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0030 - Hexentanz

0030 - Hexentanz

Titel: 0030 - Hexentanz
Autoren: Friedrich Tenkrat
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keine Kinder. Ann war für mich fast wie meine Tochter. Ich hatte so sehr gehofft, sie von dem Sprung abhalten zu können. Vergeblich.«
    Er wandte sich schnell um und verließ den Raum.
    Ich schaute mich um, ohne für die wertvollen Gemälde und Antiquitäten Interesse zu zeigen. Ich war mit meinen Gedanken woanders.
    Bei Ann Rogan, die sich lachend das Leben genommen hatte.
    Auf dem Sims des offenen Kamins stand ein Foto von dem Mädchen. Sie blickte mich mit warmen, freundlichen Augen an. Ihr Gesicht war ausnehmend hübsch. Ihr Anblick war erfrischend und wohltuend.
    Ich konnte verstehen, daß Murray Rogan, seine Frau Amanda und das Personal über diesen tragischen Verlust nur schwer hinwegkamen.
    Ich stellte mir das Drama in allen Einzelheiten vor.
    Plötzlich hatte ich den Eindruck, dicke Daunenkissen würden auf meinen Ohren liegen. Ich hörte die Wanduhr nicht mehr ticken, obwohl sich ihr Pendel immer noch bewegte.
    Mich machte etwas auf eine rätselhafte Weise taub.
    Oxorans Werk!
    Seit wir auf dem Friedhof gewesen waren, wußte er, daß wir ihm das Handwerk legen wollten. Vielleicht hatte er es aber auch schon vorher gewußt. Und nun schien er etwas gegen mich unternehmen zu wollen.
    Mir war auf einmal ganz komisch. Mein Blut pulsierte durch meinen erhitzten Kopf. Eine unsichtbare Hand schien mir eine blutrote Brille auf die Nase gesetzt zu haben.
    Der ganze Raum war in rote Farbe getaucht. Die Möbel, die Wände, die Decke – alles war rot wie Blut…
    Auch die Gardinen, die sich plötzlich geisterhaft bauschten, obwohl sämtliche Fenster und Türen geschlossen waren. Die roten Gardinen flatterten hoch und streckten sich mir wie mächtige Arme entgegen.
    Sie schlängelten sich durch die Luft. Ich wollte vor ihnen zurückweichen, stand aber da, als hätte ich Wurzeln geschlagen. Eine der Gardinen streifte mein Gesicht.
    Eiskalt war sie.
    Mich schauderte. Sie schien nicht mehr aus Stoff zu bestehen. Sie schien zu einem festen Körper geworden zu sein. Gleich einer Riesenschlange streckte sie sich mir entgegen.
    Im nächsten Augenblick schlang sie sich um meinen Hals. Ich spürte einen harten, schmerzhaften Druck. Die zur gefährlichen Schlange gewordene Gardine drohte mich zu ersticken.
    Ich schlug um mich. Ich versuchte, die Schlange vom Hals zu kriegen, doch sie wand sich immer mehr um mich herum. Bald konnte ich meine Arme nicht mehr bewegen.
    Und dann spürte ich einen wahnsinnigen Druck um meinen Brustkorb. Die Geisterschlange, geschaffen von meinem Feind Oxoran, war drauf und dran, mich zu zerquetschen.
    Ich war in Schweiß gebadet.
    Die Atemnot war kaum noch auszuhalten. Ich wollte Hilfe herbeirufen, doch meine Stimme versagte. Schwarze Flecken tanzten vor meinen Augen. Ich war nahe daran, zusammenzubrechen.
    Meine Knie wurden schon weich. Meine Beine wollten mich nicht mehr tragen…
    Da öffnete sich hinter mir eine Tür. Murray Rogan trat ein. Und damit war alles schlagartig vorbei. Der Spuk war zu Ende. Der Raum wirkte nicht mehr, als wäre er in Blut getaucht worden. Die Gardinen hingen wieder reglos vor den Fenstern.
    Der Druck, der mir so arg zu schaffen gemacht hatte, war von einer Sekunde zur anderen verschwunden.
    Ich drehte mich langsam um.
    Murray Rogan kam auf mich zu. Seine Augen weiteten sich, als er mich aus der Nähe betrachtete. »Um Himmels willen, Oberinspektor, ist Ihnen nicht gut? Sie sehen beunruhigend aus.«
    Oxoran, dieser Bastard, hatte mir seine Macht demonstriert.
    Ich atmete tief durch. »Ich bin gleich wieder in Ordnung, Mister Rogan«, sagte ich und ließ mich in einen Sessel fallen. Mit dem Taschentuch wischte ich die Schweißperlen von meinem Gesicht.
    Murray Rogan hielt mir ein Glas hin. Ich hatte gar nicht bemerkt, daß er sich an der Hausbar zu schaffen gemacht hatte. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen.
    »Hier, Oberinspektor. Trinken Sie das. Das wird Ihnen gut tun.«
    »Was ist es?« wollte ich wissen.
    »Fernet Branca. Verflucht bitter, aber wirksam. Sie müssen das Glas leeren, ohne abzusetzen.«
    Rogan nahm mir das leere Glas aus der Hand, stellte es auf einen kleinen Tisch und setzte sich dann zu mir.
    Während er auf die Wirkung seines Magenbitters wartete, erholte ich mich zusehends. »Hat Ihnen der Butler gesagt, weshalb ich hier bin?« fragte ich ihn, als ich mich einigermaßen gefangen hatte.
    Murray Rogan nickte ernst. »Wie ich hörte, nahmen sich außer Ann auch zwei andere Mädchen das Leben.«
    »Und dreimal fiel der Name Oxoran«,
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