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0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe
Autoren: Susanne Wiemer
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mehr Erfolg hat als ich damals.«
    Zamorra zögerte. Seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt.
    »Das Huichol-Gebiet«, wiederholte er langsam. »Wo liegt das?«
    »In der Sierra Madre Occidental. Genauer dort, wo sich die Staaten Jalisco, Zacatecas und Nayarit treffen.« Der Mexikaner zögerte. »Haben Sie vor, dorthin zu fahren, Señor Zamorra?«
    Der Professor preßte die Lippen zusammen.
    Bis vor wenigen Sekunden war er seiner Sache noch nicht sicher gewesen. Jetzt spürte er erneut die tiefe innere Unruhe – und er spürte, daß er sich beeilen mußte, wenn er seinem Freund helfen wollte.
    »Allerdings«, sagte er ruhig. »Ich kann Ihnen im Moment die Gründe nicht erklären, aber ich muß Mr. Fleming unbedingt finden. Können Sie mir den Namen des Dorfes nennen, in dem er sich Ihrer Meinung nach aufhält?«
    »Selbstverständlich. Es heißt Coalcomán de Jalisco. Ich kann Sie auch gern dorthin begleiten, wenn Sie nach Mexico kommen. Aber falls sich Señor Fleming bereits mit den Huichol auf der Pilgerfahrt befindet, wird es sehr schwer sein, ihn aufzuspüren. Der Weg führt durch eine Bergwelt, die sonst nie eines Menschen Fuß betritt. Selbst wenn Sie jemanden fänden, der Sie führt – es bleibt ein Unternehmen von höchst ungewissem Ausgang.«
    »Mir wäre bereits viel damit geholfen, das Dorf zu finden, Señor Uvalde. Aber ich fürchte, ich würde Ihre Hilfsbereitschaft überstrapazieren, wenn ich…«
    »Durchaus nicht.« Uvaldes Stimme klang überzeugend. »Ich fühle mich in gewisser Weise für Señor Fleming verantwortlich, daß er ohne mich wohl kaum in Gefahr geraten wäre – falls er in Gefahr ist. Die Huichol sind zwar scheu und zurückhaltend, aber sehr friedfertig. Doch das werden Sie alles selbst sehen. Ich erwarte Sie und stehe zu Ihrer Verfügung, Señor Zamorra.«
    Der Professor atmete tief durch.
    »Herzlichen Dank, Señor Uvalde. Ich hoffe, daß sich eine Gelegenheit findet, mich für Ihre Freundlichkeit zu revanchieren.«
    »Aber nicht doch! Sie kennen sicher das alte Sprichwort: Die Freunde meiner Freunde sind auch meine Freunde…«
    Sie verabschiedeten sich.
    Señor Uvalde, der unbekannte, aber hilfreiche Mexikaner, legte auf, und Zamorra ließ ebenfalls den Hörer auf die Gabel sinken.
    Er lächelte leicht, als er das entgeisterte Gesicht seiner Sekretärin sah.
    »Fassen Sie sich, Nicole«, meinte er mit sanfter Ironie. »Wir fliegen nach Mexico.« Und mit einem bedauernden Achselzucken: »Aber diesmal leider nicht nach Acapulco…«
    ***
    Flucht!
    Raus aus dieser verdammten Höhle, zurück ins Freie – das war der einzige Gedanke, der in Bill Flemings Gehirn Platz hatte. Er stand starr da. Minuten hatte er gebraucht, um mit der Erkenntnis fertigzuwerden, daß Jacahiro, der Indio, nicht mehr lebte und daß er offensichtlich mit voller Absicht in den Tod gegangen war. Danach drohte helle Panik den Amerikaner zu überwältigen. Er mußte sich zwingen, an seinem Platz zu bleiben und nicht einfach blindlings davonzurennen.
    Nach der ersten stürmischen Reaktion seiner Nerven riß er sich zusammen.
    Sorgfältig leuchtete er mit der Fackel in die dunklen Ecken und Winkel zwischen den Stalagmiten. Er suchte nach den gespenstischen gefiederten Schlangen, damit sie ihm nicht in den Rücken fallen konnten – aber von den Tieren war nicht einmal mehr eine Spur zu entdecken.
    Existierten sie vielleicht gar nicht?
    Hatte er sie sich nur eingebildet oder…
    Nein, dachte er.
    Noch war er klar bei Verstand. Er wußte, was er gesehen hatte.
    Und Jacahiro war tot, war an den Bissen der rätselhaften Vipern gestorben, daran gab es überhaupt keinen Zweifel.
    Bill wandte sich um.
    Zunächst einmal ging er den Weg zurück, den er mit dem alten Indio gekommen war. Er beeilte sich, schritt rasch aus – aber hinter der Biegung des Gangs blieb er stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.
    Eine unsichtbare Mauer?
    Der Wall aus Steintrümmern, der sich vor seinen Augen erhob und den ganzen Gang einnahm, war höchst real und sichtbar. Nur zu deutlich erinnerte sich Bill an das Poltern und Krachen des Einsturzes. Im Grunde war er darauf gefaßt gewesen, den Gang versperrt zu finden – aber der Anblick der mächtigen Felsblöcke und die offensichtliche Unmöglichkeit, sie beiseitezuräumen, trafen ihn dennoch wie ein Schock.
    Für ein paar Sekunden drohte ihn Panik zu überwältigen, dann hatte er seine Nerven wieder unter Kontrolle.
    Die meisten Höhlen besaßen mehr als nur
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