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0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen
Autoren: Helmut Kobusch
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eine Stunde Beurlaubung bitten würde, könnten Sie mir diese Bitte erfüllen?«
    Mr. High sah mich ernst an.
    »Wenn wir einmal anfangen, mit Gangstermethoden zu arbeiten, Jerry«, sagte er sanft, »dann gibt es nichts sonst, was uns von den Gangstern selbst noch unterscheidet.«
    »Aber wenn wir aus Beel nichts herausholen, macht die Bande weiter. Irgendwo im Hintergrund sitzt der wirkliche Boß, und er wird eine neue Unterorganisation aufziehen und neues unsagbares Elend über die Menschen bringen. Geben Sie mir eine Stunde Urlaub, sobald ich Beel gefunden habe. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß er reden wird.«
    Mr. High stand auf. Er drückte mir die Hand.
    »Ich weiß, was in Ihnen vorgeht, Jerry«, sagte er, »aber so etwas darf nicht sein. Es wäre eine Folterung, und Folterungen gibt es bei uns nicht. Man schafft nicht Gerechtigkeit mit den Mitteln der Rechtlosigkeit. Man kann nicht das Verbrechertum bekämpfen, indem man selbst zum Verbrecher wird. Dieser Beel mag ein Verbrecher sein, ein ganz übler Verbrecher sogar, eine Bestie meinetwegen. Genau wie Babykiller Jackson. Aber sie sind Menschen. Und die Achtung vor der Würde des Menschen verbietet uns, auf ihre Stufe hinabzufallen und sie mit den gleichen Methoden zu behandeln, mit denen sie ihre Opfer behandelt haben. Beel wird eines Tages von uns aufgespürt werden, genau wie Jackson. Setzen sie sich zur Wehr, werden wir mit ihnen kämpfen. Ergeben sie sich, so werden sie vor den Richter kommen, und der wird über sie entscheiden. Und niemals wird sie eine andere Hand gewaltsam berühren als die Hand des Henkers, wenn das Gesetz es will. Mit diesem Standpunkt haben wir das FBI aufgebaut und zur besten Polizeitruppe Amerikas gemacht. Und nur unter dem Standpunkt dieser inneren Sauberkeit wird das FBI bleiben, was er in vielen Jahren geworden ist. Denken Sie an die Parole des FBI, Jerry: Fidelity — Bravery — Integrity. Treue, Tapferkeit und Unbestechlickeit. Treue zu den Prinzipien des Rechts und der Gerechtigkeit, auf denen allein eine gute Ordnung unter den Menschen aufgerichtet werden kann. Tapferkeit am Gegner, die uns immer die Skrupellosigkeit voraushaben. Unbestechlichkeit gegenüber jedermann und jeder Sache. Auch gegenüber einem Haßgefühl, das einen manchmal überwältigen kann, wenn man die brutal hingemordeten unschuldigen Opfer des Verbrechertums sieht. Wenn Sie sich heute vom Haß überwältigen lassen, Jerry, werden Sie morgen ein Gangster sein. Denn alles Schlechte kommt aus dem Haß.«
    Mr. High schwieg. Er hatte wie ein Vater zu mir gesprochen, und ich fühlte, daß er es wie ein Vater meinte.
    Er hielt mir die offene Hand hin.
    Ich schlug ein. Wir sagten kein Wort mehr. Ich ging schweigend hinaus. Natürlich hatte er recht. Man kann Brutalität nicht durch größere Brutalität unschädlich machen, Haß nicht durch Gegenhaß, Terror nicht durch Gegenterror. Wo es in der Welt nach diesem Prinzip zuging, war immer nur Elend, Blut und Tränen das traurige Resultat.
    Ich ging nachdenklich zurück ins Office. Phil saß schweigend vor seinem Kaffee und las. Der Kaffee wurde ihm kalt, aber er merkte es nicht. Seine Gedanken waren bei dem toten Joe Backley, der aus seinem Tagebuch zu uns sprach.
    Als Phil mit dem Lesen fertig war, legte er das Heft leise auf den Tisch, als fürchte er, irgendein störendes Geräusch zu machen.
    Sein Gesicht war hart. Als er sich eine Zigarette ansteckte, mußte er erst etwas hinunterschlucken, bevor er den Rauch einatmen konnte.
    »Wer ist Beel?« fragte er nach einer Weile.
    »Ich weiß es noch nicht. Aber es kann nicht allzu schwierig sein, es herauszufinden. Anscheinend kennen mehrere Schüler diesen Namen. Einer wird uns sagen, wer das ist.«
    »Willst du dich gleich darum kümmern, Jerry?«
    »Ja, wenn uns Babykiller Jackson nicht einen Strich durch die Rechnung macht.«
    »Bis jetzt liegt noch keine Nachricht vor, daß man ihn irgendwo gesehen hätte.«
    »Dann fahre ich jetzt zu…«
    Ich kam nicht dazu, weiterzusprechen, denn in diesem Augenblick klingelte eins der Telefone auf meinem Schreibtisch. Wir sahen uns an. Das Klingeln wiederholte sich, schrill, feindselig und an die Nerven gehend.
    Ich griff nach dem Hörer.
    »FBI, Cotton am Apparat.«
    »Hier spricht Detective Sergeant Smith, Detektivbrigade III der New Yorker City Police. Ich befinde mich weisungsgemäß mit einem Kollegen aüf Straßenstreife in den Außenbezirken.«
    »In welchem Bezirk sind Sie?«
    »11. Bezirk. Ich bin gerade die 48.
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