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0016 - Ich gewann die letzte Runde

0016 - Ich gewann die letzte Runde

Titel: 0016 - Ich gewann die letzte Runde
Autoren: Delfried Kaufmann
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war.
    »Hallo«, rief ich Lex Traiter an. »Warum stinkt es bei euch so? Ist das euer Charakter?«
    Er grinste und zeigte seine gesunden Zähne. Auf den ersten Blick war er ein durchaus sympathischer Junge.
    »Ich rieche es schon gar nicht mehr.«
    »Keiner spürt den eigenen Gestank.« Aus dem Nebenraum ertönte ein heiseres, wildes Kreischen. Mir fiel die Äußerung jenes Wächters im Außenamt ein, der von einem Gekreisch gesprochen hatte, das sich wie ein Schreien einer Wahnsinnigen angehört hatte.
    »Wer schreit so?« fragte ich.
    Lex grinste nur, antwortete aber nicht. Aus dem Heizungsraum kam Bobbeck, der Zwerg. Er warf aus seinen hervorquellenden Augen einen flüchtigen Blick auf mich, watschelte zu Traiter hin und fistelte: »Soll der G-man hierbleiben?«
    »Face hat's befohlen.«
    »Ich hab' nicht gern wen in unserer Nähe«, maulte der Kleine. »Face weiß das.«
    »Sag es ihm selbst.«
    »Werde ich auch«, entgegnete er und watschelte wieder hinaus.
    Ich lag den ganzen Tag in der Ecke. Meine Glieder wurden steif.
    Durch den Eingang konnte ich ein Stück der Mauer und darüber einen Fetzen vom Himmel sehen. Lex Traiter wurde von Bolo abgelöst, Bolo wieder von Brandow. Ich sah, wie es draußen langsam dunkel wurde.
    Ich habe gute Nerven, und ich brachte es fertig, zwischendurch einzuschlafen. Im Anfang lauschte ich auf die Geräusche. Am Spätnachmittag fuhr ein Wagen weg, aber sonst geschah nicht viel. Manchmal wisperte der Zwerg im Raum nebenan, und hin und wieder hörte ich seltsames Schmatzen und Schnalzen, aber den schrillen Schrei hörte ich nie wieder.
    Die Ziffern meiner Armbanduhr zeigten zehn Uhr, als Brandow, der inzwischen von Stenless, dem Entfesselungskünstler, in meiner Bewachung abgelöst war, erschien, mich auf die Beine stellte und meine Fußfesseln löste.
    Sie führten mich aus dem Keller über den Hof in jenes Zimmer, in das ich unmittelbar nach meiner Gefangennahme gebracht worden war.
    Face und Fire, der Kunstschütze, saßen dort am Tisch und aßen.
    »Ich soll Ihnen schöne Grüße von Mr. High bestellen«, sagte Face. »Und Mr. Fathgown wünscht Ihnen eine gute Reise.«
    »Sie scheinen Erfolg gehabt zu haben«, antwortete ich, »herzlichen Glückwunsch.«
    »Ja, es hat geklappt, Fathgown hatte so wenig Zeit, daß ich mich, oder richtiger gesagt Sie, telefonisch bei ihm abmelden konnte, und Ihrem Mr. High habe ich telefonisch beigebracht, daß Sie in Washington vorläufig unentbehrlich sind. Anschließend habe ich Ihr Zimmer bezahlt und Ihr Gepäck abgeholt. Der Portier hat mich ununterbrochen mit Mr. Cotton angeredet.«
    »Bei dem ist es kein Wunder«, sagte ich. »Der Bursche steckt doch mit Ihnen unter einer Decke, sonst hätte er mir nicht erzählt, daß Professor Hendriksen seit Jahren in sein Hotel kommt.«
    Face lachte. »Irrtum, Cotton. Sie glauben nicht, was ein Hotelportier für eine Zehndollarnote alles zusammenlügt. Und die ganze Sache mit der Zimmertauscherei habe ich nur veranstaltet, um einen Grund zu haben, mich Ihnen als Professor Hendriksen zu nähern.«
    Er wandte sich an Brandow.
    »Tob, nimm ihm die Fessel ab. Ich denke, Sie werden Hunger haben, Cotton. Setzten Sie sich und greifen Sie zu.«
    Nein, ich trat nicht in den Hungerstreik. Ich setzte mich wirklich mit dem Gangsterchef, dem finsteren Kunstschützen und dem riesigen Brandow an einen Tisch, und ich aß mit ihnen Bratkartoffeln und Eier. Ich trank Whisky mit ihnen und rauchte Zigaretten. Es war eine geradezu gemütliche Runde. Es fehlte nur noch, daß einer von uns eine Pokerpartie vorgeschlagen hätte.
    »Was haben Sie eigentlich mit mir vor, Face?« fragte ich bei der zweiten Zigarette.
    »Ich weiß es noch nicht genau«, antwortete er und sog auf seine charakteristische Art an seinem Glimmstengel. »Bestenfalls lasse ich Sie laufen, sobald wir mit genügend Money über die Grenze sind.« Er lächelte kalt. »Vielleicht aber auch erlaube ich Tob, seinen privaten Rachegelüsten freien Lauf zu lassen. Es hängt davon ab, wie Sie sich benehmen.«
    »Okay, und warum versuchen Sie nicht, die Grenze zu erreichen?«
    »Weil wir noch nicht genügend Dollars gemacht haben. Sie wissen, wir haben uns auf die Beschaffung von Dokumenten spezialisiert. Nur in drei Fällen hatten wir Erfolg, aber nur die Unterlagen über die Ölkonzessionen brachten etwas ein. Glauben Sie mir, Cotton, es gibt keine größeren Gangster als die Chefs ausländischer Nachrichtendienste. Erst versprechen sie goldene Berge, und wenn man
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