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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts
Autoren: Franc Helgath
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sein müssen.
    Die Frau schaute ihn an, als wäre sie bei etwas Verbotenem ertappt worden. »Vincente schützt mich eben!«, kam es dann trotzig.
    »Um ein Haar wäre ich Ihnen auf den Leim gegangen«, gestand Zamorra. »Aber jetzt müssen wir wohl Fraktur reden.« Er ließ die Hand der Frau fahren. Wie angewidert. »Sie haben mich belogen.«
    »Und wenn schon!«, brach es plötzlich giftig aus ihr heraus. Ihre Augen sprühten Hass. »Ihrer kleinen hübschen Sekretärin wird das nichts mehr nützen!«
    Zamorra schlug zu. Kurz und hart klatschten die Schläge mit der flachen Hand. Der Kopf der Frau wurde in den Nacken geworfen.
    Zamorra hatte es mit Güte versucht und war gescheitert. Jetzt versuchte er es auf die andere Tour. Die Frau war immer noch benommen, als Zamorra auf den Herd zuging. Er packte den Topf an den Griffen und schüttete den stinkenden Inhalt in die emaillierte Spüle.
    Die Frau heulte auf, als hätte er sie in den Bauch getreten.
    »Sie wollen es nicht anders«, murmelte Zamorra. »Wie gut, dass ich das vom Abwehrzauber und vom 6. Buch Moses gesagt habe. Mit Abwehrzauber hat dieses Gebräu nicht das Geringste zu tun. Als sie das behaupteten, habe ich gewusst, dass Sie mich belügen wollten. Damit ist es jetzt aus.«
    Das lang gezogene Heulen der Frau war in ein Wimmern übergegangen.
    »Und jetzt werde ich Ihnen mal meine Theorie über das Ganze erläutern«, fuhr Zamorra fort. Seine Stimme hatte einen harten Klang angenommen. Lange durfte er sich hier nicht mehr aufhalten, und Mitleid war bei dieser Frau nicht angebracht. Er hatte ihr eine Brücke bauen wollen, über die sie sich aus ihren Verstrickungen hätte lösen können. Ihre Habgier war stärker gewesen. Doch wie der Saft aus dem Topf durch den Abfluss rann, verließ die Kraft diese Frau. Zurück blieb ein wimmerndes Häufchen Elend.
    »Dieses Gebräu hier diente ganz anderen Zwecken. Ich nehme an, dass der Dämon des Henkers es für eine kultische Handlung brauchte, um ihm wieder voll zu seiner alten, leiblichen Existenz zu verhelfen. Er brauchte Opfer dazu. Eine ganze Menge von Opfern. Sie haben sie ihm zugeführt. Er hat Sie dafür belohnt. So weit hat Ihre Darstellung also gestimmt. Sie waren seine Gehilfin, doch Sie waren es freiwillig. Ihre Raffsucht hat Sie dazu getrieben. Was Vincente ist, darüber bin ich mir noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist er das Medium, über das der Dämon des Henkers sich mit dieser Welt in Verbindung setzt. Vincente war schon immer ein armer Tropf. Der Henker hat sich seiner bedient, wie er sich Ihrer bedient hatte. Zusammen mit dem Dämon haben Sie Vincente missbraucht. Zum Beispiel dann, als es darum ging, ein Buch aus meinem Hotelzimmer zu stehlen. Woher kommt Vincente? Ich gebe Ihnen noch eine letzte Chance. Es ist Ihre allerletzte.«
    »Ein junger Mann aus Madrid. Er war Student. Er hat Urlaub gemacht hier. Ein Auto hat ihm den Arm weggefahren. Der Dämon hat mir gesagt, wie ich ihn wieder heilen kann. Ich habe Vincente am Straßenrand gefunden. Seither bedient sich der Henker seiner, wenn er selbst mit Menschen in Kontakt treten will. Er kann das sonst nicht. Nur ganz in der Nähe der ehemaligen Burg.«
    »Klingt schon besser. Den Rest können Sie sich sparen. Sie und der Dämon haben also aus dem Studenten eine gespaltene Persönlichkeit gemacht. Er war das Medium. Jaime y Ronza hat Ihnen das Blaue vom Himmel herunter versprochen, wenn Sie ihm zu Willen sind. Vielleicht hat er gesagt, dass Sie jung und schön werden. Sie brauchen mich nicht so überrascht anzusehen. Versprechungen dieser Art sind üblich. Er hat Ihnen die ewige Jugend in Aussicht gestellt. Ihnen, die Sie immer nur der Fußabstreifer für die anderen waren. Oh ja. Ich kann mich in Ihre Situation hineinfühlen, als sie damals vor fünfzehn Jahren in der Nähe der Weißen Burg Kamillen pflückten und sich plötzlich in einem prächtigen Schloss wiederfanden, wie Ihnen ein Mann mit weißem Bart gegenüberstand und Sie anlächelte. Er ist sehr gut zu Ihnen gewesen, nicht wahr? Noch nie vorher war jemand gut zu Ihnen. Sie sind ihm erlegen, wie man so schön sagt. Mit Haut und Haaren sind Sie ihm verfallen. Sie wollten ihm helfen, nach der 500jährigen Verbannung ins Totenreich in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Kein Opfer war Ihnen dafür zu groß. Sie haben Ihre Pensionsgäste, Fremdlinge hier in dieser Gegend, ganz bewusst in die Nähe der Weißen Burg geschickt, wo der Henker ihrer habhaft werden konnte. Sie haben dafür
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