tun. Wer immer sich noch in den Zimmern aufhielt, war verloren, sofern er nicht durch die
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