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0027 - Die Grotte der Gerippe

0027 - Die Grotte der Gerippe

Titel: 0027 - Die Grotte der Gerippe
Autoren: Susanne Wiemer
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Schritte des Goldenen Pumas dröhnten, und als Nicole die Augen wieder öffnete, sah sie, daß der Dämon vor der teuflischen Statue auf die Knie gesunken war.
    Er breitete die Arme aus – diese schrecklichen Arme, die in Pranken mit messerscharfen Krallen endeten. Sein Raubtierkopf hob sich, und dumpf drangen die Worte aus dem aufgerissenen Rachen.
    »Tukákame!« rief er. »Höre deine Diener, Tukákame! Nimm die Opfer an, die wir dir darbringen! Nimm sie an! Kehre zurück auf diese Welt, Tukákame, und tritt die Herrschaft an über dein künftiges Reich! Kehre zurück zu uns, Tukákame! Kehre zurück… Kehre zurück …«
    ***
    Wie so oft hatte sich Zamorra die Kette des Amuletts um das Handgelenk geschlungen.
    Eine unerklärliche Unruhe trieb ihn zur Eile – er wußte instinktiv, daß jetzt jede Minute zählte. Geduckt suchte er sich seinen Weg durch das mondbeschienene Tal und schlich auf den Felsen zu, hinter dem seiner Erinnerung nach eines der Skelette Wache hielt.
    Von den Huichol-Pilgern war keine Spur zu sehen. Nicht einmal ihre sterblichen Überreste hatte der Professor gefunden – denn die toten Körper waren längst eingereiht in die Geisterarmee der Azteken. Zamorra konnte es nicht wissen, obwohl er es dunkel ahnte, daß die Männer von Coalcomán de Jalisco ihr Schicksal ereilt hatte.
    Mit einem letzten Schritt erreichte er den hochragenden Felsblock.
    Schwarz hob er sich gegen die grünliche Aura der lebenden Leiche ab. Zamorra packte das Amulett fester, glitt weiter – und im nächsten Atemzug sah er das am Boden kauernde Gerippe.
    Der Knochenmann bemerkte ihn fast gleichzeitig.
    Mit einem fauchenden Laut sprang er auf. Das grüne Phosphoreszieren verstärkte sich, die Gestalt schien förmlich aufzuglühen. Das Skelett kannte keine Überraschung, keine Schrecksekunde. Kein anderes Gefühl als der Trieb zum Töten beherrschte es – und dieser Trieb ließ es reagieren wie eine Mordmaschine.
    Der Kiefer klaffte auseinander.
    Höllisches Gelächter brach daraus hervor – und gleichzeitig schnellte der Knöcherne nach vorn, um sich auf sein Opfer zu stürzen.
    Zamorra wußte bereits, wie man diese Schreckensgestalten vernichten konnte.
    Eiskalt paßte er den richtigen Moment ab. Seine Faust mit dem Amulett zuckte vor. Krachend traf sie den Kiefer des Gegners – und dem aufheulenden Gerippe wurde der Kopf von der Schulter gerissen.
    Er prallte gegen die Felsen, zersprang.
    Und genau wie seine Artgenossen bei dem Kampf in dem Huichol-Dorf begann sich das Gerippe in der gleichen Sekunde aufzulösen, brach zusammen, wurde zu einem Haufen bleicher, splitternder Knochen und war zwei Herzschläge später zu Staub zerfallen.
    Zamorra atmete tief, sah sich um – und entdeckte gerade noch das zweite Skelett, das sich drohend über ihm in den Felsen aufgerichtet hatte.
    Mit ausgebreiteten Armen ließ der Knochenmann sich fallen.
    Gelächter gellte. Zamorra begriff, daß er nicht mehr ausweichen konnte, und riß mit einem Ruck beide Hände nach oben über seinen Kopf.
    Er schwankte unter dem Anprall des Körpers. Wie unter einer Explosion flogen die Rippen des Skeletts nach allen Seiten, das Gelächter schlug um in schrilles Heulen. Zwischen Becken und Brustkorb zerbrach das Rückgrat des Toten, und die beiden Körperhälften klirrten rechts und links von Zamorra auf den steinigen Boden.
    Aber noch saß der Totenkopf an seinem Platz.
    Keuchend kreiselte Zamorra herum – und sah voller Entsetzen, wie sich der Körperrest mit den baumelnden Armen und den zersplitterten Rippen vom Boden erhob und zu einem neuen Angriff durch die Luft tanzte.
    Der Professor duckte sich.
    Breitbeinig und sprungbereit blieb er stehen, spannte die Muskeln – und im entscheidenden Augenblick explodierte er förmlich.
    Die Knochenarme des Unheimlichen hatten nach seiner Kehle greifen wollen. Zamorras Faust fuhr dazwischen. Er legte alle Kraft in den wuchtigen Schwinger, schlug blitzschnell und präzise, und diesmal gelang es ihm, dem Knochenmann den Kopf von den Schultern zu fegen.
    Der Schädel zersprang.
    Er verschwand spurlos, zerfiel zu Staub. Der Professor war gefaßt auf diesen Anblick, und auch die Geschwindigkeit, mit dem der restliche Körper dem Kopf folgte, bot für ihn keine Überraschung mehr.
    Er sah sich um.
    Die vier anderen Skelette hatten ihn bemerkt und sich höher in die Felsen zurückgezogen. Deutlich hoben sich ihre phosphoreszierenden Gestalten von der schwarzen Wand ab. Zamorras Blick wanderte, er suchte
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