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0028 - Der kosmische Lockvogel

0028 - Der kosmische Lockvogel

Titel: 0028 - Der kosmische Lockvogel
Autoren: K. H. Scheer
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telegrafische Bitte um Beurlaubung des Kadetten Julian Tifflor als „ungemein wichtiges Dokument" bezeichnet.
     
    3.
     
    Die Trauungszeremonie war für Julian Tifflor eine einzige Qual gewesen. Pastor Shielmann, ein alter Freund der Familie, hatte es zu gut gemeint. Die Ansprache war viel zu lang gewesen.
    Als die Feierlichkeiten endlich beendet waren, hatte Julian nahezu fluchtartig die Kirche verlassen, um im kleinen Vorgarten mit bebenden Händen nach seiner dort versteckten Dienstwaffe zu suchen. Er hatte es mit seinem Gewissen und seiner Erziehung nicht vereinbaren können, ein Vernichtungsgerät in das Gotteshaus mitzunehmen.
    Den Impulsstrahler hätte er mitsamt dem ebenfalls abgelegten Kombigürtel unangetastet hinter der dichten Rosenhecke gefunden. Erleichtert aufatmend, hatte er getreu nach Dienstvorschrift umgeschnallt, prüfend an die Brusttasche mit der darin verborgenen Metallkapsel gegriffen und anschließend dafür gesorgt, daß er zur Gratulationscour noch rechtzeitig erschienen war.
    James Frederik Tifflor, eine stattliche Erscheinung in den Fünfzigern, hatte seinen Sohn mit einem vernichtenden Blick bedacht. Tiffs eben zur Ehefrau gewordene Schwester hatte einen spitzen Entsetzensschrei ausgestoßen, und die Augen einiger älterer Damen waren schlagartig verglast.
    Es ließ sich eben nicht leugnen, daß ein arkonidischer Impulsstrahler nicht nur verheerend wirkte, sondern auch höchst gemeingefährlich aussah; dies besonders, da besagte Waffe in einer offenen Gürtelhalfter getragen werden mußte.
    „Muß das sein, Sohn?" hatte Tifflor senior eisig gefragt. Dabei hatte Julian erstmals erfahren, wie schwer es war, zwischen den Gesetzen des Anstandes und denen eines ganz klaren Befehls zu unterscheiden.
    „Es muß sein, Dad", hatte er kehlig geantwortet und dabei Haltung angenommen.
    Während der recht prunkvollen Heimfahrt hatte sich die Situation noch verschlechtert, da Tiff gezwungen war, im Wagen einer älteren Tante mitzufahren.
    Über die Dritte Macht und den berühmtberüchtigten Perry Rhodan waren bei dieser Gelegenheit einige recht harte Worte gefallen.
    Das große Landhaus der Tifflors lag östlich der City auf Long Island. Ein Mann wie James F. Tifflor konnte sich solchen Luxus erlauben.
    Vier Stunden nach der Trauung, kurz vor Anbruch der Dunkelheit, hockte Tiff noch immer auf seinem Zimmer. Niemand hatte ihn dazu bewegen können, die gefährliche Waffe abzulegen.
    „Es wäre mir lieber gewesen, wenn du eines Tages in meinem Büro gearbeitet hättest", hatte Tifflor senior knapp gesagt. „Ich halte nicht viel von dem sogenannten Griff nach den Sternen. Darf man erfahren, was dieses Theater bedeuten soll?"
    Auch das hatte Julian nicht zu erklären vermocht. Kurz nach Sonnenuntergang fühlte er sich von der Familie ausgestoßen. Das rege Interesse junger Mädchen und blödsinnig fragender Altersgenossen hatte er mit einigen schroffen Worten abgetan. Tiff gehörte nicht zu den SpA-Kadetten, die sich im Vollgefühl ihres Wissens herumreichen ließen. So war es auch zu einem gesellschaftlichen Bruch gekommen.
    Julian trat erbittert auf den winzigen Balkon seines Zimmers hinaus. Am klaren Nachthimmel erschienen die ersten Sterne. Sie schienen zu rufen und zu locken; geheimnisvoll und voll von atemberaubender Macht. So verweilte er bis gegen 23 Uhr. Dann kam der Augenblick, auf den er mit steigender Ungeduld gewartet hatte; nur kam er nicht so, wie es anzunehmen gewesen wäre.
    Der geistige Überfall erfolgte schlagartig. Eine unsichtbare Gewalt griff nach seinem Bewußtsein. Tiff taumelte aufstöhnend zurück. Er kannte den Effekt. Sehr plötzlich war er wieder zum SpA-Kadetten mit einer hervorragenden Sonderschulung geworden.
    Er versuchte zu blocken, die fremden Gedankenimpulse abzuwehren und etwas dagegen zu tun. Es dauerte eine Weile, bis er in dem Angriff eine Durchsage erkannte.
    „John Marshall, M-Korps, spricht", klang es klar in seinem Bewußtsein auf. „Wir kennen uns. Sie ließen im Arbeitszimmer des Chefs Ihren Funkhelm zu Boden fallen. Geben Sie Ihren Block auf. Ich habe mich identifiziert."
    Tiff vergaß, wo er sich befand. Sehr plötzlich war alles anders geworden. Die von familiären Eindrücken überschattete Umgebung wurde wesenlos. Eben begann der rätselhafte Einsatz. Er lauschte angestrengt.
    „Sehr gut, ich habe es jetzt leichter", kam die nächste Mitteilung durch. „Ihr Stichwort lautet Himmelstor. Nehmen Sie sich sofort ein Lufttaxi und lassen Sie sich vor
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