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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin
Autoren: Franc Helgath
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verstehen war.
    »Sie werden staunen, Monsieur. Aber erst etwas anderes. Wo wohnt Yves St. Laurent?«
    Ein Knurren klang aus dem Hörer.
    »Muss es sein, dass Sie diesen Namen mir gegenüber erwähnen?«
    »Es lässt sich nicht vermeiden. Seine Adresse, also? Sie haben sie doch.«
    »Boulevard St. Michelle«, kam es widerwillig. »Nummer 111. Dritter Stock.«
    »Danke. Und jetzt zu Ihnen. Können Sie bis heute Abend einige verlässliche und vor allem verschwiegene Beamte auftreiben?«
    »Aber wieso?«
    »Bitte lassen Sie mich die Fragen stellen. Die Zeit drängt. Können Sie mit den Beamten – na sagen wir mal – gegen 23 Uhr im HORRAZAR sein?«
    Zamorra hörte, wie der Kommissar zischend die Luft einsog.
    »Ja«, kam es schließlich gepresst. »Aber…«
    »Bon«, unterbrach diesmal Zamorra. »Dann sehen wir uns heute Abend. Bringen Sie gute Nerven mit.«
    Zamorra hängte ein. Seine Lippen waren zu einem schmalen Strich geworden, doch seine Miene hatte sich bereits wieder geglättet, als er den Wagenschlag öffnete und sich in das Polster im Fond fallen ließ.
    »Boulevard St. Michelle«, sagte er, als säße er in der Taxe. Nicole blickte missmutig in den Rückspiegel.
    »Willst du uns nicht endlich sagen, was du vorhast?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete Zamorra und lehnte sich zurück. Wenn er ihnen das gesagt hätte, hätten sie ihn für wahnsinnig erklärt.
    Nicole seufzte und fuhr an. Sie wusste genau, wann ihr Chef nichts mehr sagen wollte, und jetzt war so ein Augenblick.
    In Paris wurde es bereits Herbst. Ein wenig früh in diesem Jahr.
    Die neue Theatersaison hatte eben erst begonnen. Die Menschen hetzten durch die Straßen und gingen ihren Geschäften nach. Keiner von ihnen ahnte auch nur, welches Unheil sich über ihren Köpfen zusammenbraute.
    Dass ein Dämon aus uralter Zeit das Schreckensregiment über sie antreten wollte.
    Nicole fuhr am Louvre vorbei, überquerte die Seine und bog im Kreisverkehr des Place de la Concorde nach Nordosten in Richtung Quartier Latin ab. Der Obelisk stach in einen wächsern bleichen Himmel. Tiefe Wolken hingen über der Stadt.
    Vor dem Haus Nummer 111 hielt Nicole an.
    »Ihr wartet hier«, sagte Zamorra, und sein Ton duldete keinen Widerspruch. Er stieg aus. Den dritten Stock erreichte er mit dem altertümlichen Aufzug, dessen Tür noch mit einem Gitter aus Kunstschmiedearbeit zu verschließen war. Der Lift rumpelte und ächzte.
    An der Tür zu St. Laurents Wohnung befand sich ein Spion. Professor Zamorra stellte sich davor und läutete. Drinnen ertönte ein melodischer Gong.
    Es dauerte einige Zeit, bis geöffnet wurde. Vorher wurde die Klappe vor dem Spion zur Seite geschoben.
    »Professor Zamorra!«, sagte Yves St. Laurent überrascht. »Mit Ihrem Besuch habe ich am allerwenigsten gerechnet.«
    »Darf ich eintreten?«
    »Aber ja. Natürlich. Kommen Sie nur.«
    St. Laurent war noch nicht einmal angezogen. Er trug nur einen seidenen Morgenmantel. Die Ringe unter seinen Augen konnten bedeuten, dass er schlecht geschlafen hatte. Den Grund dafür sollte Professor Zamorra gleich anschließend kennen lernen.
    Er war blond, langhaarig und überaus langbeinig. Auch Francy Chant war nur mangelhaft, um nicht zu sagen liederlich gekleidet.
    Ihr Morgenmantel war durchscheinend. Doch schließlich hatte sie auf der Bühne des HORRAZAR noch mehr gezeigt. Francy Chant war die Hauptdarstellerin von Yves St. Laurents Horror-Show. Sie hatte die Naonda gespielt.
    Als Professor Zamorra in den Raum kam, stand sie auf und drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. Sie erkannte Zamorra. Yves St. Laurent brauchte ihn nicht erst vorzustellen. Vermutlich hatte er ihn schon vorher plastisch genug geschildert.
    »Guten Tag, Monsieur le Professeur«, sagte »Naonda«, und Zamorra stellte fest, dass ihre Stimme ebenso wohlklingend war wie ihre Figur aufregend. Sie reichte dem Gast ihre Hand. Fast wäre Zamorra zusammengeschreckt als er sah, dass sie ihre langen Fingernägel goldfarben lackiert hatte.
    »Mademoiselle Chant, wenn ich nicht irre. Nicht wahr?«
    »Sie irren nicht. Yves hat mir eine Menge von Ihnen erzählt. Er bewundert sie, Monsieur le Professeur.«
    »Dazu hat er keinen Grund«, meinte Zamorra und wandte sich dann St. Laurent zu. »Haben Sie Lust, Ihr Organisationstalent unter Beweis zu stellen?«
    St. Laurent schaute ihn verwundert an und nestelte am Gürtel seines Morgenmantels. »Ich verstehe nicht…«
    »Müssen Sie auch nicht. Deshalb bin ich hier. Ich werde Ihnen zuerst
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