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0046 - Die Dämonenschmiede

0046 - Die Dämonenschmiede

Titel: 0046 - Die Dämonenschmiede
Autoren: Richard Wunderer
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Dadurch wurden die anderen aufmerksam, und innerhalb weniger Minuten waren wir von einer schweigenden Menschenmenge umringt. Ich schätzte ungefähr hundert Personen, die gesamte Einwohnerschaft von Ranverness.
    »Fremde scheinen hier selten zu sein«, bemerkte Bill mit seinem trockenen Humor. »Ich glaube, da ist dein verehrter Kollege, John.«
    Er deutete auf einen ungefähr fünfzigjährigen Mann, der nicht gerade wie ein Constabler gekleidet war. Unter einem Trenchcoat ragten die Hosenbeine eines blau-grün-gestreiften Pyjamas hervor. Als Polizist war er nur durch den schwarzen Helm zu erkennen, den er sich auf den Kopf gestülpt hatte.
    Ich stieg aus, ging auf den Mann zu und stellte mich vor. »Wir sind unterwegs aufgehalten worden, deshalb kommen wir so spät«, erklärte ich. »Bevor wir uns mit dem Fall beschäftigen, wo können wir wohnen? Gibt es einen Gasthof?«
    Der Constabler, der auf den fast unaussprechlichen Namen Ryan Rattroch hörte, schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber meine Frau hat das Gästezimmer für Sie beide vorbereitet. Allerdings haben wir nur ein Zimmer für zwei Personen.«
    »Das genügt, vielen Dank«, erwiderte ich und wollte noch etwas sagen, als mir Bill den Ellbogen in die Rippen stieß.
    Als ich ihn ansah, gab er mir mit den Augen ein Zeichen. Ich blickte in die angegebene Richtung und zuckte zusammen. Etwas außerhalb des Kreises aus Dorfbewohnern stand das hübsche Mädchen, das uns entgegengegangen war.
    »Wer ist das Mädchen?« fragte ich den Dorfpolizisten.
    Rattroch zuckte die Schultern. »Kelly MacGowan, die Tochter unserer Lehrerin Miß MacGowan.«
    »Sie hat ihren Vater nie gekannt«, erklärte uns eine energische, mehr als vollschlanke Frau. Sie hängte sich demonstrativ bei dem Polizisten ein. Auf diese Weise lernten wir auch Mrs. Rattroch kennen. »Die arme Kelly ist ganz ohne Vater aufgewachsen. Sie kennt nicht einmal seinen Namen.« Dazu schürzte sie abfällig die Lippen.
    »Vorurteile haben Sie ja zum Glück nicht«, sagte ich gereizt. Mir gefiel es nicht, wie Rattroch und seine Frau über das Mädchen sprachen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, wo die wirklichen Gründe für die Ablehnung Kelly MacGowans lagen. »Können wir gleich zur Sache kommen? Unser Gepäck laden wir später aus.«
    Der Polizist blickte an sich hinunter und stellte fest, daß er nicht gerade vorschriftsmäßig gekleidet war. »Ich ziehe mich nur rasch an, Sir«, sagte er verlegen. »Hier haben Sie den Schlüssel vom Schulhaus. Wir haben die tote Kräuterfrau im Klassenzimmer aufgebahrt. Gehen Sie schon vor, ich komme gleich nach.«
    Er deutete auf eines der Häuser am Ortsrand. Der einzige Unterschied zu den anderen Gebäuden war ein flacher Anbau, der eher an einen Schuppen als an ein Schulgebäude erinnerte.
    Ich nahm Rattroch wortlos den Schlüssel aus der Hand und ging mit Bill zu der Schule hinüber, schloß auf und betrat den Anbau.
    Sofort fiel mir das offene Fenster auf, aber das konnte der Polizist offengelassen haben. Bill schaltete das Licht ein.
    Ich sah mich um. Altmodische Holzbänke und Pulte, ein Schreibtisch für die Lehrerin, eine Tafel. Das war alles. Sonst gab es nichts zu sehen.
    Vor allem keine Leiche.
    »Sie ist weg!« rief Bill.
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt!« erklang eine weiche, samtene Stimme in unserem Rücken.
    Wir wirbelten herum und standen Kelly MacGowan gegenüber. Sie sah uns starr aus ihren sanften Augen an.
    »Ich habe Sie gewarnt, aber Sie wollten nicht hören«, fuhr sie wie in Trance fort. »Ich habe gesagt, daß Sie sich beeilen sollen. Sie sind zu spät gekommen!«
    ***
    Unter den Einwohnern von Ranverness gab es nur ein Gesprächsthema.
    Die Ankunft der beiden Fremden.
    Die verrücktesten Vermutungen und Gerüchte schwirrten von einem zum anderen. Mal waren es zwei hohe Regierungsbeamte, dann wieder berühmte Privatdetektive, dann die besten Vertreter von Scotland Yard.
    Mrs. Rattroch hüllte sich in eisernes Schweigen und deutete nur an, sie wäre zu strengster Geheimhaltung verpflichtet worden, was natürlich nicht stimmte. Aber so wertete sie sich und ihren Mann auf.
    Constabler Rattroch kam in voller Uniform wieder aus seinem Haus und eilte zur Schule hinüber. Er wurde unterwegs jedoch von seinen Nachbarn und Freunden aufgehalten und mit Fragen eingedeckt. Es vergingen Minuten, ehe er sich befreit hatte und seinen Weg fortsetzen konnte.
    Der offenbar gewaltsame Tod der allgemein bekannten und beliebten Kräutersammlerin war
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