Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts
Autoren: Franc Helgath
Vom Netzwerk:
gesagt, so gut ich konnte. Die ganze Nacht haben wir zusammengesessen, und ich konnte mich nicht bewegen. Dann hat er gesagt, dass ich jetzt seine Dienerin sei und ihm gehorchen müsse. Ich war eingeschüchtert. Ich getraute mich nicht einmal, in die Kirche zu gehen. Er hat es mir verboten, einem Priester oder sonst irgendeinem Menschen etwas von unserer Zusammenkunft zu verraten. Ich müsse sonst sterben. Einmal hat er mich steif und starr gemacht. Jetzt hast du einen Vorgeschmack auf den Tod, hat er dabei gesagt. Ich wäre wirklich fast dabei gestorben.«
    »Und von da ab sahen Sie diesen Vincente öfter.«
    »Ja. Immer nachts. Ich arbeitete damals bei Fleron. Das ist ein Bauer hier am Ort gewesen. Dieser Mistkerl hat mich missbraucht.«
    »Was heißt, ist gewesen? Lebt er nicht mehr?«
    Die Frau schluckte und lächelte bitter. »Dann ist dieses Miststück plötzlich gestorben.«
    »Und Sie haben ihn wiedergesehen?«
    Zamorra hatte nur seinem Instinkt nachgegeben und deshalb die Frage abgeschossen.
    Die Frau sah schreckensbleich auf. »Sie haben ihn also wieder gesehen. Auf welches der Instrumente war er denn gespannt? In den Block? Aufs Rad? Auf das Streckbett?«
    Die Kinnlade der Frau war bei jedem Wort tiefer gesunken. Zamorra hatte ins Schwarze getroffen.
    »Dann waren Sie also schon mal dort«, konstatierte er zufrieden.
    »Woher wissen Sie…«
    »Weil ich auch schon dort war. Aber jetzt reißen Sie sich endlich wieder zusammen. Ich möchte weiterfragen.« Zamorra fühlte sich selbst schon wie ein Inquisitor, aber er musste weitermachen.
    »Fragen Sie.«
    »Erzählen Sie mir, wie Sie in die Höhle kamen.«
    »Vincente hat sie mir einmal gezeigt. Von seiner Wohnung aus geht ein Gang in den Berg. Ich war später öfter dort.« Und jetzt senkte sie verschämt die Augen. »Ich habe abgestaubt«, sagte sie.
    »Auch diesen Fleron, der sie missbrauchte. Und später sind es immer mehr Personen geworden. Aber fahren Sie dort weiter, wo Fleron so plötzlich starb.«
    »Das war vierzehn Tage, nachdem ich Vincente… kennen gelernt habe. Aber gestorben ist er nicht. Ich habe ihn erst ein paar Jahre später dort unten … gefunden. Fleron ist einfach verschwunden. Er hat einen Brief hinterlassen, und in dem stand, dass er sich das Leben nehmen wolle. All seine Habe sollte mir gehören. Und nach zwei Jahren habe ich auch alles bekommen. Er ist nicht wieder zurückgekommen.«
    »Natürlich nicht.«
    »Und auch später habe ich immer wieder Geld gefunden.«
    »Gefunden?«
    »Ja. Es lag unter Steinen. Manchmal auch auf der Straße. Überall eben. Mit der Zeit hatte ich viel genug beisammen, um mir dieses Haus zu bauen. Den Hof von Fleron habe ich verkauft.«
    Jetzt blickte sie auf, die Augen immer noch tränennass.
    »Sagen Sie selbst, Señor. Was hätte ich anderes machen sollen? Mir blieb doch gar keine Wahl. Ich war arm. Niemand hat sich um mich gekümmert. Zum ersten Mal im Leben war ich ein wenig glücklich.«
    Zamorra konnte sich denken, aus welcher Ecke die Frau ihren »Glücksbegriff« bezog. Er ließ sich in Zahlen ausdrücken und sich mit der Habenseite eines Sparbuchs belegen. Die Frau war arm geblieben.
    »Und wann haben Sie das erste Mal bemerkt, dass Vincente mit dem Verschwinden dieser Leute im Zusammenhang steht?«
    »Das ist noch nicht allzu lange her. Erst, als er mich einmal in die Höhle mit den Figuren führte.«
    »Was bezweckte er damit?«
    Die Frau hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Ihre Nasenflügel bebten. »Das weiß ich auch nicht. Er hat es mir nicht gesagt.«
    »Und warum heute dieser Abwehrzauber?«, fragte Zamorra und blickte zum brodelnden Kochtopf hinüber.
    »Wegen der Katze«, gestand die Frau, »Sie haben es doch selbst miterlebt. Schon seit Tagen schleicht sie um mein Haus. Ich glaube, sie will mich umbringen.«
    »Das ist doch Unsinn. Es ist eine Wildkatze. Und wahrscheinlich holt sie sich hier etwas von den Küchenabfällen«, sagte Zamorra und glaubte selbst nicht an seine Worte. »Vielleicht aber hat sie auch Tollwut. Sie sollten morgen einen Arzt aufsuchen. Sie wurden gebissen.«
    Die Frau schaute auf ihre Schulter hinunter und legte schnell eine Hand an die Stelle.
    »Zeigen Sie mal her!«, sagte Zamorra und trat näher.
    »Nein!«, schrie die Frau auf. Zamorra musste ihr die Hand mit Gewalt beiseite schieben. Keine Spur von einer Wunde. Sogar der Stoff des Kleides war unbeschädigt, dabei hatte Zamorra den Biss ganz deutlich beobachten können. Es hätte eine Wunde da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher