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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady
Autoren: A.F. Morland
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setzte sich darauf.
    Er hatte unruhig geschlafen. Als er merkte, dass sich jemand auf sein Bett setzte, obwohl er allein in dem riesigen Haus war, schreckte er verstört hoch.
    Sie saß unbeweglich da. Er war der Meinung, er könne in dem weißen Schein ihr Gesicht sehen, und vor allem ihre hasserfüllten Augen leuchteten ihm entgegen. Mit geballten Fäusten, brüllend, warf er sich auf sie. Er schlug auf sie ein, schlug aber durch sie hindurch. Sie flog kreischend und kichernd durch den Raum. Er sprang aus dem Bett und hetzte hinter ihr her. Wild schwang er die Fäuste.
    »Ich lasse mich von dir nicht unterkriegen, Anja! Nicht von dir, du verdammter Spuk! Du kannst mir nichts anhaben! Du bist nur noch ein Geist. Du hast keinen Körper! Verschwinde! Du kannst mir nichts tun!«
    »Und deine vielen Wehwehchen, Micha, he? Sie sind ein Gruß von mir! Ich kann dir sehr wohl etwas anhaben! Und ich werde dir noch sehr viel mehr Leid zufügen!«
    Schreiend und schimpfend jagte der Fürst hinter dem weißen Gespenst her. Anja stieß ihm einen Stuhl entgegen. Er fiel über ihn und brach sich die Hand. Heulend blieb er liegen. Und Anja schwebte auf ihn herab und tanzte mit glühenden Schuhen auf seinem zuckenden Körper.
    ***
    Zwei Jahre trieb sie dieses Spiel mit ihm. Micha Plotkin war am Ende seiner Kräfte. Aber sein Trotz ließ es nicht zu, vor Anja zu kapitulieren. Fortgehen aus diesem Spukhaus – das kam für ihn auch weiterhin nicht in Frage.
    Er sann nach einer anderen Möglichkeit, wie er diesem quälenden Gespenst Herr werden konnte. Und er glaubte eines Tages, eine brauchbare Lösung gefunden zu haben.
    Zwar war er unansehnlich, ja geradezu hässlich geworden – seine Augen lagen tief in dunklen Höhlen, er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf, und tiefe Gramfalten ließen sein Antlitz maskenhaft erscheinen –, aber er war immer noch einer der reichsten Männer in der Gegend, und als er eines Tages die Nachricht verbreiten ließ, er trüge sich mit dem Gedanken, sich – nachdem ihn seine Frau mit dem Gärtner verlassen hatte und nicht mehr zurückgekommen war – wieder zu verheiraten, da sandten ihm die Familien, die mit seinem Vermögen liebäugelten, ihre hübschen heiratsfähigen Töchter ins Haus, damit er sich eine von ihnen aussuchen konnte.
    Er entschied sich für die sanfteste und schönste von allen. Er schwor sich, als sie vor den Altar traten, keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren. Den Schwur vermochte er zwar niemals ganz einzuhalten, doch er soff nicht mehr wie ein Loch, und somit war ja doch ein Fortschritt erzielt.
    Als er seine frischgebackene Ehefrau über die Schwelle seines Hauses trug, erwartete er ein Furioso von Anja. Es blieb jedoch zu seinem großen Erstaunen aus. Sie machte sich auf keine Weise bemerkbar. Und auch in den folgenden Nächten blieb es unheimlich still im Haus. So still, dass Micha Plotkin schaudernd Argwohn schöpfte. Er traute dem Frieden nicht. Anja schien sich auf eine große Attacke vorzubereiten.
    Keine Albträume mehr für Micha. Er kam wieder zu Kräften. Die Krankheiten blieben aus. Und allmählich war er der Meinung, dass er Anja mit seiner Heirat auf irgendeine unbekannte Weise ein Schnippchen geschlagen hatte. Jedenfalls ließ sie nichts mehr von sich hören und nichts mehr von sich sehen.
    Langsam begann Plotkin seine erste Frau zu vergessen.
    Seine zweite Frau schenkte ihm einen Sohn. Er lud aus lauter Freude darüber halb Sibirien in sein Haus. Es wurde ein Fest, wie es in diesen Mauern noch nicht gefeiert worden war.
    Irgendwann in dieser Nacht fiel dem Fürsten seine erste Frau ein.
    Er stahl sich heimlich aus dem Haus und lief zum Tor, in dessen rechtem Pfeiler sich Anja befand.
    »Hörst du das, Anja?«, fragte er grinsend. »Das sind meine Gäste. Sie sind gekommen, um die Geburt meines Sohnes mit mir und meiner Frau zu feiern. Vielleicht wäre es mit uns anders gekommen, wenn du in der Lage gewesen wärest, mir ein Kind zu gebären. Aber es hatte nicht sein wollen – und eine russische Frau, die ihrem Mann keine Kinder schenkt, ist wertlos. Russland braucht sie, denn sie müssen unser Mütterchen weiter ausbauen. Nun habe ich einen Sohn. Und ich werde mit meiner Frau noch eine Menge mehr Kinder zeugen, du wirst sehen! Lässt dich das vor Neid nicht grün werden? Ich habe dich besiegt. Ich bin so glücklich, wie ich es noch nie im Leben war. Du kannst nicht an gegen mein Glück, habe ich recht? Dagegen bist du machtlos, he? Jetzt steckst du da drinnen in
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