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0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe
Autoren: Susanne Wiemer
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Blatt im Herbst sank er zu Boden.
    Bill Fleming hätte gar nicht erst in die dunklen gebrochenen Augen sehen zu brauchen, um zu wissen, daß der alte Indio tot war…
    ***
    »In Mexico ist jetzt Nacht«, sagte Nicole Duval mit hochgezogenen Brauen.
    Zamorra hielt bereits den Telefonhörer in der Hand.
    »Bill ist meines Wissens nach im Maria-Isabell-Sheraton abgestiegen«, sagte er trocken. »Und ein Hotel dieser Kategorie dürfte selbst in Mexico City über einen Nachtportier verfügen.«
    Nicole wollte noch etwas sagen, verzichtete aber darauf, weil im gleichen Moment die Verbindung mit dem Fernamt zustandekam.
    Der Professor meldete das Gespräch nach Mexico City an, erfuhr, daß er mit einer halben Stunde Wartezeit rechnen müsse, und legte den Hörer auf.
    »Ich will erfahren, ob Bill auf seinem Zimmer ist oder nicht«, erläuterte er. »Nichts weiter…«
    »Und wenn er sich ins Nachtleben gestürzt hat?«
    »Wird der Portier das zweifellos wissen. Außerdem glaube ich nicht, daß Bill sich überhaupt noch in Mexico City aufhält.« Er zögerte und preßte die Lippen zusammen. »Irgend etwas ist da passiert«, sagte er wie zu sich selbst.
    Nicole schwieg und griff nach einer Zigarette. Zamorra reichte ihr Feuer. Sie warteten – und sie fuhren beide leicht zusammen, als bereits nach einer Viertelstunde das Telefon wieder anschlug.
    Das Gespräch aus Mexico…
    Es knackte in der Leitung. »Maria-Isabell-Sheraton«, meldete sich eine überraschend klar verständliche Stimme.
    Zamorra sprach Spanisch. »Verbinden Sie mich mit Mr. Bill Fleming, bitte!«
    Eine kurze Pause entstand.
    Dann: »Tut mir leid, Señor. Mr. Fleming ist bereits vor vierzehn Tagen abgereist, wie ich sehe.«
    Zamorra biß sich auf die Lippen. Vor vierzehn Tagen? Dann hatte Bill sein Programm umgeworfen, und für Zamorra war das wie eine Bestätigung seiner Unruhe.
    »Sie wissen nicht zufällig, wohin Mr. Fleming reisen wollte?« fragte er mit belegter Stimme.
    »Leider nein, Señor«, sagte der Mexicaner am anderen Ende der Leitung höflich. »Aber wenn es sich um eine dringende Angelegenheit handelt, kann Ihnen vielleicht Señor Uvalde weiterhelfen. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – die beiden Señores waren während ihres Aufenthalts recht häufig zusammen.«
    Zamorra atmete tief durch. »Es handelt sich tatsächlich um eine äußerst wichtige Angelegenheit. Señor Uvalde wohnt noch bei Ihnen?«
    »Allerdings, Señor. Möchten Sie, daß ich ihn wecke und Sie mit ihm verbinde?«
    »Sie würden mir einen großen Gefallen tun…«
    »Selbstverständlich gern. Ich hoffe, Señor Uvalde wird mir die Stö- rung nicht ankreiden, aber ich nehme an, daß Sie ihm die besonderen Umstände schildern werden! Einen Augenblick bitte, Señor…«
    Es knackte in der Leitung.
    Der Augenblick dehnte sich zur vollen Minute, dann kam eine dunkle, verschlafene Stimme: »Uvalde.«
    »Zamorra. Ich muß mich für die nächtliche Störung entschuldigen, Señor Uvalde. Aber ich bin ein Freund von Mr. Fleming, und ich habe Anlaß, mir Sorgen um ihn zu machen. Der Portier meinte, Sie könnten mir vielleicht sagen, wo sich Mr. Fleming zur Zeit befindet.«
    Der Mann am anderen Ende der Leitung räusperte sich. Er besaß die selbstverständliche Hilfsbereitschaft der Mexikaner, und er schien sich überhaupt nicht über die nächtliche Störung zu ärgern.
    »Genaues kann ich Ihnen leider auch nicht sagen«, meinte er. »Nur soviel, daß Mr. Fleming eine Expedition ins Huichol-Gebiet plante. Ich weiß es zufällig, weil wir Fachkollegen sind und ich ihn mit dem alten Indio zusammenbrachte, der auch mich schon einmal in ein Dorf der Huichol führte und Kontakt zu den Bewohnern herstellte. Mr. Fleming wollte versuchen, persönlich an einer der geheimnisvollen Pilgerfahrten ins heilige Tal des Peyote teilzunehmen. Viel Hoffnung konnte ich ihm nicht machen. Normalerweise erfährt man allenfalls aus Erzählungen etwas über die Riten, aber…«
    »Ja?«
    »Ich persönlich bin indianischer Abstammung, Señor Zamorra. Für mich endete die Expedition damit, daß ich im Dorf den Aufbruch der fünfzehn Pilger miterlebte und ihre Rückkehr dreißig Tage später. Aber sie kennen vielleicht die alten aztekischen Legenden von den weißen Göttern. Es gibt unzählige Überlieferungen und Prophezeiungen, die sich daran knüpfen. Und unter diesen Umständen ist es zwar wenig wahrscheinlich, aber immerhin nicht ausgeschlossen, daß Señor Fleming als Weißer bei seiner Expedition
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