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0058 - Meer der mordenden Hände

0058 - Meer der mordenden Hände

Titel: 0058 - Meer der mordenden Hände
Autoren: A.F. Morland
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versorgte die Eingeborenen mit Medikamenten oder brachte ihnen Nahrungsmittel.
    Kurz, Rich war ein Mädchen für alles auf Tonga.
    Er war groß, breitschultrig, hatte markante männliche Züge und schwarzes Haar. Er kam bei den Mädchen gut an. Seine Favoritin hieß Jodie Wofford.
    Ein rassiges, schwarzhaariges Girl aus England, dessen reicher Vater sie auf eine Weltreise geschickt hatte, um das Heer der lästigen Mitgiftjäger zu zerstreuen.
    Rich hatte Jodie mitgebracht, als Zamorra ihn zum Abendessen eingeladen hatte. Jodie und Nicole fanden einander auf Anhieb sympathisch. Die beiden Mädchen plauderten miteinander, als würde sie eine jahrelange Freundschaft verbinden.
    Alain Rich lehnte sich seufzend zurück. Er breitete die Arme aus und dehnte die festen Muskeln.
    »Tonga ist das Paradies, Professor. Sie werden das sehr bald feststellen. Ich möchte nirgendwo sonst auf der Welt wohnen. Wenn ich das sage, dann hat das etwas für sich, denn ich habe Mutter Erde mehr als einmal umrundet. Es gibt kein Fleckchen, das ich nicht gesehen habe. Tonga ist die absolute Spitze. Wie lange möchten Sie bleiben?«
    Zamorra hob die Schultern. Er trug einen leichten, eleganten Sommeranzug, eine meergrüne Krawatte und ein gleichfarbiges Stecktuch.
    »Geplant sind drei Wochen. Aber wenn Tonga tatsächlich das Paradies ist, kann ich auch noch zwei Wochen anhängen.«
    Rich lachte. »Sie machen sozusagen einen Open-End-Urlaub.«
    »Sozusagen«, nickte Zamorra.
    »Wenn Sie wollen, spiele ich gern den Fremdenführer. Ab und zu können wir auch mal mit meiner Kiste fliegen… Das heißt, wenn Sie genügend Mut aufbringen können. Sieht nicht gerade vertrauenerweckend aus, das Ding. Trotzdem vertraue ich ihr mein Leben lieber an, als einem von diesen schlingernden Kopra-Schonern.«
    Zamorra schmunzelte. »Sie sind wohl einer von diesen Mit-Leibund-Seele-Fliegern.«
    »O ja. Das bin ich. Ich hätte vermutlich ein Vogel werden sollen.«
    »Nicole und ich kommen auf Ihr Angebot bestimmt zurück«, sagte Zamorra.
    Rich lachte. »Das würde mich ehrlich freuen. Die Tonga-Inseln sind voller Überraschungen. Manchmal denken Sie, mitten in die Steinzeit hineinzugeraten. Faszinierend, sage ich Ihnen. Hier gibt es noch uralte Riten. Haben Sie schon mal von der Mannesprobe gehört?«
    »Was ist das?«, fragte Nicole Duval interessiert. Sie trug eine hauchzarte weiße Bluse. Im Ausschnitt schimmerten zwei üppige, goldfarbene Brüste.
    »Dazu«, sagte Alain Rich lächelnd, »muss ich vorausschicken, dass diese Menschen hier eine ganz andere Auffassung von Gut und Böse haben als wir. Sie sind zu ihren Kindern überaus gut und freundlich. Die Knaben müssen jedoch im Alter von zehn, zwölf Jahren die Mannesprobe bestehen, bei der ihnen die Väter und Onkel unmenschliche und ganz unnötige Schmerzen und Qualen zufü- gen.« Rich erging sich in Einzelheiten.
    »Das ist ja furchtbar!«, sagte Nicole ehrlich erschüttert.
    »Bin ganz Ihrer Meinung, Nicole«, erwiderte Rich. »Ich habe mit vielen Vätern darüber gesprochen, aber sie waren alle aus ehrlichem Herzen davon überzeugt, an den Knaben richtig und gut gehandelt zu haben.«
    »Können das die Missionare denn nicht unterbinden?«, fragte Nicole unangenehm berührt.
    Rich sagte: »Ich erinnere mich an einen Mann, der seinen Sohn gern taufen lassen wollte. Nach der Taufe aber sollte der Junge die Mannesprobe durchmachen. Der Mann meinte, es sei zwar gut, dass der Sohn Christ sein würde, es könne sich aber doch wohl auch lohnen, ihn durch die zugefügten Schmerzen abzuhärten und zum Mann zu machen. Wer so handelt, ist nach Auffassung der Eingeborenen ein guter Vater. Deshalb müssen wir ihnen vor allem eine neue Auffassung von Gut und Böse beibringen. Das ist das Wichtigste. Und daran arbeiten die vielen Missionare, die es hier gibt, vorrangig.«
    Ein Ober kam.
    Er verneigte sich vor Rich.
    »Was ist?«, fragte der Postflieger.
    Der Ober beugte sich zu Richs Ohr hinunter und flüsterte ihm etwas zu.
    Rich nickte. Er schaute Zamorra, Nicole und Jodie an, sagte: »Entschuldigt mich einen Augenblick«, und erhob sich dann. Er ging mit dem Ober ins Hotel. Zehn Minuten später kam er zurück. Er hob bedauernd die Schultern und breitete die Arme aus. »Tja. Somit hat der nette Abend leider ein vorzeitiges Ende gefunden.«
    »Was ist passiert, Alain?«, fragte Jodie in gutem Französisch.
    »Ich muss dringend weg.«
    »Wohin?«
    Der Postflieger nannte eine Insel im Norden. Er lächelte Zamorra
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