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0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

Titel: 0023 - Bei Vollmond kommt das Monster
Autoren: Holger Friedrichs
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mit den Pranken zu schützen. Aber die zuckende Feuerzunge erreichte es überall. Das Monster litt richtige Schmerzen, denn die Glut der Flamme setzte ihm bedeutend mehr zu als die Kugeln aus dem Revolver Zamorras.
    »Büßen sollst du«, röhrte das Gespenst in ihm, »das nächste Mal befolgst du meinen Befehl, oder ich werfe dich in den Schlund der Hölle und lasse dich für die Ewigkeit tausend Qualen leiden!«
    »Nein, nein«, jammerte das Monster, diesmal mit seiner eigenen Stimme.
    »Du wirst nie wieder etwas gegen meinen Willen tun?«
    »Nein.«
    »Dann ist es gut.« Die Flamme erlosch, und die Kleidung des Monsters hörte auf zu brennen. Schwefelgestank breitete sich aus.
    Das Monster öffnete das feuchte Maul und kicherte mit der Stimme, die Verdammnis und Höllenmächte in seinen Leib gepflanzt hatten.
    »Brav, mein lieber Mauro, brav. Geh jetzt und hole mir Angelo Silla. Er ist der Erste von den sechs, die sterben müssen, weil sie mir den Garaus gemacht haben.« Die Stimme wurde leidenschaftlich, hasserfüllt. »Sie haben mich umgebracht, Söhnchen, hörst du – sie haben mich brutal aus dem Weg geräumt, weil sie mich für eine Hexe hielten.« Ein knappes Lachen tönte durch den Kellerraum, dann fuhr das hässliche Organ fort: »Ein Jahr lang habe ich gewartet, aber jetzt ist es so weit. Ich habe es geschafft, mir den Menschen zu holen, ohne den ich meine Rache nicht verüben kann. Du bist mein Knecht, Mauro, und wir beide stehen in Diensten Satans.«
    Das Monster zitterte plötzlich.
    »Keine Angst, keine Angst«, kicherte es in ihm, »ich führe dich. Dir wird nichts geschehen, mein Guter. Geh jetzt endlich!«
    Das Monster stand auf. Gebückt hüpfte es durch den Raum, erreichte die Wand und tastete sich daran entlang. Auf diese Weise musste es auch zwangsläufig auf die Tür stoßen. Sie bestand aus Metall: eine dicke Tür, die den Heizungsraum abschloss. Das Monster trottete an dem großen Ölbrenner vorüber und wandte sich dem einzigen, flachen Fenster zu. Ächzend zwängte es den Leib durch den Rahmen. Im Grunde wäre es unmöglich gewesen, ein normales Wesen seiner Beschaffenheit durchzulassen. Aber das Monster war kein normales Wesen; es entwickelte die Fähigkeiten einer Katze und schaffte es tatsächlich, das Gebäude endgültig zu verlassen.
    Lauernd blickte es sich um. Es stand an der Seitenmauer des Hauses, und ringsum war kein Mensch zu erblicken. Deshalb setzte es sich sofort in Bewegung. Die Büsche waren nicht weit entfernt. Das Monster tauchte in dem dichten Bestand von Oleander und Ginster unter.
    ***
    »So ein Mist!«, machte Dottore Sanchini seinen Gefühlen Luft. »Ausgerechnet jetzt muss die interne Telefonanlage überholt werden. Hoffentlich schaffen wir es, auf allen Stationen Bescheid zu sagen, bevor das Monster weiteren Schaden anrichtet und hier alles in Angst und Schrecken versetzt. Kannst du nicht schneller fahren, Angelo?«
    Dottore Silla trat das Gaspedal seines hellgrünen Mirafiori tiefer.
    Der Chefarzt der Anstalt und er waren allein in dem Wagen. Sanchini hockte auf dem Beifahrersitz.
    »Modena soll die Polizei verständigen«, brummte der blonde Arzt mit der Brille nachdenklich. »Ja, kriegt er die Verbindung denn überhaupt zustande, wenn das Telefon…«
    »Die Amtsleitung funktioniert doch«, gab Sanchini etwas zu laut zurück. »Die Hauptsache ist, dass das Unfallkommando rechtzeitig anrückt und dem Monster sämtliche Fluchtwege abschneidet.«
    »Die erklären uns für verrückt, Aldo.«
    »Du hast das Monster doch auch deutlich gesehen, oder?«
    »Ich schon. Es hat mich sogar feindselig angeglotzt. Das heißt aber noch lange nicht, dass die nüchtern denkenden Leute aus der Polizeizentrale die Angelegenheit so ernst nehmen wie wir.«
    »Wieso kommst du eigentlich immer wieder darauf zurück, dass es dich angeschaut hat?«, wollte Sanchini wissen. Aufgeregt kratzte er sich an seinem grauen Bart. »Angelo, ich werde die Vermutung nicht los, dass du aus einem bestimmten Grund fürchterliche Angst hast…«
    »Ach, Unsinn!«, protestierte Silla lautstark. »Warum sollte ich denn?«
    »Das Monster ist Mauro, und Mauro ist der Sohn von Rosa Terinca, der Alten aus dem Dorf…«
    »Aldo, ich glaube nicht an Übersinnliches, verdammt noch mal! Hör auf, mich nervös zu machen!« Silla hatte ärgerlich die Augenbrauen zusammengezogen und starrte nun stur auf das Licht der Scheinwerfer, das die schmale Asphaltstraße ausleuchtete. Die Fahrbahn führte in einigen
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