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004 - Die Ausgestoßenen

004 - Die Ausgestoßenen

Titel: 004 - Die Ausgestoßenen
Autoren: Bernd Frenz
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Gefährtin. Doch Aruula war längst losgelaufen, um nach dem reglos am Boden liegenden Jungen zu sehen.
    ***
    Im ersten Moment sah es so aus, als wäre der Blondschopf tot. Doch als Aruula näher kam, sprang er plötzlich auf und wollte davonlaufen. Erst als er bemerkte, dass sie keiner der Affenmenschen war, beruhigte er sich wieder. Erleichtert sank er zurück ins Gras und sah die Barbarin in einer Mischung aus Furcht und Hoffnung an.
    »Tuma sä feesa. Ich hoffe, es geht dir gut, Kleiner«, begrüßte sie ihn in der Sprache der Wandernden Völker.
    Die Augenbrauen des Blondschopfs zogen sich verärgert zusammen. »Ich heiße Arak und nicht Kleiner«, antwortete er in einem Dialekt, der ihrer Sprache ähnlich war. Nach einer kurzen Pause fügte er wesentlich milder hinzu:
    »Ohne eure Hilfe wäre ich sicherlich verloren gewesen.«
    Die Lippen der Barbarin verzogen sich zu einem Lächeln. »Mich nennt man Aruula«, stellte sie sich im Gegenzug vor. »Ich wollte dich bestimmt nicht verärgern, Arak. Im Gegenteil, ich möchte mit dir reden. Es ist das erste Mal, dass ich jemanden treffe, der ebenfalls lauschen kann!«
    Du kannst mit den Gedanken sprechen wie ich?
    Aruula verzog schmerzhaft das Gesicht, denn die Worte dröhnten in ihrem Kopf, als wenn der Junge sie ihr ins Ohr geschrien hätte.
    »Bitte nicht«, wehrte sie ab. »Ich bin es nicht gewohnt, auf diese Weise mit jemanden zu reden. Das ist viel zu laut für mich.«
    Arak nickte, als würde er das kennen. »Du musst nur etwas üben, dann kannst du bestimmen, wie laut du einen anderen hörst«, erklärte er in väterlichem Ton.
    In diesem Moment trat Matt hinzu, und Aruula berichtete ihm, was sie bislang erfahren hatte.
    »Frag ihn, was er hier so allein in dieser verlassenen Gegend macht«, bat Matt, und Aruula gab die Frage an Arak weiter.
    Der fuhr zusammen, als wäre ihm gerade erst wieder etwas eminent Wichtiges eingefallen.
    »Meine Familie«, hauchte er. »Sie ist immer noch auf dem Käferfriedhof! Die Scimaro wollen sie töten! Ihr müsst ihnen helfen, bitte!«
    »Scimaro?«
    »Die Affenmenschen.«
    »Warum verfolgen euch diese Bestien mit solchem Hass?« erkundigte sich Aruula.
    »Weil wir Ausgestoßene sind«, erklärte Arak traurig. »Wohin wir auch gehen, man begegnet uns überall nur mit Feindschaft. Deshalb halten wir uns von menschlichen Siedlungen fern. Doch heute Morgen wurden wir plötzlich von diesen hirnlosen Scimaro verfolgt. Meine Eltern und die anderen flohen deshalb auf einen großen Käferfriedhof. Wir konnten uns in den leeren Panzern der toten Tiere verstecken, aber die Affenmenschen suchen überall herum. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie den Unterschlupf finden. Deshalb habe ich mich davongeschlichen, um Hilfe zu holen. Doch einige dieser Bestien haben meine Flucht bemerkt und mich verfolgt.«
    Aruula übersetzte für Matt.
    »Warum wird deine Familie überall so angefeindet?« erkundigte er sich bei dem Jungen.
    Arak zuckte mit den Schultern und flüsterte:
    »Ich weiß es nicht. Wir haben nie jemandem etwas getan.«
    Aruula spürte instinktiv, dass der Junge etwas Entscheidendes vor ihnen verbarg. Einen Moment lang flackerte vor ihrem geistigen Auge ein Bildfetzen auf, in dem Arak und die Affenmenschen zu erkennen waren. Doch die Sequenz war zu kurz, um Aruula mehr als nur eine vage Ahnung des eben Gesehenen zu vermitteln.
    Vorsichtig versuchte sie in den Gedanken des Ausgestoßenen zu lauschen. Statt weiterer Visionen erhielt sie einen kurzen Schmerz, als berührte sie mit ihren Sinnen etwas Dunkles, Ekelerregendes. Gleich darauf spürte sie, wie sich Araks Bewusstsein vor ihrem Zugriff verschloss.
    Aruula wusste weder, wie er das machte, noch konnte sie das, was zwischen ihnen geschah, in Worte fassen. Sie ahnte nur, dass der unscheinbare Junge seine Kräfte viel besser beherrschte als sie.
    Nach außen hin machte Arak ein unschuldiges Gesicht, als wenn nichts geschehen wäre. »Kommt ihr mit, um meiner Familie zu helfen?« bat er seine Retter mit flehender Stimme.
    Matt kratzte sich nachdenklich am Kopf. Einerseits wollte er weiter nach seinen verschollenen Kameraden suchen, andererseits konnte er diesen Jungen und seine Leute nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.
    »Wo liegt der Käferfriedhof, von dem du erzählt hast?« erkundigte er sich über Aruula.
    Arak deutete mit dem Arm über die Grassteppe in nordwestliche Richtung.
    »Na ja, das ist fast auf unserem Weg«, meinte Matt. Die Barbarin nickte zustimmend.
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