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0023 . Geheimschaltung X

0023 . Geheimschaltung X

Titel: 0023 . Geheimschaltung X
Autoren: W. W. SHOLS
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vor einer Stunde die Schlange mit dem Impulsstrahler zerteilt hatte, waren die Enden verkohlt und schwarz gewesen. Schon kurz darauf mußte sich die verkrustete Schicht abgekapselt haben, genau wie der zweiten Hälfte des Wurmes eine Kopfspitze nachgewachsen war.
    Man kannte seit Jahren diese unwahrscheinlichen Eigenarten der Venusfauna, und Marshall wußte daher, daß er die Gefahr noch nicht überstanden hatte. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben, wenn aus der einen Schlange zwei geworden waren. Und die zweite tauchte im selben Augenblick auf, als er wieder nach vorn sicherte. Was hatte die erste veranlaßt, ihn plötzlich zu ignorieren? Ausgerechnet nach einer Stunde intensiver und zielbewußter Verfolgung?
    Marshall fand nur eine Erklärung. Die Bewegungen des Fliehenden hatten die Bestie gereizt und immer wieder von neuem auf ihn aufmerksam gemacht. Als er sich hinter der Wurzel in Deckung warf und regungslos verharrte, war das Ziel für das primitive Gehirn des Wesens nicht mehr erkennbar gewesen. Die Taktik des Sich-Tot-Stellens hatte wohl auf jeder Welt ihre Gültigkeit, wo der Kampf ums Dasein nach ewigen Gesetzen ablief.
    Doch mit der neuen Hoffnung hatte John Marshall sich geirrt. Der zweite Wurm war kaum klüger als der erste. Nur wollte es der Zufall, daß er genau auf die Baumwurzel zukroch, hinter der Marshall lag.
    Diesmal mußte Marshall sich wehren. Noch im letzten Moment erkannte er, daß er mit dem Zuschauen allein nicht davonkam. Und die heftige Bewegung, mit der er den Impulsstrahler hochriß, genügte, um das Wesen aufmerksam zu machen. Der weiße spitze Kopf schoß heran. Fünf oder sechs Meter des Vorderteils bildeten eine genaue Gerade.
    Die Rechnung ging auf!
    In der Längsrichtung des Schlangenkörpers gab es keine Teilung und Abkapselung. Jeder querliegende Körperring konnte durch Morphallaxis einen ganz neuen Organismus bilden. Sobald ihn die tödliche Energie traf, starb er ab.
    Der Erfolg machte den Menschen mutig. Mit letzter Kraftanstrengung schnellte er aus seinem Versteck hervor und griff an. Wie im Blutrausch stürmte er an dem mehr als vierzig Meter langen Wesen vorbei und zog im Dauerfeuer eine ununterbrochene feurige Spur über den farblos weißen Rücken.
    Dicht neben der Schleimspur, die sich noch kilometerweit fortsetzte, brach Marshall kraftlos zusammen. Er hatte gesiegt. Der Rest war absolute Hilflosigkeit. Auch der penetrante ekelhafte Geruch konnte nicht verhindern, daß er auf der Stelle einschlief. Die Sonne stand hoch immer tief im Osten hinter einem milchigen Dunstschleier, als Marshall erwachte. Sein erster Blick galt dem Chronometer. Er hatte immerhin sechs Stunden nach irdischer Zeit geschlafen. Und er lebte!
    Die Nerven hatten sich etwas beruhigt. Und auch die Glieder gehorchten wieder seinem Willen. Die sechs Stunden waren wie der unschuldige Schlaf eines Kindes gewesen. Und Kinder haben ihren Schutzengel. Für die Zukunft aber durfte Marshall sich nicht darauf verlassen.
    Er sah zur Sonne hin nach Osten. Für die nähere Orientierung half ihm der Kreiselkompaß im Allzweckarmband. Die Flucht vor dem Wurm hatte ihn einen Umweg machen lassen und ein paar Kilometer abgedrängt. Nun, diese Abweichung von der Marschroute war sein geringster Kummer. So kam er eben ein Stück weiter nördlich an die Küste. Wichtig war nur, daß er die Küste überhaupt erreichte. Sie konnte höchstens noch dreißig Kilometer entfernt sein. Gemessen an seinen verlorenen Kräften war das noch sehr weit. Es konnte bedeuten, daß er noch drei bis vier Terratage zu marschieren hatte. Oder eine ganze Woche. Oder noch länger.
    Er vermied es, sich die Zukunft genau ausrechnen zu wollen. Der Marsch durch die Wildnis hatte ihm viel von seinem Optimismus genommen. Durst und Hunger waren noch am regelmäßigsten geblieben. Er nahm einen Schluck Süßwasser aus seiner Vorratsflasche, das er mit Resten von Teekonzentrat veredelt hatte. Sein Frühstück bestand aus einem halben Pfund kalten Fleisches. Wenn es verzehrt war, würde er erneut auf Jagd gehen müssen. Auch das hatte Zeit! Bis zum nächsten Hunger.
    Er leckte noch den letzten Rest Fett von den Fingern und wandte sich dann nach Osten. Irgendwo in dieser Richtung mußte das Meer liegen. Und irgendwo hinter ihm im Westen mußten die Patrouillen des Generals Tomisenkow nach ihm suchen. Sich vor ihm zu schützen, war offenbar noch weit wichtiger, als die Abwehr venusianischer Ungeheuer.
    Das Unterholz stand in dieser Gegend nur spärlich.
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