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004 - Magie der Liebe

004 - Magie der Liebe

Titel: 004 - Magie der Liebe
Autoren: Theresa Medeiros
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ganze Konzentration auf einen schweren Kerzenständer aus Zinn, der auf dem Kaminsims stand. Langsam bewegte sie ihre zum Gebet gefalteten Hände und zog die Kette um ihren Hals nach oben, bis sie das Smaragdamulett zwischen den Handflächen hielt. Sogleich spürte sie, wie ihre Finger zu kribbeln begannen.
    Nach und nach hob sich der Fuß des Kerzenständers, bis er einige Finger breit über dem hölzernen Sims schwebte. Arians Lippen verzogen sich zu einem schalkhaften Lächeln. Als sie ihren Kopf leicht hin und her bewegte, vollführte der Kerzenständer einen lustigen Tanz in der Luft.
    „Arian!"
    Marcus' entsetzter Aufschrei zerstörte ihre Konzentration auf der Stelle. Der massive Kerzenständer stürzte zu Boden und verfehlte ihren Stiefvater nur knapp.
    Arian schnappte erschrocken nach Luft. „Vergebt mir, Vater Marcus. Es war keine Absicht! Ich wollte Euch gewiss nicht ..."
    Sie verstummte, da Marcus plötzlich aufsprang. Sein Gesicht war aschfahl, und er blickte sie an, als wäre sie der Teufel selbst. „Du willst mir Schaden zufügen, Tochter?" Er schüttelte den Kopf und bedeckte das Gesicht mit seinen Händen.
    „Nein, das ertrage ich nicht", murmelte er.
    Aufgebracht stolperte er aus der Tür, hinaus in die stürmische Nacht. Arian blieb allein zurück und fragte sich, ob sie nun auch noch ihren einzigen Verbündeten in diesem fremden, herzlosen Land verloren hatte.

    Der Mond stand bereits hoch am Nachthimmel, als Arian die Schritte ihres Stiefvaters auf der Treppe hörte. Sie saß vor dem Spiegel in ihrem kleinen Raum auf dem Dachboden und bürstete mühsam ihre zerzauste Lockenmähne. Die Bürste verfing sich schmerzhaft in ihrem Haar, und sie fluchte leise. Sie hörte, wie sich die Tür zu Marcus' Schlafzimmer knarrend öffnete und mit einem dumpfen Schlag zugeworfen wurde. Entmutigt senkte sie den Kopf.
    Arian stand auf, nahm die brennende Kerze vom Nachttisch und ging damit hinüber zum Fenster. Sie blickte hinaus in die Dunkelheit, um vielleicht irgendetwas zu entdecken, das ihr neue Hoffnung gab. Dann stellte sie den Kerzenständer neben sich ab und kletterte auf den hölzernen Fenstersims. Fröstelnd zog sie die grobe Wolldecke, die sie zuvor vom Bett genommen hatte, enger um die Schultern. Dunkle Wolken zogen vor dem Mond vorbei, und sie wünschte sich, sie könnte mit ihnen davonfliegen.
    Arian hatte sich ihr ganzes Leben danach gesehnt, die weiße Magie zu beherrschen.
    Sie hoffte, dass sie mit Hilfe der Zauberkunst die unbestimmbare, quälende Sehnsucht in ihrem Herzen zum Schweigen bringen konnte. Eine Sehnsucht, die in den Jahren ihrer Kindheit entstanden war, als sie ständig von einem Haushalt in den nächsten gezogen war. Ihre leichtlebige Mutter hatte es niemals lange bei einem ihrer reichen
    Liebhaber ausgehalten, und sie waren selten für mehr als einige Tage oder Wochen an einem Ort geblieben. Der einzige Gegenstand, der dem kleinen Mädchen Halt gegeben hatte, war sein geliebtes altes Märchenbuch. Ihre Großmutter, die Arian zu diesem Zeitpunkt nur aus Briefen kannte, hatte es ihr zu ihrem dritten Geburtstag geschickt.
    Um ihr unstetes Leben zu vergessen, hatte sie sich in ihre Träume zurückgezogen, in fantastische Königreiche, die von Hexen, Zauberern und dunkelhaarigen Prinzen regiert wurden. Diese Fantasien ließen sie wenigstens für einige Momente die vertrauten Geräusche um sich herum vergessen. Oft hatte sie im Nachbarzimmer das übertrieben fröhliche Lachen ihrer Mutter vernommen, das helle Klirren von kostbaren Weingläsern und unbekannte männliche Stimmen.
    In anderen Nächten war sie von lauten Streitgesprächen um den Schlaf gebracht worden. Zitternd vor Angst hatte sie in ihrem Bett gelegen und sich daran zu erinnern versucht, wo sie sich befand. Erst wenn sie eine Kerze anzündete und wieder einmal in den zerfledderten Seiten ihres Märchenbuches blätterte, wurde sie sich bewusst, wo sie war. Und sie wusste auch wieder, wer sie war - oder zumindest, wer sie sein wollte. Eine Prinzessin, die von einem tapferen Prinzen aus den Fängen des bösen Drachen befreit wurde, oder eine gute Hexe, die . . .
    Doch nach solch einer Nacht war ihre Mutter üblicherweise mit einem bedauernden Gesichtsausdruck in ihrem Zimmer erschienen und hatte Arian gesagt, dass sie ihre Reisetasche packen müsse. Die tragische Blässe hatte die beinahe überirdische Schönheit ihrer Mutter nur noch betont. Noch bevor sich einer dieser Tage dem Ende zuneigte, befand sich Arian meist
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